Gemeinsames Positionspapier des Verbundforschungsprojekts AKTIN und der TMF zur Digitalisierung in der Notfallmedizin
Berlin, 18. April 2018. Positionspapier des AKTIN-Notaufnahmeregisters und der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V.
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE ERFOLGREICHE UND NACHHALTIGE DIGITALISIERUNG DER NOTFALLMEDIZIN IN DEUTSCHLAND
In dieser Wahlperiode werden die Prozesse und Strukturen der Notfallversorgung modernisiert, um die Bedürfnisse der Patienten im Bereich der Notfall- und Akutmedizin zu erfüllen. Es gilt die Möglichkeiten digitaler Werkzeuge zu nützen, um die existierenden Informationsverluste zwischen vertragsärztlicher Notfallversorgung, Rettungsdienst und ambulanter sowie stationärer Notfallversorgung in Krankenhäusern und innerhalb der Gesundheitseinrichtung zu minimieren. Diese sektorenübergreifende Digitalisierung stellt gleichzeitig die Basis für einrichtungsübergreifendes Qualitätsmanagement, Versorgungsforschung und Gesundheitssurveillance in der Notfallversorgung dar.
Aus der Sicht des Verbundforschungsprojekts AKTIN und der TMF sind die folgenden Maßnahmen Voraussetzungen für eine erfolgreiche und nachhaltige Digitalisierung der Notfallversorgung:
1. DIE EINFÜHRUNG EINES VERPFLICHTENDEN, NATIONAL EINHEITLICHEN DOKUMENTATIONS-STANDARDS DER MEDIZINISCHEN NOTFALLVERSORGUNG
Es muss einen bundesweit einheitlichen Dokumentationsstandard für die gesamte Versorgungskette des Notfallpatienten beginnend bei der Rettungsleitstelle über den Rettungsdienst, Notarztdienst und vertragsärztlichen Notdienst bis hin zu Notaufnahmen und Intensivstationen in Krankenhäusern geben. Zu jedem Behandlungsfall müssen die entsprechenden aufeinander abgestimmten Mindestdatensätze erhoben und kommuniziert werden, um relevante Informationsverluste an den Schnittstellen zu vermeiden und eine übergreifende Auswertung zu ermöglichen. Für die Umsetzung ist eine nationale Stelle notwendig die auch die Kontrolle des medizinischen Vokabulars (Value Set Authority) vornimmt.
2. DIE NUTZUNG INTERNATIONAL ETABLIERTER, OFFENER KOMMUNIKATIONSSTANDARDS IM GESAMTEN DEUTSCHEN GESUNDHEITSWESEN (INSBESONDERE HL7-CDA, HL7-FHIR, SNOMED CT, IHE)
Die Bundesregierung muss die notwendige nationale Lizenz von SNOMED CT zeitnah erwerben. Anschließend müssen die betreffenden Terminologien und Klassifikationen vom DIMDI in Abstimmung mit den Institutionen der Leistungserbringer und Kostenträger ins Deutsche übersetzt und an Abrechnungsstrukturen und Leistungskataloge unseres Gesundheitswesens angepasst werden (nationale Profilierung). Dies muss zudem in Abstimmung mit den deutschsprachigen Nachbarstaaten geschehen, um die grenzüberschreitende Kompatibilität künftiger IT-Systeme zu gewährleisten. Zur Sicherstellung der Interoperabilität ist ein Zertifizierungsverfahren zum Nachweis der Konformität von Dokumentationssystemen und Schnittstellen erforderlich.
3. DIE SCHAFFUNG EINER NATIONALEN QUALITÄTSSTELLE FÜR DIE NOTFALLVERSORGUNG
Die vertragsärztliche, rettungsdienstliche und ambulante sowie stationäre Notfallversorgung müssen sektorenübergreifend in die Qualitätssicherungsmaßnahmen einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund ist eine Zusammenführung der Daten aller Versorgungspartner inklusive der Rettungsleitstellen in einer zu schaffenden nationalen Einrichtung erforderlich, da nur bei Betrachtung der gesamten Versorgungskette eine individuelle Bewertung der einzelnen Versorgungsglieder möglich ist.
4. DIE VERSTETIGUNG DER INFRASTRUKTUR DES NOTAUFNAHMEREGISTERS FÜR DIE VERSORGUNGSFORSCHUNG, EINRICHTUNGSÜBERGREIFENDE QUALITÄTSSICHERUNG UND GESUNDHEITSSURVEILLANCE
Um seiner öffentlicher Aufgabe möglichst unabhängig nachkommen zu können, sollte die Infrastruktur des Notaufnahmeregisters in Kooperation mit den medizinischen Fachgesellschaften in der zu schaffenden Qualitätsstelle für die Notfallversorgung integriert werden.
5. DIE ETABLIERUNG GEEIGNETER ÄRZTLICHER VERGÜTUNGSSTRUKTUREN ALS ANREIZ FÜR DIE UMSETZUNG EINER EINHEITLICHE MINDESTDOKUMENTATION
Eine große Herausforderung bei der Umsetzung von Dokumentationsstandards ist die ungleiche Verteilung von Aufwand und Nutzen bei Dokumentierendem und Informationsempfänger. Dazu muss ein Anreizsystem etabliert werden, in der Notfallversorgung wie in allen anderen Versorgungsbereichen. So sollte eine standardkonforme Mindestdokumentation nach Vorbild des “Meaningful Use“- Programms in den USA auch in Deutschland besonders vergütet werden.
ÜBER DIE AUTOREN
AKTIN - VERBESSERUNG DER VERSORGUNGSFORSCHUNG IN DER AKUTMEDIZIN DURCH AUFBAU EINES NATIONALEN NOTAUFNAHMEREGISTERS
Das Verbundforschungsprojekt AKTIN erarbeitet die Grundlagen für ein nationales Notaufnahmeregister. Auf Basis des Notaufnahmeprotokolls der DIVI e.V., einer standardisierten, strukturierten Dokumentation in der Notaufnahme, wird mit Hilfe des Notaufnahmeregisters eine bundesweit einheitliche standardisierte elektronische Infrastruktur für Notaufnahmepatienten geschaffen. Das Notaufnahmeregister trägt als modernes Tool zur Optimierung des Qualitätsmanagements in den Notaufnahmen und zur grundlegenden Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin in Deutschland bei.
AKTIN-Notaufnahmeregister
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Otto-von-Guericke-Universität
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39120 Magdeburg
Abteilung Medizinische Informatik
Carl-von-Ossietzky-Universität
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26111 Oldenburg
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TMF - DAS UNABHÄNGIGE EXPERTEN NETZWERK FÜR INFRASTRUKTUREN IN DER MEDIZINISCHEN FORSCHUNG
Die TMF - Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. ist die Dachorganisation für die medizinische Verbundforschung in Deutschland. 1999 initiiert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und seither aus öffentlichen Mitteln gefördert, erarbeitet die TMF Konzepte und Lösungen für die standortübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit in der medizinischen Forschung und fördert die Verknüpfung und Translation zwischen Forschung und Versorgung. Die TMF stellt ihre Produkte frei und öffentlich zur Verfügung.
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