Stellungnahme zum Referentenentwurf einer Verordnung zur Neufassung der Datentransparenzverordnung und zur Änderung der Datentransparenz-Gebührenverordnung
Berlin, 22. Mai 2020. Gemeinsame Stellungnahme von der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. und dem Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Korrespondenzadresse TMF e. V.
TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V.
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Geschäftsführer
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Über die TMF
Die TMF - Technologie- und Methodenplattform für vernetzte medizinische Forschung e. V. (kurz: TMF) ist mit gegenwärtig 64 Mitgliedern und ihren über einhundert Standorten bundesweit die Dachorganisation für die medizinische Verbundforschung in Deutschland. Sie ist Plattform für den interdisziplinären Austausch und die projekt- wie standortübergreifende Zusammenarbeit, um organisatorische, rechtlich-ethische und technologische Probleme der modernen medizinischen Forschung zu identifizieren und zu lösen. Die als gemeinnützig anerkannte TMF stellt diese Lösungen frei und öffentlich zur Verfügung. Mit dem Aufbau tragfähiger Infrastrukturen für die medizinische Forschung leistet die TMF einen Beitrag zur Stärkung des Wissenschaftsstandortes Deutschland im europäischen wie internationalen Wettbewerb.
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Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e. V.
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Über das DNFV
Das DNVF ist ein interdisziplinäres Netzwerk, das allen Institutionen und Arbeitsgruppen offensteht, die mit der Sicherung der Gesundheits- und Krankenversorgung unter wissenschaftlichen, praktischen oder gesundheitspolitischen Gesichtspunkten befasst sind. Das DNVF hat es sich zum Ziel gesetzt, die an der Versorgungsforschung im Gesundheitswesen beteiligten Wissenschaftler zu vernetzen, Wissenschaft und Versorgungspraxis zusammenzuführen sowie die Versorgungsforschung insgesamt zu fördern. Darüber hinaus ist es dem DNVF ein Anliegen, durch die Bildung interdisziplinärer Arbeitsgruppen zu fächerübergreifenden Themen der Versorgungsforschung den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern.
I. Zur Datentransparenzverordnung allgemein
Die Sozialdaten der Krankenkassen sind eine wertvolle Datenquelle, nicht nur für die Steuerung und Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung in der GKV, sondern auch für die wissenschaftliche Forschung. Das bestehende Datentransparenzverfahren der §§ 303a bis 303e für den kontrollierten Zugang zu Sozialdaten der Krankenkassen für Forschungszwecke war hinsichtlich des Datenumfangs und der Zugriffsmöglichkeiten beschränkt. Auch angesichts der bislang geringen Nutzerzahlen hat der Gesetzgeber mit dem Digitalen-Versorgungs-Gesetz das Ziel verfolgt, den Zugang zu den Sozialdaten zu verbessern, um eine breite wissenschaftliche Nutzung unter Wahrung des Sozialdatenschutzes zu ermöglichen.
Wesentlich für den Erfolg des Vorhabens ist die im vorliegenden Verordnungsentwurf konkretisierte schrittweise Loslösung von den bisherigen stark aggregierten und nur zeitverzögert verfügbaren DaTraV-Daten, die auf Grundlage des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA, vgl. § 268 Absatz 3 Satz 14 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 bis 7 SGB V) entstanden sind. Grundsätzlich sollten alle im Regelkreis des SGB erhobenen Sozialdaten für die Zwecke der medizinischen Versorgungsforschung erschlossen werden. In diesem Zusammenhang wird die Erweiterung des Datenkranzes in § 3 DaTraV neu begrüßt. Entscheidend ist, dass die Vorgaben zur Datenlieferung und -aufbereitung in §§ 4-6 DaTrav neu sowohl die beabsichtigte zeitnahe Bereitstellung eines aktuellen Überblickes über das Versorgungsgeschehen ermöglichen, andererseits aber in Hinblick auf die Validität der Forschungsergebnisse auch eine hinreichende Datenqualität gewährleistet und überwacht wird. Gerne steht die TMF mit der Expertise ihrer AG „Datenqualität und Transparenz“ beratend zur Verfügung.
Mit Blick auf die für einzelne Forschungsvorhaben unzureichende Granularität anonymisierter und aggregierter Datensätze begrüßen wir auch die Möglichkeit der Nutzung pseudonymisierter Einzelangaben. Wesentlich für die Betrachtung longitudinaler Verläufe ist dabei die vorgesehene Übermittlung eines periodenübergreifenden Pseudonyms an das Forschungsdatenzentrum.
Wir unterstützen die in § 303d Abs. 2 Satz 1 SGB V enthaltene ausgeweitete Speicherdauer für versichertenbezogene Einzelangaben, die erst spätestens nach Ablauf von 30 Jahren enden soll. Dabei ist im Zuge der vorgesehenen Evaluation der Höchstfrist sicher zu stellen, dass in begründeten Fällen diese Daten für bereits begonnene Studien auch über die grundsätzliche Regelspeicherdauer hinaus zur Verfügung stehen. Dies ist eine wichtige Qualitätssicherungsmaßnahme im Zuge guter wissenschaftlicher Praxis, aber auch Voraussetzung etwa für Forschungsvorhaben für generationsübergreifende Krankheitsbilder oder das Verfolgen von langfristigen Nebenwirkungen von Therapien.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Verordnungsgeber eine regelmäßige Überprüfung des Datentransparenzverfahrens im Rahmen einer Evaluation und Berichterstattung vorsieht. Datenkranz und technische Plattformen unterliegen im Rahmen der aufholenden Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens einem raschen Wandel, der sich, wo notwendig, auch kurzfristig in der weiteren Ausgestaltung des Datentransparenzverfahrens widerspiegeln muss.
II. Zu den Regelungen im Einzelnen
Auf einen Blick
- Grundsätzlich die Daten des Datenkranzes ohne Vorab-Vergröberung in das Forschungsdatenzentrum überführen (§ 3)
- Keine pauschale Begrenzung von Beratungsleistungen und Bereitstellungsfristen (§ 9 Abs. 2 und § 11 Abs. 2)
- Auflagen zum Nutzungsbescheid durch das Forschungsdatenzentrum müssen auf die Kompetenzzuweisungen des Gesetzes konkretisiert werden (§ 9 Abs. 3)
- Die Transparenzfunktion des Antragsregisters sollte gestärkt werden (§ 10) und die ausgelieferten Daten nach guter wissenschaftlicher Praxis archiviert werden (§ 11)
- Der Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten nach § 303d Abs. 2 SGB V ist in die Ausgestaltung, Weiterentwicklung und Evaluation des Datenzugangs einzubeziehen (§ 5 Abs. 2, § 11 Abs. 2, § 14). Die entstehenden Personal- und Sachmittelaufwände sind zu berücksichtigen (§ 14, E. 3 Erfüllungsaufwand)
1. § 3 Art und Umfang der Daten
Soweit der Gesetzgeber mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz das Ziel verfolgt, eine bessere Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für Forschungszwecke zu ermöglichen, ist sicherzustellen, dass der zur Verfügung stehende Datenkranz auch tatsächlich geeignet ist, eine Reihe neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, etwa zur Versorgungsoptimierung und Patientensicherheit, zu erbringen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zukünftige Forschungsfragen zum Zeitpunkt der Verordnungsgebung naturgemäß nicht vollständig antizipierbar sein können. Dies verlangt sowohl eine möglichst vollständige verfügbare Datenbasis, als auch einen iterativen Prozess der fortwährenden Evaluation und Aktualisierung des Datenkranzes.
Wichtig für die Breite der möglichen wissenschaftlichen Erkenntnisprozesse ist daher, dass wie im vorliegenden Referentenentwurf vorgesehen die im Regelkreis des SGB für das Datentransparenzverfahren verfügbaren Daten ohne vorherige Vergröberungsschritte von den Krankenkassen an die Datensammelstelle zugeleitet und von dieser an das Forschungsdatenzentrum übermittelt werden. Die Sicherstellung der Angemessenheit der im Einzelfall zu verwendenden Datengranularität nach dem Grundsatz der Datensparsamkeit sollte allein im Rahmen der Prüfung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 DaTraV neu sowie die Gewährleistung des bestmöglichen Ausschlusses einer Reidentifikation von Versicherten oder Leistungserbringern allein im Rahmen der Datenbereitstellung nach § 11 Abs. 3 DaTraV neu durch das Forschungsdatenzentrum erfolgen. So ist sichergestellt, dass grundsätzlich eine bestmögliche Abbildung des Versorgungsgeschehens für Zwecke der medizinischen Forschung zur Verfügung steht.
2. § 9 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 zeitliche Leistungs-/Nutzungsbegrenzung
Um einen gleichberechtigten Zugang aller Nutzungsberechtigten zu den Daten des Datentransparenzverfahrens zu gewährleisten, sieht der vorliegende Referentenentwurf in § 9 Abs. 2 S. 4 eine Begrenzung der Beratungsdauer auf 8 Stunden pro Antrag und in § 11 Abs. 2 S. 5 eine maximale Bereitstellungsdauer für pseudonymisierte Einzeldaten von 30 Arbeitstagen vor.
Allerdings weisen Nutzungsberechtigte, die erstmals einen Antrag stellen, naturgemäß einen entsprechend höheren Beratungsbedarf auf. Auch können Forschungsvorhaben mit pseudonymisierten Einzeldaten durchaus eine komplexe Auswertung erfordern, die im Einzelfall nicht binnen 30 Arbeitstagen zu leisten ist. Diese Konstellationen sollten im Sinne der Forschungsfreiheit und der mit dem Digitalen-Versorgungs-Gesetz verfolgten Zielsetzung des Gesetzgebers, den Zugang zu den Sozialdaten zu verbessern, um eine breite wissenschaftliche Nutzung zu ermöglichen, nicht grundsätzlich durch die Begrenzung der o.g. Leistungen diskriminiert werden.
Wir schlagen deshalb vor, jeweils die Möglichkeit eines zu begründenden Antrages auf Fristverlängerung vorzusehen:
a. in § 9 Abs. 2 wird als S. 5 angefügt: Auf Antrag der Nutzungsberechtigten ist in begründeten Fällen eine Verlängerung der Beratungsdauer über den in S. 4 genannten Umfang hinaus möglich.
b. in § 11 Abs. 2 wird als S. 6 angefügt: Auf Antrag der Nutzungsberechtigten ist in begründeten Fällen eine Verlängerung des Zuganges über die in S. 5 genannte Frist hinaus möglich.
Dabei gehen wir davon aus, dass die in § 6 Abs. 2 und Abs. 3 DaTraGebV neu getroffenen Gebührenfestsetzungen ohnehin eine monetäre Steuerungswirkung zu Gunsten einer effizienten Ressourcennutzung durch die Nutzungsberechtigten entfalten werden. Inwieweit es dennoch zu Kapazitätsengpässen und Wartezeiten kommt, sollte Gegenstand der Berichterstattung zu Antragsbearbeitung und Datenbereitstellung nach § 14 DaTraV neu sein und in die vorgesehene regelmäßige Weiterentwicklung des Datentransparenzverfahrens einfließen.
Durch die vorgeschlagene Aufnahme der Ausnahmetatbestände in § 9 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 DaTraGebV neu ist in der Folge die maximale Inanspruchnahme der Beratungsleistungen und die Datenbereitstellungsdauer, nicht mehr gedeckelt. Daher sind die im Wortlaut des in § 6 Abs. 2 und Abs. 3 gespiegelten absoluten Obergrenzen der Gebührenfestsetzungen zu streichen:
a. in § 6 Abs. 2 DatraGebV neu ist in S. 2 zu streichen „bis zu einem Höchstbetrag von 800 Euro“
b. in § 6 Abs. 3 DatraGebV neu ist in S. 1 zu streichen „,maximal 30 Arbeitstage,“
3. § 9 Abs. 3 Auflagen zum Verwaltungsakt
Die Vorschrift des § 9 Abs. 3 DaTraV neu sieht vor, dass das Forschungsdatenzentrum beabsichtigte Datenzusammenführungen per Auflage untersagen kann. Dies berührt unmittelbar das Grundrecht der Forschungsfreiheit, weshalb die Auflagenerteilung auf die bereits im Gesetz genannten einschlägigen Kontrollpflichten des Forschungsdatenzentrums konkretisiert werden muss. Eine Auflagenerteilung ist dann gerechtfertigt und erforderlich, wenn
a. mit der beabsichtigten Datenzusammenführung eine unrechtmäßige Datenverarbeitung verbunden wäre, z. B. die Verarbeitungsgrundlage der externen Daten ihrerseits eine Datenzusammenführung ausschließt,
b. mit der beabsichtigten Datenzusammenführung unverhältnismäßige Reidentifikationsrisiken verbunden wären,
c. die Antragssteller nicht plausibel machen konnten, dass die beabsichtigte Datenzusammenführung geeignet ist, den beschriebenen Forschungszweck wesentlich zu fördern.
Daher schlagen wir vor, § 9 Abs. 3 S. 2 neu zu fassen:
„Der Verwaltungsakt kann soweit eine beantragte Datenzusammenführung tatsächlich mangels Verarbeitungsgrundlage ganz oder in Teilen rechtlich unzulässig wäre, diese als Auflage untersagen. Gleiches gilt, wenn das sich aus der beabsichtigten Datenzusammenführung ergebende Reidentifikationsrisiko außer Verhältnis zum beabsichtigten Erkenntnisgewinn steht oder der Antragssteller nicht plausibel darlegen kann, dass die intendierte Datenzusammenführung geeignet ist, den beschriebenen Forschungszweck wesentlich zu fördern.“
4. § 10 Antragsregister
Wir begrüßen, dass der vorgelegte Verordnungsentwurf das ursprünglich bereits in der Datentransparenzänderungsverordnung – DaTraV vom 19. Oktober 2017 enthaltene öffentliche Antragsregister ausgestaltet. Hier möchten wir auf die im Zuge der Kommentierung der Datentransparenzänderungsverordnung getätigten Anmerkungen im Rahmen der gemeinsamen Stellungnahme der AGENS, der Deutschen Hochschulmedizin, des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung und der TMF vom 15. November 2017 hinweisen, wonach im Register auch schon die eingereichten Anträge (und nicht erst die bewilligten Nutzungen) veröffentlicht werden sollten, um eine größtmögliche Transparenz in der fachlichen Öffentlichkeit zu erzielen. Tatsächlich beschreibt auch der Wortlaut des 303d Abs. 1 Nr. 6 SGB V ein Register der insgesamt gestellten Anträge und nicht allein der genehmigten Anträge. Auch ist die Begrenzung der obligatorischen Angaben zum Forschungsvorhaben auf dessen Titel durch den Wortlaut der Norm nicht geboten. Vielmehr sollte auch eine inhaltliche Kurzdarstellung des Vorhabens und eine Beschreibung der Methodik abgefragt werden. Dies trägt durch die Vermeidung von Doppelstudien zur Effizienz des Wissenschaftssystems und der Ressourcennutzung des Datentransparenzverfahrens bei, macht die Wissenschaftscommunity auf weitergehende Forschungsmöglichkeiten mit den Datensätzen des Forschungsdatenzentrums aufmerksam und fördert die vertrauensstiftende Transparenz gegenüber Versicherten und Patientenverbänden.
Wir schlagen daher vor,
a. in § 10 Abs. 1 vor das Wort „bewilligter“ die Wörter „gestellter und“ einzufügen.
b. in § 10 Abs. 1 als Nr. 3 zu ergänzen: „3. Eine Kurzdarstellung des Vorhabens und dessen Methodik“. Die bisherige Nummer 3 wird zur Nummer 4.
5. § 11 Datenbereitstellung
Nach guter wissenschaftlicher Praxis ist sicherzustellen, dass publizierte Forschungsergebnisse durch unabhängige Dritte überprüf- und reproduzierbar sind. Entsprechend sind die der Publikation zu Grunde liegenden Forschungsdaten in geeigneter Weise zu dokumentieren und zu archivieren. Im Rahmen des Datentransparenzverfahrens ist es den Nutzungsberechtigten nicht möglich, die Ihnen zugänglich gemachten Daten bzw. die der Auswertung mittels Programmen nach § 9 Abs. 2 DaTraV neu zu Grunde liegenden Daten, ihrerseits an Forschungsdatenarchive oder -repositorien zu übergeben. Daher muss das Forschungsdatenzentrum selbst im Sinne der FAIR-Kriterien (Findable, Accessible, Interoperable, Re-Usable) sicherstellen, dass die einzelnen ausgelieferten Datensätze auffindbar bleiben, bzw. deren Generierung reproduzierbar bleibt.
Wir schlagen daher vor, einen neuen Absatz 5 an § 11 DaTraV neu anzufügen:
„(5) Das Forschungsdatenzentrum stellt zur Gewährleistung der guten wissenschaftlichen Praxis sicher, dass die zu den einzelnen bewilligten und im Antragsregister nach § 10 auffindbaren Anträgen bereitgestellten Daten sowie die hierzu genutzten Auswertungsprogramme nach § 9 Abs. 2 bis zum Erreichen der gesetzlichen Höchstspeicherdauer verfügbar bzw. reproduzierbar bleiben und bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 9 erneut bereitgestellt werden können.“
6. § 14 Evaluation und Weiterentwicklung; Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten (§ 303d Abs. 2 SGB V)
Wir begrüßen ausdrücklich die in § 14 DaTraV neu vorgesehene regelmäßige Evaluation und Fortentwicklung des Datentransparenzverfahrens. Damit ist gewährleistet, dass die DaTraV iterativ an die im Regelkreis des SGB zur Verfügung stehenden Daten und den technischen Fortschritt, etwa in Hinblick auf das verteilte Rechnen, angepasst werden kann. Auch kann auf etwaig aufgetretene Schwierigkeiten im Antragsverfahren, der Datenbereitstellung oder der Datenqualität flexibel reagiert werden. Sowohl der gewählte Evaluationszeitraum von drei Jahren als auch die Evaluationsgegenstände sind sachgerecht.
Entscheidend für den Erfolg des novellierten Datentransparenzverfahrens und des neu geschaffenen Forschungsdatenzentrums ist dabei die Nutzerorientierung. Die Nutzungsberechtigten müssen in die Lage versetzt werden, aus dem bereitgestellten Datenkranz in bestmöglicher Qualität und auch größerer Quantität als in der Vergangenheit neue Erkenntnisse zu generieren.
Deshalb hat der Gesetzgeber bereits auf gesetzlicher Grundlage in § 303d Abs. 2 SGB V vorgesehen, einen Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten einzurichten. Mit der Regelung soll es Nutzungsberechtigten ermöglicht werden, in einem partizipativen Prozess an der Ausgestaltung, Weiterentwicklung und Evaluation des Datenzugangs mitzuwirken. In der Praxis wurde diese Funktion bislang auf Initiative der Nutzungsberechtigten und im Benehmen mit dem DIMDI durch den bei der TMF angesiedelten Arbeitskreis Versorgungsdaten wahrgenommen. Der AK Versorgungsdaten hat bislang in einem konstruktiven Miteinander wertvolle Hinweise zur Weiterentwicklung des Datentransparenzverfahrens erarbeiten können, die auch in den vorliegenden Verordnungsentwurf Eingang gefunden haben. Diese erfolgreiche Arbeit gilt es fortzusetzen. Daher sieht auch die Gesetzesbegründung vor, dass das Forschungsdatenzentrum eine wissenschaftliche Einrichtung mit der Organisation des Arbeitskreises beauftragen kann. Die für die Geschäftsstellentätigkeit und Vorhaltung von Kommunikationsplattformen und Internetpräsenz entstehenden Aufwände in Höhe von rund 190 T€ in den ersten beiden Aufbaujahren und rund 140 T€ p.a. für den laufenden Betrieb ab dem dritten Jahr wären im Zuge der Beauftragung durch das Forschungsdatenzentrum gegenüber der wissenschaftlichen Einrichtung zu erstatten.
Der vorgelegte Verordnungsentwurf versäumt es bislang, die Expertise des neu institutionalisierten Arbeitskreises nach § 303d Abs. 2 SGB V in Hinblick auf die Verordnungsgegenstände aus § 303a Nr. 3-6 einzubinden und die Voraussetzungen für dessen Tätigkeit im Rahmen der Verordnungsermächtigung nach § 303a Abs. 4 Nr. 7 SGB V zu schaffen.
Der AK wäre zwingend im Rahmen von § 14 Evaluation und Weiterentwicklung zu nennen. Darüber hinaus sollte er auch bei der Festlegung des Pseudonymisierungsverfahrens und der virtuellen Nutzungsumgebung für die pseudonymisierten Einzeldatensätze gehört werden.
Wir schlagen daher vor, die Expertise des Arbeitskreises der Nutzungsberechtigten wie folgt einzubinden:
- § 5 Abs. 2 DaTraV: Die Festlegung des konkreten Pseudonymisierungsverfahrens ist entscheidend, um die gesetzlich vorgesehene, periodenübergreifende Verknüpfbarkeit der Datensätze auch bei Krankenkassenwechseln u.Ä. sicherzustellen. Die Nutzungsberechtigten verfügen in der Regel über langjährige Expertise in der periodenübergreifenden Zusammenführung pseudonymisierter Einzeldaten und können wichtige Hinweise zur Praktikabilität und auch zu Reidentifikationsrisiken der konkreten Ausgestaltung des Pseudonymisierungsschlüssels geben.
- § 11 Abs. 2: Die Ausgestaltung der konkreten technischen Plattform für die Nutzung pseudonymisierter Einzeldatensätze ist entscheidend für die Aufwände der Forschenden und die konkrete methodische Ausgestaltung von Forschungsvorhaben. Die Nutzungsberechtigten können wertvolle Hinweise zu gängigen technischen Auswertungsplattformen und vorzuhaltender Softwareausstattung geben.
- § 14: Schon ausweislich des Wortlautes des Gesetzes sollen die Nutzungsberechtigten mit ihren Erfahrungen und Bedarfen an der Weiterentwicklung und Evaluation des Datentransparenzverfahrens beteiligt werden. Dem dient eine Benehmensherstellung zwischen Forschungsdatenzentrum und dem gesetzlichen Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten zu dem für die Weiterentwicklung des Datentransparenzverfahrens ausschlagegebenden Evaluationsbericht.
Daher schlagen wir nachfolgende Ergänzungen vor:
a. In § 5 Abs. 2 wird ein S. 3 angefügt „Dem Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten nach § 303d SGB V ist vor der Herstellung des Einvernehmens Gelegenheit zur fachlichen Stellungnahme zu geben.“
b. In § 11 Abs. 2 werden in S. 3 hinter dem Wort „Forschungsdatenzentrum“ die Wörter „im Benehmen mit dem Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten nach § 303d Abs. 2 SGB V“ eingefügt.
c. In § 14 wird vor S. 3 eingefügt „Die Berichterstattung erfolgt im Benehmen mit dem Arbeitskreis der Nutzungsberechtigten nach § 303d Abs. 2 SGB V.
Weiterhin ist die Vorschrift zur Kostenerstattung in § 12 Abs. 1 S. 4 wie folgt zu ergänzen: Hinter dem Wort „Sachkosten“ ist einzufügen „sowie die Kosten für die Beauftragung einer wissenschaftlichen Einrichtung mit der Organisation des Arbeitskreises der Nutzungsberechtigten nach §303d Abs. 2 SGB V“ . Die Aufwandsschätzungen des Verordnungsentwurfes sind entsprechend anzupassen.