Medizinische Forschung: Gesundheitsdaten zentral beantragen
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Beim Deutschen Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) können Forschende Gesundheitsdaten und Bioproben der deutschen Universitätsmedizin zentral für wissenschaftliche Untersuchungen beantragen. Das Portal wurde innerhalb der Medizininformatik-Initiative (MII) entwickelt und im September 2022 veröffentlicht. Seit Mitte Mai steht es nun auch Forschenden zur Verfügung, die nicht an der MII beteiligt sind.
Im Rahmen der MII, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, wurden an über 30 universitätsmedizinischen Standorten bundesweit Datenintegrationszentren aufgebaut. Diese Einrichtungen stellen Patientendaten und Bioproben aus der Routineversorgung datenschutzgerecht für die medizinische Forschung bereit. „Das FDPG bietet erstmals eine zentrale Anlaufstelle, um die verfügbaren Datenbestände aus der Versorgungsdokumentation aller deutschen Universitätskliniken abzufragen und zu beantragen. Das ist ein enormer Vorteil für die Forschung und das Gesundheitssystem in Deutschland“, sagt Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. und Leiter der gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag und dem Verband der Universitätsklinika betriebenen MII-Koordinationsstelle. Das Portal wird gemeinsam von allen Partnern in der MII entwickelt und von der TMF betrieben.
Bessere Daten für die medizinische Forschung
Über das FDPG können Daten auf Basis des MII-Kerndatensatzes abgefragt werden. Dieser umfasst grundlegende demographische Merkmale sowie ein großes Spektrum klinischer und versorgungsrelevanter Merkmale, die inhaltlich gebündelt in Modulen zusammengefasst werden. Bisher sind die folgenden Module des Kerndatensatzes abfragbar: Person, Diagnose, Prozedur, Laborbefund, Medikation, Consent (Einwilligung) und Bioprobendaten. Momentan stehen beispielsweise im Modul Person, das unter anderem Angaben zu Alter und Geschlecht enthält, mehrere Millionen Datensätze bereit.
Die Daten werden im FHIR-Format standardisiert. Gleichwohl bietet die Heterogenität der Datenquellen Herausforderungen bei der Auswertung und Nutzung der Daten. Die MII arbeitet daher gemeinsam mit Datennutzenden und -gebenden im Sinne eines lernenden Systems weiterhin an Verbesserungen der Standardisierung und Verfügbarkeit der Daten.
Wie können Daten beantragt werden?
Das Portal ist daher zunächst in einem Pilotbetrieb verfügbar, da die Datenanfrage und die zugehörige Dateninfrastruktur anhand erster Nutzungsprojekte getestet und laufend verbessert werden. Der Anschluss der universitätsmedizinischen Standorte an die MII-Datenabfrage wird im Rahmen des Pilotbetriebs sukzessive komplettiert. Mit einer Machbarkeitsanfrage erfahren Forschende, wie viele Fälle für ihre Suchkriterien in den Datenintegrationszentren bundesweit vorhanden sind und für medizinische Forschungszwecke beantragt werden können.
Um Daten für ein Forschungsprojekt zu beantragen, müssen Forschende ein positives Ethikvotum ihrer Institution einreichen. Über den Antrag auf Datennutzung entscheiden die Use-and-Access-Committees (UACs) an jeder angefragten Universitätsklinik. Das bedeutet, dass die Datenhoheit bei den einzelnen Standorten bleibt. Wenn diese die Datennutzung für das Forschungsprojekt bewilligen, werden die pseudonymisierten Daten dem Forschenden zentral über das Portal bereitgestellt. Forschende, die Daten beantragen, müssen für die erforderlichen Schritte bis hin zum Vertragsschluss mit den Daten liefernden Standorten hinreichenden Zeitvorlauf einplanen. Aktuell wird empfohlen, dass Forschungsprojekte von einem Zeitaufwand von mindestens fünf Monaten ausgehen sollten, bis sie die Daten erhalten.
Transparente Darstellung von Forschungsprojekten
Das Portal schafft Transparenz, indem alle im Rahmen der MII bewilligten Forschungsprojekte und ihre Ergebnisse in einem Projektregister veröffentlicht werden. Patientinnen und Patienten können sich laufend über die Webseite und einen Newsletter informieren, welche Projekte mit Patientendaten durchgeführt werden. Bislang sind zwölf Forschungsprojekte bewilligt und veröffentlicht worden.
Hintergrund
Ziel der Medizininformatik-Initiative (MII) ist es, Routinedaten aus der Patientenversorgung bundesweit digital zu vernetzen und für die medizinische Forschung verfügbar zu machen, um Krankheiten zukünftig schneller und effektiver behandeln zu können. Daran arbeiten alle Einrichtungen der Universitätsmedizin Deutschlands gemeinsam mit weiteren Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Krankenkassen und Patientenvertretungen in den vier Konsortien DIFUTURE, HiGHmed, MIRACUM und SMITH. Datenschutz und Datensicherheit haben hierbei höchste Priorität.
Im Fokus der Ausbau- und Erweiterungsphase (2023-2026) steht eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen den Universitätskliniken und deren Kooperation mit neuen Partnern in Versorgung und Forschung, insbesondere um die standortübergreifende Datennutzung in Bezug auf die Datenarten und Datenquellen zu erweitern.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die MII bis einschließlich 2026 mit insgesamt über 400 Millionen Euro.
Für die nationale Abstimmung der MII ist eine Koordinationsstelle zuständig, die die Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF) mit dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) in Berlin betreibt.
Pressekontakt
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