Biomaterialbanken: Zwischen Überregelung und Wildwuchs
Dr. Michael Hummel, Prof. Dr. Michael Krawczak und Sebastian C. Semler (v.r.n.l.) erläuterten das BMB-Projekt in einem vorgeschalteten Pressegespräch. © TMF e.V.
Die TMF stellte am 27. April 2006 im Rahmen eines Symposiums in Berlin die Ergebnisse ihres umfangreichen Biomaterialbanken-Projektes vor, das Ende 2004 initiiert worden war. Dabei betonte PD Dr. Michael Hummel (Kompetenznetz Maligne Lymphome), der die Gesamtleitung des Projektes innehat, dass aus Sicht der Wissenschaft Flexibilität für die probandenbasierte Forschung an Biomaterialien notwendig sei. Zugleich müsse jedoch dafür gesorgt werden, dass Aufbau und Betrieb von Biomaterialbanken mit den rechtlichen und ethischen Anforderungen konform seien.
Der Aufbau und Betrieb von Biomaterialbanken (BMB) ist in Deutschland bisher nicht eindeutig geregelt. Dabei bieten dieses Materialbanken, die Gewebeproben langfristig für medizinisch-wissenschaftliche Analysen verfügbar machen, ein großes Potential für die Klärung drängender Fragen der medizinischen Forschung. Dies gilt besonders, wenn die Proben mit Daten zum Erkrankungsverlauf der jeweiligen Patienten zusammengeführt werden. Die TMF hatte mit der Initiierung des Projektes auch auf die Forderung des Nationalen Ethikrates aus dem Jahr 2003 reagiert, den Umgang mit Biomaterialbanken in der medizinischen Forschung zu regeln.
Durch neu entwickelte technische Möglichkeiten ist die Menge an Informationen, die aus Biomaterialproben zu gewinnen ist, in den vergangenen Jahren rasant gestiegen: Ließen sich 2001 noch rund 260.000 Informationen aus einem DNA-Chip von 1,3 x 1,3 cm Größe extrahieren, so seien es mittlerweile bis zu 6,5 Millionen Informationen auf der gleichen Fläche, so Hummel. Parallel hierzu erforderten die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder die aktuellen gesetzlichen Vorgaben zum Datenschutz eine Regelung für den Aufbau von Biomaterialbanken.
Die Experten aus dem BMB-Projekt der TMF standen in der Abschlussdiskussion für Fragen aus dem Auditorium zur Verfügung. © TMF e.V.
Gerade in vernetzten medizinischen Forschungsprojekten wie dem Nationalen Genomforschungsnetz (NGFN) oder den Kompetenznetzen in der Medizin, die gemeinsam mit weiteren Verbundprojekten unter dem Dach der TMF zusammenarbeiten, werden zunehmend langfristig angelegte Biomaterialbanken aufgebaut, die auch für Forschungsfragen der Zukunft zur Verfügung stehen sollen. TMF-Vorstandsmitglied Professer Dr. Michael Krawczak (NGFN), der das Teilprojekt ‚Rechtliche Rahmenbedingungen’ leitet, sieht das BMB-Projekt als paradigmatisch dafür, wie die Möglichkeiten der kooperativen Arbeit in der TMF genutzt werden können.
Das BMB-Projekt bettet sich in die anderen Themenfelder der TMF ein und basiert auf den Ergebnissen verschiedener anderer Projekte. Eine wesentliche Grundlage bilden beispielsweise die Datenschutzkonzepte der TMF oder die Checklisten zur Patienteneinwilligung, die nun um spezifische Fragestellungen im Zusammenhang mit Biomaterialbanken erweitert worden sind. Mit den Ergebnissen kann die TMF die medizinischen Forschungsverbünde in ihrer Arbeit unterstützen. Unter anderem sind im Rahmen des BMB-Projektes Rechtsgutachten, Datenschutzkonzepte und Musterverträge erstellt worden. Um die konkrete Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis zu erleichtern, wurden darüber hinaus Checklisten und Textvorlagen zu Patienteneinwilligungen sowie Checklisten zur Qualitätssicherung beim Probenmanagement in Biobanken erarbeitet. Wie bereits in früheren TMF-Projekten konnten die Konzepte mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder abgestimmt werden. Damit wird der Betrieb von Biobanken und krankheitsorientierte Forschung an Biomaterialien auf eine klare und rechtlich einwandfreie Grundlage gestellt. Die Ergebnisse werden im Laufe dieses Jahres in der TMF-Schriftenreihe publiziert.
Die Teilnehmer des Symposiums profitierten besonders von den konkreten praktischen Hinweisen der BMB-Experten aus der TMF. Die Abschlussdiskussion bot Raum für die zahlreichen Fragen aus dem Auditorium. Als wertvolle Information erwies sich beispielsweise der Hinweis, dass der Eigentumsübertrag von Proben möglich und empfehlenswert ist.
Die Referenten des Biomaterialbanken-Symposiums, oben (v.l.n.r.): PD Dr. Michael Hummel, Dr. Jürgen W. Goebel, Peter Ihle, Prof. Dr. Klaus Pommerening, Dr. Dr. Micheal Kiehntopf; unten (v.l.n.r.): Prof. Dr. Michael Krawczak, Ronald Speer, Dr. Christian Gieger, Dr. Katrin Grüber, Projektleiter im BMB-Projekt (Podium). © TMF e.V.
Den Tagungsvorsitz hatte PD Dr. Michael Hummel, der auch die Gesamtleitung des BMB-Projektes innehat. © TMF e.V.
In der Abschlussdiskussion konnten zahlreiche konkrete Fragen aus dem Publikum geklärt werden. © TMF e.V.
Vor Beginn des Symposiums erläuterten Dr. Michael Hummel, Prof. Dr. Michael Krawczak und Sebastian C. Semler (rechte Seite, von rechts) in einem Pressegespräch die Hintergründe und die Bedeutung des Biomaterialbanken-Projektes der TMF. © TMF e.V.
Downloads
Vortragsfolien
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02b Ihle - Persönlichkeitsrechte versus Forschungsvisionen - Die Patienteneinwilligung | 649.92 KB |
Anhang | Size |
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05 Speer - IT-Anforderungen an Biobanken | 143.89 KB |
Weiterführende Informationen