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TELEMED 2009: Vorerst keine Telemedizin auf Kranken­schein

Trotz wirtschaftlicher und medizinischer Vorteile der Telemedizin verhindern zahlreiche ungelöste Fragen weiterhin ihre generelle Abrechnung als Kassenleistung

Prof. Dr. Friedrich Köhler

Prof. Dr. Friedrich Köhler bei seinem Keynote-Vortrag zur "Partnership for the Heart" - Studie der Charité Berlin. © TMF e.V.

Wie weit die Entwicklung telemedizinischer Angebote heraus aus dem Stadium der Pilotprojekte hinein in die Regelversorgung gekommen ist, diskutierten am 1./2. Oktober 2009 mehr als 100 Experten bei der TELEMED 2009, dem „14. Nationalen Forum für Gesundheitstelematik und Telemedizin“ im historischen Hörsaal der Kaiserin-Friedrich-Stiftung, Berlin.

Logo Telemed 2009

Dass Telemedizin ein unverzichtbarer Bestandteil zukünftiger medizinischer Versorgung ist, zeigte unter Anderem der  Zwischenbericht über das Projekt „partnership for the heart“ der Charité. Danach sind erhebliche Einsparpotenziale durch Verringerung von Krankenhaus­aufenthalten erkennbar, sowie eine deutlich bessere Lebensqualität teilnehmender Patienten. Das Projekt bezieht neben ländlichen Regionen bewusst auch dicht besiedeltes Stadtgebiet mit ein.

Dennoch steht die Telemedizin aktuell noch zahlreichen Barrieren gegenüber, wie etwa der unzureichenden Akzeptanz durch die Ärzte, rechtlichen Unsicherheiten, Finanzierungsfragen, fehlenden Standards und unzureichender Evidenz. Die Beteiligung niedergelassener Ärzte an telemedizinischen Projekten, so wurde deutlich, hängt  von der Vergütung, nachgewiesenen Therapievorteilen und der nahtlosen Einbindung der telemedizinischen Anwendung in den Praxisalltag ab.

Bislang durchgeführte Studien zu Wirtschaftlichkeits- und Wirksamkeitsnachweisen belegen sowohl medizinische Qualitätsverbesserungen als auch ökonomisches Einsparpotenzial. Die Krankenkassen bewerten bestehende Telemedizinprojekte daher als überwiegend sinnvoll.

Bislang werden telemedizinische Leistungen entweder über öffentliche Förderung oder über individuelle Verträge zwischen den Krankenkassen, den jeweiligen Telemedizin-Anbietern und den niedergelassenen Ärzten vergütet. Von einer Verschreibung telemedizinischer Leistungen „auf Rezept“ ist man in Deutschland noch weit entfernt. Eine Aufnahme in den Katalog der Kassenleistungen scheitert derzeit schon an der Frage, welches Gremium überhaupt für eine solche rechtliche Regelung zuständig wäre. Dies wurde im Rahmen der Podiumsdiskussion zwischen Kassen- und Ärztevertretern, Industrie und dem Vertreter des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) deutlich.

Trotz allem, darüber waren sich die Experten einig, wird sich die Telemedizin weiter etablieren mit erheblichen Konsequenzen für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens. Zukünftig wird es zunehmend Bedarf an speziell ausgebildetem Personal für „health telematics“ geben. So wird beispielsweise technisch sehr hoch qualifiziertes Pflegepersonal benötigt, das im derzeit gültigen rechtlichen Rahmen auch ärztliche Aufgaben mit wahrnimmt.

Damit, so das Fazit der Tagung, ist die Telemedizin zwar technisch so weit, dass man operative Vergütungsmethoden erproben könnte, dies scheitert derzeit aber noch an zu vielen ungeklärten Fragen. 

Tagungsteilnehmer

^Fachliche Inhalte auf hohem Niveau - Teilnehmer der TELEMED 2009 während eines Vortrags. © TMF e.V.

Pause

Die Teilnehmer nutzten die Pausen für Diskussionen und zum Netzwerken. © TMF e.V.

Podiumsdiskussion

Die Podiumsdiskussion zwischen Kassen- und Ärztevertretern, Industrie und dem Vertreter des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) machte die Schwierigkeiten deutlich, geeignete Vergütungsformen zu finden – bzw. zunächst überhaupt jemanden, der sich dafür zuständig fühlt, solche zu schaffen. © TMF e.V.

Bockhorst Verleihung des Posterpreises

Kerstin Bockhorst (Universitätsmedizin Göttingen) erhielt für ihren Beitrag „Die Finanzierung telemedizinischer Dienste in Deutschland 2009 – Bilanz der Leistungsträger, Fragen der Leistungserbringer“ den mit 500,-- EUR dotierten TELEMED Award. © TMF e.V.