16. TMF-Jahreskongress 2025 in Freiburg: Power-Up Genomics

140 Teilnehmende kamen auf dem 16. TMF-Jahreskongress 2025 zusammen. © TMF e.V.
Auf dem 16. TMF-Jahreskongress vom 2.-3. April 2025 ging es um die Zukunft der genomischen Medizin, aber auch der Einsatz künstlicher Intelligenz in Forschung und Versorgung sowie der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) wurden thematisiert. „Die genomische Medizin kann nur dann ihr volles Potenzial entfalten, wenn Daten intelligent verknüpft, sicher geteilt, und standardisiert ausgewertet werden können“, betonte Tagungspräsidentin Prof. Dr. Dr. Melanie Börries vom Universitätsklinikum Freiburg auf der Konferenz. „Dafür braucht es leistungsfähige Infrastrukturen, passende regulatorische Rahmenbedingungen und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.“ Der TMF-Jahreskongress bringt einmal jährlich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Industrie zusammen, um Lösungen für die vernetzte digitale Forschung zu diskutieren.
Am ersten Kongresstag standen die notwendigen Frameworks und Infrastrukturen für die genomische Medizin im Mittelpunkt. Dafür war ein spannendes Line-Up von Speakerinnen und Speakern eingeladen.
In ihrer Keynote zeigte Prof. Dr. Lena Illert von der Technischen Universität München eindrucksvoll, wie die genomische Medizin bereits heute die Krebsforschung und -behandlung verändert – und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit das volle Potenzial dieser Ansätze in der Praxis bei den Patientinnen und Patienten ankommt. „Molekulare Tumorboards sind ein entscheidender Baustein der modernen Krebsmedizin. Sie ermöglichen eine präzise, interdisziplinäre Therapieentscheidung auf Basis molekularer Tumorprofile. Entscheidend ist, dass wir funktionelle Methoden und longitudinale Datenanalysen gezielt integrieren, um dynamische Krankheitsverläufe besser zu verstehen und die Behandlungsstrategien kontinuierlich anzupassen“, so Illert.
Molekulare Tumorboards sind ein entscheidender Baustein der modernen Krebsmedizin.

PD Dr. Andreas Till, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). © TMF e.V.
Session 1: Framework für die genomische Medizin
PD Dr. Andreas Till vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sprach über die Rolle des Modellvorhabens Genomsequenzierung und Prof. Dr. Dr. Melanie Börries präsentierte Lösungen für eine interoperable Infrastruktur zur Integration und gemeinsamen Nutzung von klinischen und biomedizinischen Daten in molekularen Tumorboards, wie sie in PM4Onco im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MII) erarbeitet werden.
Im anschließenden Panel mit Karin Strube, Strube Stiftung gGmbH, und Michael Kroll, Patientenbeirat CCC Freiburg, sowie den Referentinnen und Referenten von Session 1 wurde die Patientenperspektive deutlich.
Session 2: Infrastruktur für die genomische Medizin
Prof. Dr. Oliver Kohlbacher und Dr. Julius Wehrle sprachen über wichtige Infrastrukturen für die genomische Medizin wie das Deutsche Humangenom-Phänomarchiv (GHGA) und die Medizininformatik-Initiative.
Wehrle unterstrich, dass die genomische Medizin verknüpfte Datensätze, einen sicheren rechtlichen Rahmen, und Infrastrukturen benötigt, die die Anforderungen, die für die Nutzung vorausgesetzt werden, bündeln und adressieren.
Session 3: European Health Data Space
In Session 3 ging es dann um den European Health Data Space (EHDS) – dem zentralen Zukunftsprojekt der EU. Ziel ist es, Gesundheitsdaten sicher, transparent und grenzüberschreitend nutzbar zu machen.
Tobias Hartz vom Klinischen Krebsregister Niedersachsen stellte UNCAN.eu als zentrale Plattform der National Cancer Data Node vor. Er rief dazu auf, sich an der Ausgestaltung des EHDS zu beteiligen, denn jetzt werden die Rahmenbedingungen gesetzt.

Tobias Hartz, Klinisches Krebsregister Niedersachsen. © TMF e.V.
"Eine vernetzte europäische Gesundheitsdateninfrastruktur entsteht genau jetzt. Und sie braucht unsere Mitgestaltung“, betonten Dr. Heiko Waldmüller und Lukas Wrosch von der gematik GmbH. Die beiden stellten die Workpackages zur Primär- und Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten im Rahmen der TEHDAS2 Joint Action vor – inklusive der zu entwickelnden technischen Leitlinien für Datenhalter, Nutzende und der nationalen Zugangsstellen.
Eine vernetzte europäische Gesundheitsdateninfrastruktur entsteht genau jetzt. Und sie braucht unsere Mitgestaltung.

Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer. © TMF e.V.
„Um den EHDS aufzusetzen, sind noch einige Herausforderungen zu lösen – darunter die Infrastruktur für die Anschlussarchitektur, das Opt-out-Verfahren und die Verzahnung mit nationalem Recht“, betonte Sebastian Claudius Semler von der TMF e. V.
In der Session wurde deutlich: Der EHDS bietet große Chancen für Forschung und Versorgung. Gleichzeitig bringt er komplexe Anforderungen mit sich – an Datenschutz, Interoperabilität und rechtlichen Rahmenbedingungen.
Session 4: Digitalisierung/AI: Ein Blick in die Gesundheitsversorgung von morgen
An Tag 2 des 16. TMF-Jahreskongresses standen Künstliche Intelligenz (KI)/Artificial Intelligence (AI) und digitale Technologien im Mittelpunkt. Sie verändern die Art und Weise, wie Diagnosen gestellt, Behandlungen geplant und Operationen durchgeführt werden – von Echtzeitanalysen in der Neurochirurgie über die Arztbriefschreibung bis zur molekularen Tumorboard-Datenanalyse.
Prof. Dr. Jürgen Beck, Universitätsklinikum Freiburg, demonstrierte, wie KI in der Neurochirurgie bereits heute Chirurginnen und Chirurgen während der OP unterstützt, indem sie präzise Hinweise gibt, wo weiter operiert werden muss. Wo ist die Grenze des Tumors und das Ende der Resektion? Ein AI-basiertes Verfahren gibt in weniger als 2 Minuten während der OP Feedback.
Prof. Dr. Daniel Böhringer, Universitätsklinikum Freiburg, gab Einblicke in die Integration von Large Language Models direkt ins KIS – zur automatisierten Arztbriefschreibung, Qualitätssicherung und Prozessoptimierung. KI wird hier zum „doppelten Boden“ im Klinikalltag.
Abschließend beleuchtete Dr. Linda Gräßel die Rolle des molekularen Tumorboards als Motor für digitale Innovation und patientenzentrierte Versorgung – inklusive der Einbindung von Patient Reported Outcomes.

Dr. Simon Kreutzfeldt, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg. © TMF e.V.
In der Keynote von Dr. Simon Kreutzfeldt vom NCT Heidelberg ging es um die zentrale Frage, welche IT-Architektur und wie viel KI gebraucht werden, um Genomsequenzierung für alle in Forschung und Versorgung skalierbar zu machen. Fazit: KI wird die Präzisionsonkologie revolutionieren. Die präzisionsonkologische Diagnostik kommt, aber molekular stratifizierte Therapien sind im Alltag noch schwierig. Dazu sind neue Studiendesigns nötig und eine Reform des Reimbursements. Die Ergebnisse aus dem Modellvorhaben Genomsequenzierung sollten einen direkten Einfluss auf bessere Therapien haben. Der Nutzen der Genomsequenzierung sollte am Therapieerfolg gemessen werden.

Prof. Dr. Rainer Röhrig, TMF-Vorstandsvorsitzender. © TMF e.V.
In der abschließenden Mitgliederversammlung stellt der amtierende TMF-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Rainer Röhrig die Schwerpunkte der TMF-Gremienarbeit vor. Die Mitglieder der TMF – darunter zahlreiche von der Bundesregierung geförderte Verbundforschungsprojekte, Einrichtungen der deutschen Universitätsmedizin, klinische Studienzentren, aber auch außeruniversitäre Forschungsinstitute wie die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung – genehmigten im Rahmen der Mitgliederversammlung den Jahreswirtschaftsplan 2025 und entlasteten den Vorstand für das Geschäftsjahr 2024.
Impressionen
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