Pressemitteilung

Digitalisierung der Gesundheits­forschung: Daten­infrastruktur erfolgreich erprobt

Symposium der Medizininformatik-Initiative 2024 I 10. Dezember 2024 I Berlin

Katharina Peter auf dem MII-Symposium 2024

Katharina Peter, Leiterin der Unterabteilung Technologien in den Lebenswissenschaften im BMBF. © TMF e.V.

Beim Symposium der Medizininformatik-Initiative (MII), gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), präsentierten Expertinnen und Experten aus Gesundheitsforschung, -versorgung und Medizininformatik am 10. Dezember 2024 in Berlin rund 350 Teilnehmenden die aktuellen Ergebnisse der MII. Unter dem Motto „Daten nutzen, Forschung stärken, Versorgung verbessern – unser Weg zum europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS)“ wurde unter anderem darüber diskutiert, wie gut Deutschland für den EHDS aufgestellt ist.

In ihrer Eröffnungsrede sagte Katharina Peter, Leiterin der Unterabteilung Technologien in den Lebenswissenschaften im BMBF: „Die MII hat innovative Lösungen entwickelt, die die digitale Transformation in der Gesundheitsforschung vorantreiben und die Patientenversorgung verbessern. Diese Erfolge müssen nun zusammen mit dem Netzwerk Universitätsmedizin weiterentwickelt und erhalten werden, um die Zukunft der datengetriebenen Gesundheitsforschung in Deutschland gemeinsam erfolgreich zu gestalten.“

Bundesweit wurden im Rahmen der MII an allen Universitätskliniken und ersten nichtuniversitären Standorten Datenintegrationszentren (DIZ) eingerichtet. Ein DIZ sammelt Forschungs- und Versorgungsdaten seiner Klinik, bereitet sie datenschutzgerecht auf und stellt sie der Wissenschaft standortübergreifend zur Verfügung. 

Eine maßgebliche Infrastrukturkomponente, die aus der MII heraus für die Zukunft der Gesundheitsforschung entwickelt wurde, sieht Peter im Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG):

Perspektivisch könnte das FDPG – im Zusammenspiel mit den Daten­integrations­zentren und weiteren Infrastruktur­komponenten – eine entscheidende Rolle in der Gesundheitsdatenarchitektur des European Health Data Space einnehmen.

Das FDPG ist das zentrale Such- und Antragsportal der MII für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ein Forschungsprojekt mit Routinedaten der deutschen Universitätsmedizin durchführen möchten. Seit seinem Start vor zwei Jahren und der Öffnung für Forschende außerhalb der MII im vergangenen Jahr wurden die Funktionen des FDPG erweitert. Momentan sind 30 Datenintegrationszentren an das FDPG angeschlossen und Daten von mehr als 14 Millionen Patientinnen und Patienten verfügbar. 650 Forschende haben das FDPG bisher genutzt. 

Datennutzungsprojekte testen Forschungs­infra­struktur

Erste Datennutzungsprojekte wurden bereits erfolgreich über die Forschungsdateninfrastruktur durchgeführt. Dabei konnte der gesamte standardisierte Prozess zur Umsetzung eines Forschungsprojekts im produktiven Einsatz erprobt werden: von der Antragstellung über den Use-and-Access-Prozess und Vertragsschluss bis hin zur Datenextraktion, Analyseskriptentwicklung und Ausleitung der Daten oder Ergebnisse an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Diese ersten Projekte ermöglichen den Forschenden Einblicke in die Daten und ihre Qualität und bringen wichtige Erkenntnisse, an welcher Stelle Optimierungspotential besteht. 

Das Feedback der Forschenden wird in die weiteren Arbeiten am Kerndatensatz der MII einfließen. Dieser beschreibt, welche Patientendaten die DIZ mindestens vorhalten sollen. Im nächsten Jahr wird der Kerndatensatz beispielsweise um onkologische Daten erweitert werden. Auch das Vertragswerk, das für die Lösung aller organisatorischen Fragestellungen zum Einsatz kommt, wurde aktualisiert. 

Beim Symposium wurde anhand von zwei Projekten der MII dargestellt, wie die MII-Infrastruktur bereits für medizinische Forschungsvorhaben genutzt wird. Kai Günther vom Universitätsklinikum Würzburg präsentierte das Projekt ACRIBiS (Advancing Cardiovascular Risk Identification with Structured Clinical Documentation and Biosignal Derived Phenotypes Synthesis), das die Risikoabschätzung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiterentwickelt, um Prävention, Diagnostik und Therapie zu verbessern: „Der ACRIBiS-Datennutzungsantrag dient dazu, die Verfügbarkeit von Variablen, die für die Berechnung von kardiovaskulären Risiko-Scores relevant sind, zu untersuchen. Die Daten der beteiligten Standorte werden über das Forschungsdatenportal für Gesundheit angefragt. Im Rahmen des ACRIBiS-Projekts wird die Dokumentation von kardiovaskulären Patientinnen und Patienten in der klinischen Routine dann standardisiert, sodass alle wichtigen Informationen für die Risikovorhersage entsprechend dokumentiert werden.“ Mit CORD (Collaboration on Rare Diseases) stellte Michéle Zoch von der Technischen Universität Dresden Erkenntnisse eines weiteren Projekts vor: „Unsere Lessons Learned von CORD zeigen, dass aktuelle Methoden und Tools der MII für die Erforschung Seltener Erkrankungen erfolgreich angewandt werden können. Sie zeigen aber auch, dass wir noch gemeinsam Hürden überwinden müssen, um die Sichtbarkeit von Seltenen Erkrankungen zu verbessern, um die Forschung zu stärken und die Versorgung zu verbessern.“

MII leistet wichtige Vorarbeit für den EHDS 

In einem Panelgespräch wurde über Deutschlands Weg zum EHDS diskutiert. Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer und Leiter der MII-Koordinationsstelle, betonte: „Die EU gibt mit dem EHDS einen Rechtsrahmen vor, aber die Umsetzung ist Sache der Mitgliedstaaten. Umso wichtiger sind die Vorarbeiten der MII.“ Aktuelle Herausforderungen in Deutschland seien noch das Record Linkage sowie die Bereitstellung eines Secure Processing Environment (SPE). Prof. Dr. Dagmar Krefting, Universitätsmedizin Göttingen, betonte: „Wir haben in der gemeinsamen Standardisierung der Daten und mit dem FDPG schon viel geleistet. Die Arbeit wird uns aber mit Blick auf den EHDS nicht ausgehen. Wir sollten den EHDS als Chance sehen, weitere Datenquellen zu verknüpfen." Dr. Franziska Bathelt, Medizinische Universität Lausitz - Carl Thiem, ergänzte: „Wir müssen Ärztinnen und Ärzte besser abholen, sie müssen den Mehrwert der Datenbereitstellung erkennen.“ Außerdem unterstrich sie, dass weiterhin daran gearbeitet werden müsse, die MII-Infrastruktur von den Universitätskliniken auf die Regionen auszuweiten.

Pressekontakt

Sophie Haderer
Tel.: 030 − 22 00 24 732
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E-Mail: presse@medizininformatik-initiative.de
 

Hintergrund

Ziel der MII ist es, Routinedaten aus der Patientenversorgung bundesweit digital zu vernetzen und für die medizinische Forschung verfügbar zu machen, um Krankheiten zukünftig schneller und effektiver behandeln zu können. Daran arbeiten alle Einrichtungen der Universitätsmedizin Deutschlands gemeinsam mit nichtuniversitären Kliniken, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Krankenkassen und Patientenvertretungen in den vier Konsortien DIFUTURE, HiGHmed, MIRACUM und SMITH. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die MII bis einschließlich 2026 mit insgesamt über 480 Millionen Euro. Datenschutz und Datensicherheit haben hierbei höchste Priorität.

Die MII baut seit 2018 Dateninfrastrukturen an den Universitätskliniken auf. Anhand vielfältiger Anwendungsfälle – von der Intensiv- bis zur Krebsmedizin – demonstrierten die MII-Partner bereits den Mehrwert ihrer IT-Lösungen in der Praxis. Im Fokus der Ausbau- und Erweiterungsphase (2023-2026) steht eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen den Universitätskliniken und deren Kooperation mit neuen Partnern, insbesondere auch aus der regionalen Versorgung.

Ein wichtiger Baustein dieser Infrastruktur ist das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG). Es soll nicht nur MII-Partnern, sondern allen Forschenden als zentrale Anlaufstelle dienen, wenn sie Daten und Bioproben der Universitätsmedizin nutzen wollen. Zugleich richtet sich das FDPG an Bürgerinnen und Bürger. Es macht transparent, welche Projekte mit Patientendaten forschen und welche Ergebnisse dabei herausgekommen sind.

Ergänzend fördert das BMBF im Rahmen der MII sechs Digitale FortschrittsHubs Gesundheit (2021-2025). Ihre Aufgabe ist es, (zunächst in Pilotprojekten) die Pionierarbeit der Unikliniken in weitere Bereiche des Gesundheitssystems einzubringen: von der ambulanten Versorgung in Praxen bis zur Rehabilitation und Nachsorge. Zur Stärkung von Forschung und Lehre im Bereich der digitalen Gesundheit unterstützt das BMBF zudem neu eingerichtete Professuren mit insgesamt 21 Nachwuchsgruppen (2020-2026).

Für die nationale Abstimmung der Entwicklungen innerhalb der MII ist eine Koordinationsstelle zuständig, die die Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF) gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) in Berlin betreibt.