„Lebenszeit-Epidemiologie“ in Dänemark möglich
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Die Nutzung einer persönlichen Identifizierungsnummer im Rahmen des Einwohnermeldesystems (CPR-Nummer) ermöglicht in Dänemark eine epidemiologische Forschung „von der Wiege bis zur Bahre“. Die CPR-Nummer wird auch im Gesundheitssystem genutzt und ist mit verschiedenen Registern und Datenbanken verknüpft, die Daten zu den Lebensumständen eines Individuums speichern. Auch die Proben, die in Biobanken gelagert sind, sind so auf vielschichtige Weise mit Medizin- und Sozialdaten verknüpft. Die Mitglieder der TMF-Arbeitsgruppe Biomaterialbanken, die am 5. September 2016 die Dänische Nationale Biobank in Kopenhagen besuchte, zeigten sich beeindruckt von den wissenschaftlichen Möglichkeiten, stellten aber auch fest, dass die derzeitigen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland den Aufbau einer solchen hochvernetzten Infrastruktur nicht erlauben würde.
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Die Dänische Nationale Biobank ist am Statens Serum Institut (SSI) angesiedelt und wird von der Novo Nordisk-Stiftung finanziert. Sie hat drei Säulen:
- Das Dänische Biobank Register, das detaillierte Informationen über die Proben enthält, die im dänischen Gesundheitssystem (Nationale Biobank plus weitere Krankenhaus- und Forschungsbiobanken) verfügbar sind.
- Die Nationale Biobank selbst, die die Proben physisch einlagert und für Forschungsprojekte wieder zur Verfügung stellt. Hier sind 6 Mio. Proben von 3 Mio. Individuen gelagert.
- Ein Koordinationszentrum am SSI, das die Probenaufnahme, -lagerung und -weitergabe an wissenschaftliche Projekte koordiniert.
Prof. Mads Melbye spricht zur Bedeutung der DNB für die epidemiologische Forschung am SSI © TMF e.V.
Opt out-Regelung wird selten genutzt
Wie SSI-Leiter Prof. Mads Melbye erläuterte, habe Dänemark zwar kein Biobanken-Spezialgesetz, aber in vielen Regularien bzw. Gesetzen seien Anpassungen vorgenommen worden, um Forschung auf allen Ebenen zu befördern. So dürften in Dänemark beispielsweise Proben aus der Patientenversorgung ohne eine explizite Zustimmung der Patienten für Forschungszwecke genutzt werden. Von ihrem „Opt out“-Recht hätten in den vergangenen 15 Jahren lediglich 400 Personen Gebrauch gemacht. Internationale Wissenschaftler könnten die Ressource im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dänischen Wissenschaftlern ebenfalls nutzen.
Karina M. Sørensen im Flüssigstickstofflager © TMF e.V.
Eine Lagerkapazität von 34 Millionen Proben
Die Dänische Nationale Biobank hat eine Lagerkapazität von 34 Mio. Proben (0,5 ml Röhrchen). Dies berichtete die Labor- und Biobank-Managerin Dr. Karina M. Sørensen, die die TMF-Arbeitsgruppe durch die Biobank führte. Das Tracking der Proben erfolgt mit einem 2D-Barcode-System mit Anbindung an das Laborinformationssystem (LIMS). Alle Lagersysteme sind mit einer Wasserkühlung ausgestattet. Als Sicherung gegen Überschwemmungen sind alle Lagerräume mit Pumpsystemen ausgerichtet und abgedichtet.
Lasse Boding erklärt die Handhabung von Proben-Racks vor einem der automatischen -20 °C-Lager © TMF e.V.
Im Probenmanagement wird derzeit vor allem an der Überführung der Altproben des seit bereits 110 Jahren bestehenden SSI gearbeitet. Spezielle Qualitätskontrollen der Proben werden dabei nicht durchgeführt, und bei fehlenden Einwilligungserklärungen könne sehr pragmatisch verfahren werden, wie Biobank-Koordinator Dr. Lasse Boding erklärte: Da den Spendern mit der Nutzung der Altproben kein Schaden zugefügt werde und die nachträgliche Einholung der Einwilligung schwer oder unmöglich sei, erlaubten die Forschungs-Ethikkommissionen in der Regel die Nutzung der Proben. Allerdings sei der wissenschaftliche Wert dieser Proben nicht klar. Sie würden nur auf ausdrücklichen Wunsch von Forschern herausgegeben.
Traumland für Epidemiologen © TMF e.V.
Proben der gesamten dänischen Bevölkerung
Das Dänische Nationale Biobanken-Register (DNBR) ist 2012 im Zusammenhang mit dem Start der Dänischen Nationalen Biobank online gegangen. Es enthält Daten zu 16 Millionen Proben von 5,4 Millionen Dänen und deckt damit die dänische Gesamtbevölkerung ab. Das DNBR verknüpft administrative Register mit Diagnose-Registern sowie mit Proben von Patienten oder gesunden Probenspendern. Suchergebnisse aus dem Register werden in pseudonymisierter und aggregierter Form zur Verfügung gestellt.
Dr. Bartlomiej Wilkowski erklärt die Funktiosweise des Registers © TMF e.V.
Dr. Bart Willkowski, der Leiter des Dänischen Biobanken-Registers, demonstrierte die Suchfunktion des DNBR. Es kann sowohl über eine Freitextfunktion als auch über ICD-Klassifikationen (ICD-8/ICD-10) oder via SNOMED gesucht werden. Der Anfragende erhält das Suchergebnis per E-Mail und kann die jeweilige Biobank, die die Proben lagert, dann kontaktieren, um ein wissenschaftliches Projekt anzubahnen.
Die AG Biomaterialbanken bei ihrem Besuch in der Danish National Biobank in Kopenhagen im September 2016.
V.l.n.r. Prof. Dr. Thomas Illig (Med. Hochschule Hannover), Sebastian C. Semler (TMF), PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf (Universitätsklinikum Jena), Prof. Dr. Dr. Jens Habermann (ICB-L, Uni Lübeck), Dr. Roman Siddiqui (TMF), Bart Wilkowski (Danmarks National Biobank), Prof. Dr. Michael Hummel (Charité, ZeBanC), Prof. Mads Melbye (Danmarks National Biobank), Dr. Christian Röder (Institut f. Experimentelle Tumorfoschung, PopGen 2.0 Netzwerk), Dr. Ronny Westerman (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, NaKo), PD Dr. Karoline I. Gaede (Forschungszentrum Borstel, DZL), Dr. Michael Neumann (Universitätsklinikum Würzburg, IBDW),Dr. Romy Kirsten (Pathologisches Institut Heidelberg, BMB), Kerstin Splett (TMF), Dr. Cornelia Rufenbach (German Biobank Node), Dr. Stephanie Maiwald (Clinical Trials Unit, DKMS), Dr. Norman Klopp (Med. Hochschule Hannover), Sophia Diederichs (zentralisierte Biomaterialbank RWTH Aachen), Christine Hohmeyer (ZI Mannheim, e:Med), Dr. Tanja Weis (Uniklinik Heidelberg, DZHK), Dr. Bärbel Felder (GBG), PD Dr. Christian Stephan (Kairos) © TMF e.V.
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