Pressemitteilung

15. TMF-Jahreskongress: Expertinnen und Experten fordern schnellere Translation von Innovationen in die Praxis

Service-Zentrum SuperC der RWTH Aachen

Der 15. TMF-Jahreskongress beschäftigte sich mit der Translation medizinischer Innovationen. © TMF e.V.

Aachen, 21. März 2024. Der 15. Jahreskongress der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF) hat heute in Aachen begonnen. Unter dem Motto „Medizinische Innovationen. First in Patient. First to Human.“ versammelt der Kongress vom 21.-22. März 2024 führende Expertinnen und Experten aus der biomedizinischen Forschung und Gesundheitspolitik, die gemeinsam die Herausforderungen der translationalen medizinischen Forschung diskutieren. Im Fokus steht dabei die Frage, wie medizinische Innovationen schneller in die klinische Praxis überführt werden können.

Prof. Dr. Rainer Röhrig

Prof. Dr. Rainer Röhrig, Kongresspräsident. © TMF e.V.

Die molekulare Medizin bietet zahlreiche diagnostische Möglichkeiten, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Therapie vorherzusagen. Biohybride Materialien können die Funktion und Haltbarkeit von Implantaten verbessern und digitale Assistenten unterstützen Ärztinnen und Ärzte durch eine zielgerichtete Bereitstellung notwendigen Wissens bei der Diagnosefindung und Therapieauswahl. Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie neue Technologien Einzug in die medizinische Praxis halten und der explosionsartige Wissenszuwachs in Wissenschaft und Forschung genutzt wird, um die Patientenversorgung unmittelbar zu verbessern. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein technisches, organisatorisches und rechtliches Umfeld, das die Translation neuer Technologien in die klinische Versorgung ermöglicht und unterstützt. 

Erfolgsfaktoren der Translation

„Wichtiger Erfolgsfaktor für die Translation neuer Produkte und Technologien aus der Forschung in die medizinische Anwendung ist neben der interdisziplinären Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten eine starke Infrastruktur für den sicheren und ethisch vertretbaren Umgang mit Daten“, sagt Kongresspräsident Prof. Dr. Rainer Röhrig von der Uniklinik RWTH Aachen. „Zusätzlich braucht es Finanzierungs- und Förderstrategien, die neben den Kosten für die eigentlichen Projekte auch das Vorhalten der erforderlichen Infrastruktur adäquat abdecken.“ Keynotespeaker Prof. Dr. Jochen Lennerz, Chief Scientific Officer von BostonGene, betont, „dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Patientensicherheit und Innovationsbedarf bei der Translation KI-basierter Innovationen wichtig ist. Die Bedeutung der regulatorischen Wissenschaften wird zunehmen und..."

...Aktivitäten im präkompetitiven Bereich können schnellere und harmonisierte Innovation ermöglichen.

Potenzial künstlicher Intelligenz nutzen

Unter den neueren technischen Entwicklungen hat insbesondere die künstliche Intelligenz (KI) ein enormes Potenzial, um die Diagnose, Behandlung und Therapie einer Vielzahl von Erkrankungen zu verbessern. So kann KI beispielsweise helfen, in medizinischen Bildern aus Kernspin- oder Computertomographen selbst kleinste Tumoren zu entdecken. Mithilfe von KI erlauben sogenannte „Digitale Zwillinge“ künftig individuelle Vorhersagen, ob ein Medikament bei einem Patienten wirkt und wie es im Körper aufgenommen, umgebaut, verteilt, abgebaut und ausgeschieden wird. KI hilft, Operationen schneller und besser zu planen, indem Implantate und Sägeschablonen individuell für jeden einzelnen Patienten berechnet und hergestellt werden. „Wir müssen das Wissen, das in den Behandlungsdaten steckt, zukünftig besser nutzen, um Patientinnen und Patienten passgenauer zu behandeln“, fordert Jun.-Prof. Dr.-Ing. Myriam Lipprandt von der Uniklinik RWTH Aachen, die das Programmkomitee des diesjährigen TMF-Jahreskongresses leitet. Ausgestattet mit diesem Wissen kann KI auch die Arzneimittelforschung beschleunigen, indem sie erfolgversprechende Wirkstoffkandidaten identifiziert, passende Patientengruppen zusammenstellt und durch Simulation des individuellen Stoffwechsels auch noch die optimale Dosis bestimmt. „Dabei steht die Patientensicherheit natürlich an erster Stelle“, so Lipprandt, die auch wissenschaftliche Leiterin des Translationszentrums der Uniklinik RWTH Aachen und Sprecherin der TMF-AG Medizinische Software und Medizinprodukterecht ist. „Das beginnt bereits bei der Grundlagenforschung: Wenn dort erzielte Ergebnisse am Menschen erprobt werden sollen, müssen wir von Anfang an hohe Anforderungen an die Planung, Durchführung und Dokumentation unserer Forschung stellen. Dies ist die unverzichtbare Basis für eine verlässliche Einschätzung der Sicherheit und Wirksamkeit von Innovationen.“

Dafür braucht es einen Translationsprozess und eine Infrastruktur, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Übertragung ihrer Ergebnisse aus der Forschung in die Klinik unterstützt. Dass so medizinisches Wissen schnell in der Gesundheitsversorgung und damit beim Menschen ankommt, ist ein zentrales Anliegen. „Die Translation muss daher fester Bestandteil der Strategie der Universitätsmedizin sein“, so Lipprandt.

Jun.-Prof. Dr.-Ing. Myriam Lipprandt

Jun.-Prof. Dr.-Ing. Myriam Lipprandt, Leiterin Programmkomitee. © TMF e.V.

Prof. Dr. Jochen Lennerz

Prof. Dr. Jochen Lennerz, Chief Scientific Officer von BostonGene. © TMF e.V.

Jana Holland

Ministerialrätin Jana Holland vom Bundesgesundheitsministerium. © TMF e.V.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung lassen sich nur dann für medizinische Forschung und Versorgung nutzen, wenn hochqualitative Daten von Patientinnen und Patienten auch tatsächlich verfügbar sind. Hier hat sich in jüngster Zeit gerade auf politischer Ebene einiges getan: „Mit dem Gesundheits­daten­nutzungs­gesetz, dem Medizin­forschungs­gesetz, dem Forschungs­daten­gesetz und dem Registergesetz hat sich hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen der patientenbasierten Forschung eine solche Dynamik entwickelt, wie ich sie in Deutschland in den letzten 25 Jahren nicht erlebt habe“, blickt der scheidende TMF-Vorsitzende Prof. Dr. Michael Krawczak von der Christian-Albrechts-Universität Kiel zurück. „Register sollen durch das bevorstehende Registergesetz eine zentrale Säule im vernetzten Gesundheitsdatenökosystem werden“, sagt Ministerialrätin Jana Holland vom Bundesgesundheitsministerium auf dem Kongress.  „Hinzu kamen gerade in der letzten Woche der Referentenentwurf einer Verordnung zum Modellvorhaben Genomsequenzierung, die Einigung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum (EDHS) und die vertiefte Diskussion einer europäischen KI-Verordnung“, so Krawczak. Krawczak ist jedoch wichtig, dass die Forschungs-Community diese Entwicklungen nicht nur beobachtend zur Kenntnis nimmt, sondern konstruktiv mitgestaltet. „Wir müssen als Wissenschaft von der Politik gehört und in die Ausgestaltung des rechtlichen Rahmens unserer Arbeit einbezogen werden“, so sein Fazit. „Die TMF bietet dafür seit über zwei Jahrzehnten eine bewährte Plattform.“ 

Kongresspräsident und TMF-Vorstandsmitglied Röhrig betont noch einmal den Wert der inhaltlichen Arbeit der TMF. „Die TMF versteht sich nicht nur als Austauschplattform und Sprachrohr gegenüber der Politik. Kern der Aktivitäten sind vielmehr die themenspezifischen TMF-Arbeitsgruppen. Dort nutzen wir das gesammelte Wissen der Forschungs-Community um Lösungen zu erarbeiten, die biomedizinische Forschung ermöglichen oder vereinfachen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden der Community im ToolPool Gesundheitsforschung oder, wie aktuell anlässlich des Jahreskongresses in Aachen, in Tutorials und Vorträgen zur Verfügung gestellt.“

Weitere Informationen zum 15. TMF-Jahreskongress sowie zum Programm sind auf der Website der TMF verfügbar.

 

Pressekontakt

Wiebke Lesch
Tel.: +49 30 2200 24731
Mobil: +49 177 2663257 
E-Mail: presse@tmf-ev.de
Twitter: @tmf_eV

Über die TMF e.V.

Über die TMF e.V.

Die TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. steht für Forschung, Vernetzung und Digitalisierung in der Medizin. Sie ist die Dachorganisation der medizinischen Verbundforschung in Deutschland, im Rahmen derer Spitzenforscherinnen und -forscher Wissen austauschen, gemeinsam Ideen und Konzepte entwickeln und so die Zukunft der medizinischen Forschung im digitalen Zeitalter gestalten.