White Paper: Verbesserung des Record Linkage für die Gesundheitsforschung in Deutschland
Freut sich, mit dem White Paper die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu verbessern: Prof. Dr. Wolfgang Ahrens (Leiter der Abteilung Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS). © BIPS
In Deutschland ist es aktuell schwer, Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen zu verknüpfen. Das behindert die Gesundheitsversorgung deutlich – auch gerade im Vergleich zu europäischen Nachbarländern. Ein neues White Paper benennt Schwachstellen und zeigt Lösungswege auf.
„Die individuelle Verknüpfung von unterschiedlichen Gesundheitsdaten mit dem Ziel, einen gemeinsamen Datensatz zu erstellen, wird als Record Linkage bezeichnet. Forschungsinstitute, Krebsregister, Krankenhäuser oder Krankenversicherungen können Gesundheitsdaten zu ein und derselben Person erfassen, aber wenn diese verschiedenen Datensätze einer Person nicht miteinander verknüpft werden können, müssen wichtige Forschungsfragen unbeantwortet bleiben“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Ahrens, Leiter der Abteilung Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS. Er ergänzt: „Erst durch die Verknüpfung von unterschiedlichen Datenquellen lassen sich wissenschaftliche Fragestellungen beantworten, die wegen des beschränkten Variablenumfangs mit einer Datenquelle alleine nicht zu beantworten wären. Diese verknüpften Daten entfalten ein riesiges Potenzial für die Gesundheitsforschung, um die Prävention, Therapie und Versorgung der Bevölkerung zu verbessern. Da es sich bei diesen Gesundheitsdaten um sensible Daten handelt, sind sie durch strenge Rechtsvorschriften gegen potenziellen Missbrauch geschützt.“
Erst durch die Verknüpfung von unterschiedlichen Datenquellen lassen sich wissenschaftliche Fragestellungen beantworten, die wegen des beschränkten Variablenumfangs mit einer Datenquelle alleine nicht zu beantworten wären.
Unklare gesetzliche Regelungen, uneinheitliche Handhabung verschiedener Datenkörper, restriktive je nach Bundesland unterschiedliche Gesetzesauslegungen und fehlende Infrastrukturen verhindern bisher, dass die bereits vorhandenen Daten für eine Verbesserung der Prävention und der gesundheitlichen Versorgung adäquat genutzt werden können. Daher hat NFDI4Health mit weiteren Expert:innen, unter anderem aus der Medizininformatik-Initiative und dem Netzwerk Universitätsmedizin, ein White Paper zum Record Linkage erarbeitet. Darin werden die Hindernisse für eine effektive Nutzung von Gesundheitsdaten beschrieben und Vorschläge unterbreitet, wie die Verknüpfung von Gesundheitsdaten auf Personenebene in Deutschland vereinheitlicht und verbessert werden kann. Dabei geht es um praktikable Lösungen, die im Einklang mit der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung stehen.
„Die derzeitigen rechtlichen Gegebenheiten schränken die Nutzung wertvoller Gesundheitsdaten für die Forschung stark ein. Das Record Linkage wird in Deutschland insbesondere dadurch erschwert, dass es im Gegensatz zu Ländern wie Dänemark keinen eindeutigen Identifikator für Personen gibt, der eine Zusammenführung von Gesundheitsinformationen über verschiedene Datenkörper hinweg ermöglichen würde, ohne dass Identitätsdaten wie Name und Adresse übermittelt werden müssten“, verdeutlicht Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF e.V.). Er fügt an: „Zudem existiert in Deutschland keine Infrastruktur, die ein umfassendes studien- und datenkörperübergreifendes Record Linkage in einer gesicherten Umgebung erlauben würde. Bisher müssen jeweils zeitintensive Einzelfalllösungen zur Verknüpfung von Datensätzen in der Forschung gefunden werden. Oft scheitert der Versuch einer Datenverknüpfung, weil klare forschungsfreundliche Regelungen fehlen. Damit bleibt das Record Linkage in Deutschland weit hinter den Standards anderer europäischer Länder zurück.“
Um dem entgegenzuwirken, schildert das Whitepaper verschiedene Anwendungsfälle, die die aktuellen technischen und rechtlichen Hürden veranschaulichen, und fordert länderübergreifende und bürokratiearme Lösungen. Insbesondere empfiehlt das White Paper dem Gesetzgeber die Einführung eines eindeutigen Identifikators für Personen (Unique identifier), die Etablierung von bereichsspezifischen Pseudonymen, den Aufbau einer zentralen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde und die Etablierung einer dezentral-föderierten Forschungsdateninfrastruktur.
NFDI4Health ist Teil der von Bund und Ländern geförderten Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). NFDI4Health hat zum Ziel, ein umfassendes Inventar deutscher epidemiologischer, Public Health und klinischer Studiendaten aufzubauen. Die Analyse dieser Daten ist wesentlich zur Entwicklung neuer Therapien, übergreifender Versorgungsansätze und präventiver Maßnahmen. Personenbezogene Gesundheitsdaten verlangen einen besonderen Schutz. Erklärtes Ziel von NFDI4Health ist es daher, Sicherheit und Nutzbarkeit zu vereinen. Das Konsortium setzt sich aus einem interdisziplinären Team von 17 Partnereinrichtungen zusammen. Darüber hinaus haben 48 namhafte Institutionen aus dem Gesundheitsbereich ihre Beteiligung zugesichert; von 37 internationalen Institutionen liegen Unterstützungsschreiben vor.
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