Sichere Datenverarbeitung in der „Gesundheitswolke“
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„Für Anwender, wie Medizintechnik- und Pharmahersteller, Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzte, verspricht man sich von cloud4health Möglichkeiten zu deutlichen Kostensenkungen und Verbesserungen des eigenen Angebots. Gerade bei der Sekundärnutzung klinischer Routinedaten bestätigen aktuelle Marktstudien der Cloud ein enormes Marktpotential.“
Um die Entwicklung und Erprobung von neuartigen Cloud Computing-Diensten für die Medizin geht es in dem zur CebIT 2011 gestarteten Forschungsprojekt „cloud4health“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) für drei Jahre mit insgesamt rund 50 Millionen Euro gefördert wird und an dem auch die TMF beteiligt ist. Über das Projekt und die neuen Möglichkeiten der Cloud-Technologie sprachen wir mit dem Konsortialführer im „cloud4health“-Projekt, Dr. Philipp Daumke.
Dr. Philipp Daumke © TMF e.V.
Herr Dr. Daumke, was bedeutet Cloud Computing und was sind daran die Vorteile?
Cloud Computing ermöglicht eine flexible und skalierbare Nutzung von Ressourcen wie Rechenleistung, Datenspeicherung und Anwendungen über das Intra- bzw. Internet. Auf Basis dieser Technologie sollen im Rahmen des cloud4health-Projektes Lösungen entwickelt werden, mit denen große Mengen anonymisierter Behandlungsdaten zur Beantwortung vielfältiger medizinischer Fragen ausgewertet werden können. Dafür werden Ressourcen genutzt, die auf verteilten Rechnern innerhalb einer Organisation liegen – in einer so genannten „Rechnerwolke“, oder auch „Cloud“, um es mit einem englischen Wort auszudrücken.
Was ist das Neue an „cloud4health“ und welche Fragestellungen wollen Sie im cloud4health-Projekt mit dieser Technologie beantworten?
Die Sekundärnutzung von Daten aus der Elektronischen Krankenakte ist bisher fast ausschließlich auf die Nutzung strukturierter Daten beschränkt. Der größte Teil medizinischer Informationen liegt aber elektronisch immer noch nur als Freitext in Befunden und Arztbriefen vor. Cloud4health eröffnet nun völlig neue Möglichkeiten, auch diese Informationen aus elektronischen Krankenakten zu erschließen und für die Erweiterung des medizinischen Wissens zu nutzen. Mithilfe von Textanalyse- und Data Warehouse-Technologien, die je nach Bedarf als private oder öffentliche Cloud bereitgestellt werden, wollen wir in diesem Projekt vielfältige Fragestellungen aus Forschung, Entwicklung und Gesundheits-Ökonomie beantworten. Konkret geht es zunächst um drei Anwendungsszenarien: erstens die Auswertung von anonymisierten Patientendaten hinsichtlich der Folgen von Hüftgelenksoperationen, zweitens die Entwicklung von Verfahren für eine automatisierte Prüfung, ob medizinische Behandlungen plausibel und wirtschaftlich sind sowie drittens das frühzeitige Erkennen unerwünschter Nebenwirkungen bei neu eingeführten Medikamenten mit Hilfe automatisierter Verfahren. Auch kommerziell nutzbare Produktlösungen sollen aus dem Projekt entstehen.
Was verspricht man sich von den im cloud4health-Projekt erarbeiteten Lösungen?
Für Anwender, wie Medizintechnik- und Pharmahersteller, Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzte, verspricht man sich von cloud4health Möglichkeiten zu deutlichen Kostensenkungen und Verbesserungen des eigenen Angebots. Gerade bei der Sekundärnutzung klinischer Routinedaten bestätigen aktuelle Marktstudien der Cloud ein enormes Marktpotential und sehen alleine bei der Verwendung von klinischen Primärdaten in der pharmakologischen Forschung einen Milliardenmarkt.
Die Bereitstellung der cloud4health-Lösungen soll primär über vertrauenswürdige Institutionen, sogenannte „Trusted Partner“, erfolgen. Warum benötigt man eine solche Konstruktion, was hat es damit auf sich?
Die cloud4health-Infrastruktur soll von einer neutralen Non-Profit Organisation angeboten werden, das ist eine zentrale Idee des Projekts. Wir gehen davon aus, dass Einrichtungen im Gesundheitswesen einer solchen Struktur mehr vertrauen werden als kommerziellen Anbietern, die derzeit schon mit Cloud-Services am Markt sind.
Dr. Philipp Daumke ist geschäftsführender Gesellschafter der Averbis GmbH, Freiburg.
Das Interview führte Beate Achilles im Mai 2011. Eine Kurzfassung erscheint in der Zeitschrift E-Health-COM 3 | 2011.