Stellungnahme zu dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit für einen Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften
Berlin / Köln, 11. Januar 2016. Stellungnahme des Netzwerks der Koordinierungszentren für Klinische Studien (KKS-Netzwerk), des MFT Medizinischer Fakultätentag e.V., des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD), der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) e.V.
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Wir danken dem Bundesministerium für Gesundheit für die Möglichkeit, zu dem Referentenentwurf für ein Viertes Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften Stellung nehmen zu können.
Insgesamt halten wir die vorgeschlagenen Regelungen, insbesondere im Hinblick auf das neue Verfahren und das damit verbundene Zusammenspiel von Bundesoberbehörden und Ethik-Kommissionen, für sinnvoll und gut geeignet, die gute Positionierung des Standorts Deutschland im Bereich der klinischen Forschung zu bewahren und möglicherweise auszubauen.
An einigen Stellen halten wir jedoch Nachbesserungen in dem Referentenentwurf noch für erforderlich, und zwar insbesondere in folgenden Punkten:
1. Klinische Prüfungen bei nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen / Cluster-randomisierte klinische Prüfungen
Wir bitten das Ministerium, nochmals zu überdenken, ob von der Möglichkeit, national strengere Regelungen in nachfolgenden Bereichen vorzusehen, wirklich Gebrauch gemacht werden muss, und zwar
a) bei den Regelungen zu § 40b Absatz 4 für klinische Prüfungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen im Sinne des Artikels 2 Nummer 19 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Allein bedingt durch die demografische Entwicklung wird es künftig immer wichtiger werden, neue therapeutische Optionen für Patienten zu entwickeln, die in diese Patientengruppe fallen. Aber auch Patienten mit besonders schweren und akuten Erkrankungen – beispielsweise im Bereich der Intensivmedizin –fallen in diese Gruppe. Auch hier kann Forschung essentielle Verbesserungen bewirken. Einer vorsichtigen Öffnung unter strengen Kautelen, wie sie bereits bei Minderjährigen praktiziert wird, und die eine Abwägung und Entscheidung im Einzelfall vorsieht, halten wir besonders im Sinne der betroffenen Patientengruppe für adäquater.
b) bei clusterrandomisierten klinischen Prüfungen. Anwendungsfälle haben uns davon überzeugt, dass eine Öffnung – unter den vorgesehenen sehr strengen Bedingungen des Artikels 30 der Verordnung (EU) 536/2014 – auch hier sinnvoll sein kann.
2. Regelungen zur Versicherung klinischer Prüfungen
Wir bedauern außerordentlich, dass man sich – trotz des sehr geringen Risikos für die Bundeskasse – nicht dazu durchringen konnte, einen nationalen Entschädigungsfonds für akademisch initiierte klinische Prüfungen einzurichten. Wissenschaftsinitiierte klinische Studien, bei denen der Nutzen für den Patienten und die Optimierung der Therapie im Mittelpunkt des Interesses stehen, sollten als gesellschaftliche Aufgabe zur gesundheitlichen Daseinsfürsorge angesehen werden. Deshalb sollte unserer Auffassung nach eine Absicherung der Patienten / Probanden durch die öffentliche Hand erfolgen.
Davon abgesehen müssen jedoch die Formulierungen der Verordnung (EU) 536/2014 wörtlich übernommen werden. Dies ist derzeit weder in § 40 a Satz 1 Nr. 3, noch in § 40 a Satz 3 (minimalinterventionelle Studien) der Fall. Unseres Erachtens hat der Gesetzgeber zwar Spielraum, welches Verfahren zur Entschädigung gemäß Artikel 76 Verordnung (EU) 536/2014 gewählt wird, jedoch keinen Ermessensspielraum bei der Formulierung der abzudeckenden Schäden. Die Art der Formulierung ist aber von großer Bedeutung, da beispielsweise die mit dem zweiten Änderungsgesetz geplante Erleichterung für Studien mit zugelassenen Arzneimitteln im zugelassenen Anwendungsbereich aufgrund der damals durch den Gesetzgeber gewählten Formulierung nicht gegriffen hat.
3. Qualifikationsnachweise im Genehmigungsverfahren
Die Begriffe Hauptprüfer und Prüfer werden in unseren Augen in der Verordnung (EU) 536/2014 nicht immer entsprechend der ihnen eigentlich zuzuordnenden Aufgaben verwendet. Dies sollte daher baldmöglichst per Rechtsverordnung präzisiert werden. Ungeachtet dessen sollte in der nationalen Umsetzung möglichst dafür Sorge getragen werden, dass die Qualifikation des Prüfungs(Prüfer)teams im Genehmigungsverfahren nicht dadurch nachzuweisen ist, dass von allen Prüfern ein aktueller Lebenslauf zu übermitteln ist. Dies würde den bürokratischen Aufwand enorm erhöhen, der durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften 2012 reduziert wurde. Andererseits muss aber sichergestellt werden, dass alle ärztlichen Mitglieder eines Prüfungs(Prüfer)teams über die Teilnahme an der klinischen Prüfung aufklären, Aufzeichnungen führen und unerwünschte Ereignisse melden können.
4. Besetzung der Ethik-Kommissionen
Wir erachten es für wichtig, statistische Expertise bei der Besetzung der Ethik-Kommission zu ergänzen. Für nicht erforderlich erachten wir demgegenüber, dass an der Geschäftsstelle einer Ethik-Kommission selbst zumindest eine Person mit juristischer Ausbildung tätig sein muss (vgl. Begründung, Seite 38 zu § 41, Nummer 5).
5. Gebühren für das Genehmigungsverfahren für akademisch initiierte klinische Prüfungen
Wir konnten keine Hinweise dazu finden, ob Reduktionen in den Gebühren für akademische Sponsoren geplant sind. Wir möchten an den Gesetzgeber appellieren, von dieser in der EU-VO ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, um die akademische klinische Forschung und deren wichtigen Beitrag für die Versorgung der Patienten zu unterstützen.
6. Erfüllungsaufwände
Auf die universitären Standorte kommen durch die erforderlichen strukturellen Maßnahmen bei Ethik-Kommissionen einige finanzielle Belastungen zu. Hier erachten wir die kalkulierten Werte für den Erfüllungsaufwand (insbesondere den jährlichen Erfüllungsaufwand) als zu gering angesetzt. Darüber hinaus kommen auf akademische Sponsoren erhebliche Kosten für strukturelle Anpassungen zur Erfüllung der neuen Prozesse zu, die im Entwurf noch nicht berücksichtigt wurden.
7. Änderungen der Röntgen- bzw. Strahlenschutzverordnung
Von entscheidender Bedeutung nicht nur für den Standort, sondern besonders auch für die Versorgung schwer kranker Patienten mit innovativen Therapiemöglichkeiten, ist eine auf die Verordnung (EU) 536/2014 und das nationale Durchführungsgesetz abgestimmte Ausgestaltung der Regelungen für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln, die gleichzeitig unter die Röntgen- und/oder Strahlenschutzverordnung fallen. Hier müssen schnellstmöglich verbindliche Fristen eingeführt werden, die im Falle von klinischen Prüfungen, die unter die Regelungen des Arzneimittelgesetzes fallen, mit den Fristen der Verordnung (EU) 536/2014 kompatibel sind. Leider fehlen hierzu im Entwurf noch die entsprechenden Angaben. Da wir diesen Punkt für ganz wesentlich erachten, gehen wir darauf ausführlich in unseren Ausführungen zu Artikel 7 und 8 des Referentenentwurfs ein.
Anregen möchten wir, aus Gründen der leichteren Lesbarkeit zu prüfen, ob Passagen der Verordnung (EU) 536/2014, auf die im vorliegenden Referentenentwurf lediglich verwiesen wird, direkt in das Arzneimittelgesetz aufgenommen werden sollten. Für den Rechtsanwender stellt es bei der Lektüre von Gesetzen eine erhebliche Erleichterung dar, wenn auf eine Verweisungstechnik weitgehend verzichtet wird.
Unsere Kommentare im Einzelnen:
E. 2b Erfüllungsaufwand der akademischen Sponsoren (neu)
Es wurde bisher kein Erfüllungsaufwand für akademische Sponsoren kalkuliert. Zwar entfällt ein Teil der bisherigen Aufgaben im Genehmigungsprozess zukünftig, neue Aufgaben und Verantwortungsbereiche erfordern jedoch Personal und Strukturen in der Umsetzung, um die knappen Fristen im Genehmigungsverfahren und die Meldeverpflichtungen erfüllen zu können. Für die entsprechenden Umstellungen der Prozesse fallen in den Fachbereichen Datenmanagement, Informationstechnologie, Projektmanagement und Qualitätsmanagement entsprechende Mehrarbeiten an. Hier sind zusätzliche Personalmittel notwendig, an Sachkosten sind pro Jahr 10.000 € zu veranschlagen für Hardware, Software und Lizenzgebühren. Wir erachten daher in einer ersten Schätzung je Medizinischer Fakultät Aufwände in Höhe von ca. 150.000 € pro Fakultät pro Jahr – zumindest als Anschub für die ersten zwei Jahre für das Aufsetzen der neuen Prozesse – für realistisch.
E. 3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Wir halten den insgesamt auf Deutschland gerechneten Erfüllungsaufwand für zu gering angesetzt. Bereits jetzt beteiligen sich 24 Ethik-Kommissionen an dem Pilotprojekt von Bundesoberbehörden und Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn in der Gesetzesbegründung davon ausgegangen wird, dass die meisten Ethik-Kommissionen bereits über Personal für die Erfüllung ihrer derzeitigen Aufgaben verfügen, werden deren Aufgaben deutlich zunehmen. Auf die Zahl von 24 Ethik-Kommissionen gerechnet (die sich sicher noch erhöht), ergeben sich weniger als 40.000 € pro Ethik-Kommission, wodurch sich maximal ein nichtwissenschaftlicher Mitarbeiter zusätzlich finanzieren lässt. Eine funktionierende Geschäftsstelle wird allerdings in dem Gesetz zu Recht als Voraussetzung für eine Registrierung angesehen.
Der Erfüllungsaufwand sollte gemeinsam mit den Ethik-Kommissionen und den Medizinischen Fakultäten festgestellt werden. Der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in Deutschland hat hierzu bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
Artikel 1 Anpassung des Arzneimittelgesetzes an die EU-Verordnung
§ 4 Sonstige Begriffsbestimmungen
§ 4 Absatz 25
„Prüfer ist ein solcher im Sinne des Artikel 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist einer im Sinne des Artikel 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.“
Die Begriffe Hauptprüfer und Prüfer werden in der Verordnung (EU) 536/2014 nicht immer entsprechend der ihnen eigentlich zuzuordnenden Aufgaben verwendet und sollten daher baldmöglichst per Rechtsverordnung angepasst werden. Ungeachtet einer solchen Änderung auf EU-Ebene sollte in der nationalen Umsetzung möglichst dafür Sorge getragen werden, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Qualifikation des Prüfungs(Prüfer)teams nicht dadurch nachzuweisen ist, dass von allen Prüfern ein aktueller Lebenslauf zu übermitteln ist. Der damit verbundene bürokratische Aufwand hatte im Jahr 2012 zur Änderung der entsprechenden Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes im Rahmen des Zweiten Änderungsgesetzes geführt. Die Qualifikation der Prüfer kann und sollte im Studienverlauf anhand der Lebensläufe kontrolliert und überwacht werden. Es sollte zudem darauf geachtet werden, dass eine entsprechende Regelung auf nationaler Ebene es allen ärztlichen Mitgliedern eines Prüfungs(Prüfer)teams erlaubt u.a. die Probanden/Patienten über die klinische Prüfung aufzuklären und unerwünschte Ereignisse bewerten und melden zu können.
Weitere Anmerkung zur Thematik der Qualifikationsnachweise:
Wir erachten es für sehr wichtig, dass es bis zum Zeitpunkt der Geltung der Verordnung (EU) 536/2014 zu einer Einigung unter den Mitgliedstaaten bezüglich der Auslegung des Kapitels M in Anhang I (Eignung des Prüfers) kommt, wobei eine Änderung der Vorgaben wünschenswert wäre.
§ 33 Gebühren und Auslagen
§ 33 Absatz 1
Gemäß Artikel 86 Verordnung (EU) 536/2014 können die Mitgliedstaaten geringere Gebühren für nichtkommerzielle klinische Prüfungen festlegen. Da die Finanzierung wissenschaftsinitiierter klinischer Prüfungen teilweise problematisch ist, plädieren wir dafür, solche geringeren Gebühren für wissenschaftsinitiierte klinische Prüfungen in Absatz 1 oder 2 bzw. in der noch zu erstellenden Verwaltungsvorschrift mit Zustimmung des Bundesrats zu verankern. Dies ist in unseren Augen allein auch deshalb sinnvoll, weil die an dem Verfahren beteiligten Ethik-Kommissionen Einrichtungen der Länder sind.
§ 40 Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung
§ 40 Absatz 5
Es wäre unseres Erachtens wichtig zu regeln, wie Informationen aus Inspektionen der Bundesoberbehörden bzw. Landesbehörden oder auch Behörden anderer europäischer Länder in die Bewertung der Eignung von Hauptprüfer bzw. Prüfstelle einfließen können.
§ 40a Voraussetzungen für die klinische Prüfung
§ 40a Satz 1 Nr. 3
„Entsprechend der Gesetzesbegründung wird mit Nummer 3 Buchstaben a bis c die bisherige Rechtslage nach § 40 Absatz 1 Satz 3 Nummer 8 beibehalten. Der nationale Regelungsspielraum ergibt sich gemäß Gesetzesbegründung aus Artikel 76 Absatz 1 der EU-Verordnung.“
Wie bereits eingangs dargelegt, bedauern wir sehr, dass in Deutschland kein nationaler Entschädigungsfonds eingerichtet wird. Es gibt bereits europäische Länder, in denen ähnliche Konstrukte sehr gut funktionieren. Die Bundesregierung hat hier von ihrem Regelungsspielraum Gebrauch gemacht und sieht statt eines nationalen Entschädigungsfonds eine Probandenversicherung vor. Kein Spielraum ergibt sich aber unseres Erachtens in den Formulierungen dazu, welche Schäden abzudecken sind. Wir halten daher eine sprachliche Nachbesserung an dieser Stelle für unabdingbar, vor allem, um unterschiedliche Absicherungen innerhalb Europas und damit auch unterschiedliche Risikobewertungen und Versicherungsprämien für eine klinische Prüfung zu vermeiden.
Der derzeitige Wortlaut im AMG, der entsprechend Referentenentwurf beibehalten werden soll, lautet:
- „für den Fall, dass bei der Durchführung einer klinischen Prüfung…“.
Die Formulierung in der EU-VO 536/2014 lautet:
- „…Verfahren zur Entschädigung für jeden Schaden, der einem Prüfungsteilnehmer durch seine Teilnahme an einer klinischen Prüfung…“.
Wir halten dies nicht nur für eine semantische Frage: Entsprechend der derzeitigen Formulierung im Arzneimittelgesetz sind mit der Probandenversicherung auch Risiken zu versichern, die nicht durch studienbedingte Maßnahmen hervorgerufen werden, sondern von Maßnahmen herrühren, die am Patienten auch ohne seine Teilnahme an einer klinischen Prüfung durchgeführt worden wären (z. B. eine Operation). Ein nicht aus den studienbedingten Maßnahmen resultierender Schaden, der im Verlauf der klinischen Prüfung auftritt, wäre aber eigentlich der Krankenbehandlung, und nicht der klinischen Prüfung zuzurechnen. Das heißt, es werden durch die Probandenversicherung grundsätzlich auch Schäden aus der Standardbehandlung und aus anderen, nicht studienbedingten Interventionen abgedeckt, die eigentlich im Rahmen von Haftpflicht entschädigt werden könnten. Die Prämien für die Probandenversicherung bei klinischen Prüfungen haben sich in Deutschland im Verhältnis zu dem abzusichernden Risiko durch die Teilnahme an der klinischen Prüfung und im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern bisher als relativ hoch erwiesen und stellen bei multinationalen klinischen Prüfungen öfter ein Problem dar.
Der Unterschied in der Formulierung könnte dazu führen, dass in Deutschland andere Risiken abzusichern sind, als in anderen europäischen Ländern. Die Formulierung im AMG sollte daher der Formulierung in der Verordnung (EU) 536/2014 wörtlich entsprechen.
§ 40a Absatz 3:
Auch hier sieht der Gesetzgeber vor, den derzeitigen Wortlaut im AMG in Teilen beizubehalten. Diese Teile stimmen jedoch nicht mit der Formulierung der EU-Verordnung überein.
Vorgeschlagene Formulierung im Referentenentwurf:
- „Einer Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 bedarf es nicht bei einer minimalinterventionellen klinischen Prüfung nach Artikel 2 Absatz 2 Nummer 3 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, soweit eine anderweitige Versicherung für Prüfer und Sponsor besteht.“
Formulierung in der EU-VO 536/2014:
- „…verlangen vom Sponsor für minimalinterventionelle klinische Prüfungen keine zusätzliche Anwendung des Verfahrens gemäß Absatz 1, wenn alle Schäden, die einem Prüfungsteilnehmer aus der Anwendung des Prüfpräparats…entstehen könnten, durch das bereits vorhandene anwendbare Entschädigungssystem abgedeckt sind“ (Artikel 7, Abs. 1g/ Artikel 76, Abs. 3 /Anhang I Kapitel O)
Eine Anpassung der vorgeschlagenen Formulierung an die Formulierung der Verordnung (EU) 536/2014 ist unbedingt erforderlich, da der Gesetzgeber die Verordnung in ihrem Wortlaut übernehmen muss. Zudem sollte hier bedacht werden, dass die im Referentenentwurf vorgeschlagene Formulierung aus dem derzeit gültigen Gesetzestext des Arzneimittelgesetzes übernommen wurde, der nicht zu der gewünschten – dem Risiko der klinischen Prüfung entsprechenden – Entlastung bei minimalinterventionellen, meist wissenschaftsinitiierten klinischen Prüfungen geführt hat.
Bei minimalinterventionellen klinischen Prüfungen sollten eventuelle Schäden durch die Anwendung des Prüfpräparats durch die Produkthaftung abgedeckt sein, so dass ein separater Nachweis von Versicherungen oder sonstiger Deckung für Schadenersatz (siehe Anhang I Kapitel O) nicht erforderlich sein sollte. Es ist jedoch klarzustellen, ob dies auch gilt, wenn der Einsatz eines Prüfpräparates im off-label-Bereich (z. B. ein Großteil der klinischen Prüfungen mit Minderjährigen) bei dokumentierter Evidenz zur Wirksamkeit (in Deutschland oder in anderen Mitgliedstaaten) erfolgt.
§ 40b Besondere Voraussetzungen für die Einwilligung
§ 40b Absatz 2
„Die betroffene Person ist durch einen Prüfer, der Arzt oder, bei einer zahnmedizinischen Prüfung, Zahnarzt ist, im Rahmen des Gesprächs nach Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 aufzuklären.“
Den Arztvorbehalt begrüßen wir, wir halten es jedoch für sinnvoll, sich auch an dieser Stelle an den exakten Wortlaut der Verordnung (EU) 536/2014 zu halten und festzulegen, dass die Aufklärung durch ein ärztliches Mitglied des Prüfungsteams erfolgen muss. Insbesondere für den Fall, dass noch Einschränkungen dazu vorgenommen werden, wer als Prüfer gilt, ist die Formulierung der EU-Verordnung vorzuziehen, damit alle ärztlichen Mitglieder des Prüfungsteams die Aufklärung der Patienten vornehmen dürfen.
§ 40b Absatz 4
„Eine klinische Prüfung darf an einer nicht einwilligungsfähigen Person im Sinne des Artikel 2 Nummer 19 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 nur durchgeführt werden, wenn wissenschaftliche Gründe vorliegen, die erwarten lassen, dass die Teilnahme an der klinischen Prüfung einen direkten Nutzen für die betroffene Person zur Folge hat, der die Risiken und Belastungen einer Teilnahme an der klinischen Prüfung überwiegt.“
In § 40 b Absatz 4 wurde von der Möglichkeit, national strengere Regelungen vorsehen zu können, Gebrauch gemacht. Gemäß Verordnung (EU) 536/29014 wäre eine gruppennützige Forschung bei nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen unter strengen Bedingungen möglich, wenn ein direkter Zusammenhang zu der lebensbedrohlichen Krankheit/Invalidität besteht und die klinische Prüfung nur mit minimalen zusätzlichen Risiken und Belastungen verbunden ist. Wir wissen, dass aufgrund der Bundestagsentschließung vom 31. Januar 2013 (Drs. 17/12183) und des Beschlusses des Bundesrates vom 12. Oktober 2012 (Drs. 413/12) eine einfache Übernahme der europäischen Regelung durch das Ministerium nicht möglich war. Da wir in diesem Punkt aber eine Änderung für dringend erforderlich halten, bitten wir den Gesetzgeber, diese Frage nochmals grundsätzlich zu überdenken.
Obwohl nicht einwilligungsfähige Personen zweifellos eine besonders zu schützende Personengruppe darstellen, ist nicht nachvollziehbar, warum sich das Schutzniveau für Minderjährige und sonstige nicht einwilligungsfähige Personen unterscheiden soll. Dies ist umso unverständlicher, als beispielsweise Personen, die erst im Rahmen der Erkrankung oder aufgrund ihres Alters ihre Einwilligungsfähigkeit einbüßen, auch dann nicht in eine Prüfung einbezogen werden können, wenn dies ihrem mutmaßlichen Willen entsprechen würde. Forschung zur Diagnostik und Therapie ist auch und insbesondere in den Indikationsbereichen notwendig, in denen die Patienten oftmals nicht einwilligungsfähig sind, um Erkenntnisse über deren spezifischen Krankheiten zu gewinnen und die Behandlungsoptionen dieser Personengruppe zu verbessern.
Die Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Personen stellt gesellschaftlich eine große Herausforderung dar. Unter dem Aspekt des demografischen Wandels geht es hierbei zum einen um die Behandlung älterer Menschen und die Therapie psychisch kranker Patienten. Andere schwere Erkrankungen können ebenfalls dazu führen, dass Patienten temporär nicht einwilligungsfähig sind. Insbesondere im intensivmedizinischen Kontext sei hier auf die dringend notwendige Forschung zur Therapie von Infektionen mit multiresistenten Erregern verwiesen. Auch diese Patienten dürfen nicht generell vom medizinischen Fortschritt ausgeschlossen werden, sondern deren Teilnahme an einer klinischen Prüfung zum Nutzen der Gruppe der Erkrankten sollte der Bewertung der Ethik-Kommission im Einzelfall überlassen bleiben. Der grundrechtlich geforderte Schutzstandard für diese Patientengruppe ist unseres Erachtens durch die Verordnung (EU) 536/2014 gewährleistet.
Wir schlagen daher vor, auch bei dieser Personengruppe eine gruppennützige Forschung zu ermöglichen, sofern diese nur mit minimalen Belastungen und Risiken verbunden ist und keinen Gebrauch von der in Artikel 31, Absatz 2 Verordnung (EU) 536/2014 eingeräumten Möglichkeit, strengere nationale Regelungen einzuführen, zu machen. Wir denken, dass eine gruppennützige Forschung entsprechend den strengen Vorgaben von Art. 31 Absatz 1 Buchstabe f und g Verordnung (EU) 536/2014 zur Verbesserung der Behandlungsoptionen für diese Gruppe ebenso möglich sein sollte, wie dies bei Minderjährigen der Fall ist. Die ethische Abwägung im Einzelfall ist nach unserer Meinung an dieser Stelle eher im Sinne der Patienten, als ein genereller Ausschluss dieser Personen von der gruppennützigen Forschung.
Auch der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland hat im Juni 2015 bei seiner Tagung über die Frage diskutiert. Eine Mehrheit der Ethik-Kommissionen hat sich nach unserer Kenntnis ebenfalls dafür ausgesprochen, bei diesen Patienten in sehr engen Grenzen analog zu den Minderjährigen auch die gruppennützige Forschung zu erlauben.
§ 40b Absatz 5
„Die betroffene Person muss schriftlich und ausdrücklich in die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten, insbesondere von Gesundheitsdaten einwilligen. Sie ist über Zweck und Umfang der Erhebung und Verwendung dieser Daten aufzuklären…“
Die in Absatz 5 gewählte Formulierung ermöglicht es nicht, von der in der Verordnung (EU) 536/2014 in Artikel 30 vorgesehenen Regelung für ein vereinfachtes Verfahren für die Einwilligung nach Aufklärung für clusterrandomisierte klinische Prüfungen Gebrauch zu machen, sondern hält für diese klinischen Prüfungen an den strengeren allgemeinen Regelungen fest. Es gibt – wenn auch nur sehr selten – klinische Prüfungen, für die die Regelung, wie sie in die Verordnung (EU) 536/2014 aufgenommen wurde, sinnvoll sein kann. Dabei ist zu beachten, dass ein solch vereinfachtes Verfahren für die Einwilligung nach Aufklärung auch nach den Bestimmungen der Verordnung (EU) 536/2014 nur unter sehr begrenzten Bedingungen möglich ist, und zwar nur dann, wenn
- es sich um eine nationale und minimalinterventionelle klinische Prüfung handelt (die zusätzlichen diagnostischen oder Überwachungsverfahren stellen im Vergleich zur normalen klinischen Praxis in dem betroffenen Mitgliedstaat nur ein minimales zusätzliches Risiko bzw. eine minimale zusätzliche Belastung für die Sicherheit der Prüfungsteilnehmer dar)
und
- die bereits zugelassenen Prüfpräparate gemäß den Bedingungen der Zulassung verwendet werden. Die einzige Intervention besteht in der Zuteilung zu einer der Behandlungsgruppen.
Eine Regelung, wie in der Verordnung (EU) 536/2014 vorgesehen, könnte beispielsweise im Bereich der Hygienemedizin sinnvoll sein. So würde bei Maßnahmen zur Keimreduktion bzw. Infektionsprophylaxe, die auf Stationsebene erfolgen sollen, durch die Einbindung nur einzelner Patienten einer Station anstatt der gesamten Patienten der Station als Cluster eine künstliche Situation geschaffen, die in der Folge die Aussage der klinischen Prüfung verfälschen würde. Als Beispiel sei folgendes Forschungsprojekt angeführt:
Ziel der klinischen Prüfung ist es, zu untersuchen, ob der Einsatz von Waschlappen, die mit einem antiseptischen Wirkstoff (in einem Fall zugelassen als Arzneimittel) getränkt sind, bei Patienten auf Intensivstationen, die einen zentralen Venenkatheter haben, zu einer Reduktion der Inzidenz Katheter-bedingter Sepsis führt. Das Design ist cluster-randomisiert (teilnehmende Station als Cluster), cross-over und Placebo-kontrolliert (Waschlappen ohne Wirkstoff). Es werden nur aggregierte Daten erhoben, die in den Hygiene-Abteilungen unabhängig von der klinischen Prüfung routinemäßig anfallen. Es werden explizit keine Einzeldaten von Patienten benötigt.
Die klinische Prüfung ist nur sinnvoll, wenn alle Patienten einer Station gleich gepflegt werden. Würden nur einzelne Patienten einer Station teilnehmen, wäre das Ergebnis nicht auf eine Situation, in der alle Patienten mit Waschlappen gewaschen würden, übertragbar (andere Keimverteilung auf der Station). Uns ist bewusst, dass es sich bei der in der Verordnung (EU) 536/2014 vorgesehenen Möglichkeit um einen Paradigmenwechsel handelt und es daher aus nachvollziehbaren Gründen große Vorbehalte gibt, die in der Verordnung (EU) 536/2014 vorgesehene Regelung für eine vereinfachte Aufklärung für clusterrandomisierte klinische Prüfungen für Deutschland zu übernehmen. Sollten wir uns auf nationaler Ebene entschließen – wofür wir aufgrund der Beispiele plädieren – die europäische Regelung zu übernehmen, dann sollten im Durchführungsgesetz ergänzende Regelungen aufgenommen werden, die sicherstellen, dass dies nur unter sehr restriktiven Bedingungen erfolgt. Dazu können z.B. gehören: Hinweis im Anschreiben; detaillierte Darlegung der Notwendigkeit des Verfahren und der Gründe, aus denen das übliche Verfahren der Einwilligung nicht durchführbar ist; Hinweis von Bundesoberbehörde und Ethik-Kommission in der Genehmigung der clusterrandomisierten Prüfung, die sicherstellt, dass dieser Punkt bei der Genehmigung besonders geprüft wurde, obligatorische Einbindung von Patientenvertretern in Design und Gestaltung des Aufklärungsprozedere etc.
§ 41 Registrierungsverfahren für Ethik-Kommissionen
§ 41 Absatz 1 Satz 1
Der Referentenentwurf lässt offen, wer den Antrag auf Registrierung bei der zuständigen Ethik-Kommission stellt. Die Antragsbefugnis sollte den Trägern (Länder, Ärztekammern oder Universitäten) der öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen zustehen, da diese für die Ausstattung und Finanzierung der Ethik-Kommissionen Sorge zu tragen haben.
Die Verantwortungsbereiche für die Registrierung der Ethik-Kommissionen und die Antragsbearbeitung könnten innerhalb des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) getrennt werden, um den vielfach in den letzten Monaten geäußerten Bedenken des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen Rechnung zu tragen. Denkbar wäre auch eine Registrierung durch die Zentrale Stelle der Länder für Gesundheitsangelegenheiten (ZLG) im Benehmen mit den zuständigen Bundesoberbehörden (BfArM/PEI)
§ 41 Absatz 1 Nr. 1 – 3
Handelt es sich wirklich um die Vorlage „rechtlicher“ Dokumente, oder sollte das Wort „rechtlich“ besser gestrichen werden?
§ 41 Absatz 1 Nr. 2
„… Beteiligung von je mindestens einem Juristen mit der Befähigung zum Richteramt, einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, drei Ärzten, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen sowie einem Laien sicherstellen,…“
Wir erachten es für sinnvoll, ebenfalls die Beteiligung eines Studienstatistikers (Biometrikers) vorauszusetzen, auch wenn sie von der Verordnung (EU) 536/2014 nicht gefordert ist. Dies ergibt sich unseres Erachtens bereits aus der Zuständigkeit für die Bewertung der in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b genannten Aspekte, insbesondere die Beurteilung der „Zuverlässigkeit und Belastbarkeit der im Rahmen der klinischen Prüfung gewonnenen Daten unter Einbeziehung des statistischen Ansatzes, des Aufbaus und der Methodik der klinischen Prüfung“.
Die Rolle eines Studienstatistikers (Biometrikers) wird auch in der international geltenden Guideline ICH E9 (Statistical Principles for Clinical Trials) im Abschnitt 1.2. beschrieben. Und ICH Guideline E6 (GCP) Punkt 3.2.1 fordert zur Besetzung der Ethik-Kommission: „… have the qualification and experience to review and evaluate the science, medical aspects, and ethics of the proposed trial.”
Die Bewertung der Wissenschaftlichkeit („science“) erfordert unserer Ansicht nach unbedingt auch biometrische Expertise, insbesondere, wenn es um eine Einschätzung des Studiendesigns, der geplanten Fallzahl und der gewählten Auswertestrategie geht. Nur mit Hilfe der biometrischen Kompetenz kann sichergestellt werden, dass das Design einer klinischen Prüfung zur Beantwortung der primären Fragestellung im konfirmatorischen Sinn geeignet ist. Da Patienten in jeder klinischen Prüfung einem potentiellen Risiko ausgesetzt werden, ist es eine ethische Forderung, mit der klinischen Prüfung auch für eine entsprechend wichtige Frage eine klare Antwort zu finden. Das statistische Design muss weiterhin sicherstellen, dass die klinische Prüfung im Falle bestehender Risiken schnellstmöglich abgebrochen werden kann, andererseits aber auch, dass im Falle klarer Vorteile der zu prüfenden Therapie diese frühzeitig erkannt werden können und so ein frühes Ende der klinischen Prüfung ermöglicht wird. Ein Design muss Abbruch oder frühzeitiges Ende der klinischen Prüfung so berücksichtigen, dass mit den damit gewonnenen Daten noch wissenschaftlich belastbare Aussagen gewonnen werden können. Der Umgang mit Zwischenauswertungen im Studiendesign benötigt deshalb ebenfalls entsprechende Kompetenz in Versuchsplanung und Statistik. Statistische Kompetenz sollte daher prinzipiell in der Ethikkommission vertreten sein und durch eine Person repräsentiert werden, die praktische Erfahrung als verantwortlicher Studienstatistiker einer klinischen Prüfung nachweisen kann.
§ 41 Absatz 1 Nr. 5 und 6
siehe Kommentar weiter oben.
§ 41 Absatz 3
Es sollte klargestellt werden, dass nicht eine einzige verwirkte Frist zu einem Entzug der Registrierung führt.
§ 41a Verfahrensordnung und Geschäftsverteilungsplan
§ 41a Absatz 1
Die Gebührensätze sollten vereinheitlicht werden (vgl. hierzu Erwägungsgrund 71 der Verordnung (EU) 536/2014). Darüber hinaus sollten die Gebührensätze kostendeckend sein.
Aus Gründen der Planungssicherheit ist es erforderlich, die Gebührensätze zu vereinheitlichen. Darüber hinaus müssen die Sätze kostendeckend sein, um eine angemessene Sach- und Personalausstattung der Geschäftsstelle und Entschädigung ihrer Mitglieder und extern hinzugezogener Sachverständiger zu ermöglichen. Ethik-Kommissionen müssen personell in der Lage sein, die Stellungnahmen und Bewertungsberichte fristgemäß und auf dem Stand der Wissenschaft abzugeben.
§ 41b Stellungnahme der Ethik-Kommission
§ 41b Absatz 1
„Soweit die registrierten Ethik-Kommissionen nach den Vorgaben dieses Gesetzes eine Stellungnahme abzugeben haben, muss diese ein klares Votum im Sinne einer Zustimmung oder einer Ablehnung sowie eine entsprechende Begründung enthalten.“
Hier sollte zusätzlich die Möglichkeit eines Votums unter Auflagen vorgesehen werden, da die Genehmigung der Behörde gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 mit „Auflagen“ versehen werden kann. Dieses dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgende Vorgehen (milderes Mittel als Ablehnung) sollte auch bei Voten der Ethik-Kommission greifen.
§ 42 Ermächtigung
§ 42 Satz 1
„Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung durch den Bundesrates bedarf, eine Bundes-Ethik-Kommission bei den zuständigen Bundesoberbehörden einzurichten. …“
Satz 1 sollte um die Bedingung aus der Begründung, nach der eine Bundes-Ethik-Kommission nur eingerichtet werden soll, sofern nicht ausreichend nach Landesrecht gebildete Ethik-Kommissionen registriert sind, ergänzt werden. Darüber hinaus sollte überlegt werden, wo eine solche Bundes-Ethik-Kommission angesiedelt werden sollte, um das Ziel einer unabhängigen Bewertung zu gewährleisten.
§ 66 Duldungs- und Mitwirkungspflicht
Unseres Erachtens sollte hier besser der Zusatz „und den Prüfer“ gestrichen werden, da nach diesem Einschub die Worte „sowie deren Vertreter“ folgen, und der / die Prüfer bereits Vertreter des Hauptprüfers sind.
Artikel 7 Strahlenschutzverordnung und Artikel 8 Röntgenverordnung
Wir bedauern sehr, dass der Referentenentwurf keine Aussagen dazu enthält, wie die Problematik der Genehmigung klinischer Prüfungen, in denen studienbedingt ionisierende Strahlung eingesetzt wird (entweder aus diagnostischen Gründen wie beispielsweise Röntgenuntersuchungen oder als Prüfungszweck), gelöst werden soll. Unseres Erachtens ist von entscheidender Bedeutung, dass die Verfahren zeitlich aufeinander abgestimmt und bestenfalls auch strukturell miteinander verknüpft werden, um das Ziel, die gute Positionierung des Standorts Deutschland zu bewahren und auszubauen, aber ganz besonders auch das Ziel, schwerkranke Patienten schnellstmöglich mit innovativen Arzneimitteln zu versorgen, erreicht werden kann. Hierzu ist es erforderlich, schnellstmöglich verbindliche Fristen für alle Verfahren, die der Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz obliegen, gesetzlich zu verankern, damit Planungssicherheit für alle Beteiligten erreicht wird. Die Fristen sollten zudem mit einer Genehmigungsfiktion versehen werden, da ein Klageweg bei Nichteinhaltung der vorgegebenen Fristen ohne Genehmigungsfiktion nicht wirklich zu nachhaltigen Änderungen führen würde. Die einzuführenden Fristen sollten für klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln den in der Verordnung (EU) 536/2014 verankerten Fristen entsprechen. Die geänderten gesetzlichen Vorgaben in der Röntgen- und Strahlenschutzverordnung müssen dabei zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten, wie die Änderungen im Arzneimittelgesetz, damit es nicht zu Verzögerungen im Beginn klinischer Prüfungen, die unter beide gesetzlichen Rahmen fallen, kommt.
Wir verweisen an dieser Stelle an den von 39 Organisationen aus dem Bereich der medizinischen Forschung getragenen Vorschlag für gesetzliche Regelungen für die Genehmigung klinischen Prüfungen durch das Bundesamt für Strahlenschutz. Es würde eine ernste Gefährdung der Verfügbarkeit und Zulassung von Innovationen (wie z. B. einer Vielzahl von derzeit in der Entwicklung befindlichen molekularen Substanzen in der Onkologie) bedeuten, wenn weiterhin keine verlässlichen Genehmigungszeiträume eingeführt werden. In bestimmten Indikationsgebieten würden den Patienten damit gleichzeitig mögliche Chancen aus einer alternativen oder spezifischen Therapie verloren gehen, die oftmals auch die letzte therapeutische Möglichkeit darstellt und damit für diese Patienten eine hohe Überlebensrelevanz hat. Wir erlauben uns an dieser Stelle, die Vertreter von Patientenorganisationen unter den 39 Organisationen zu zitieren, die im Verlauf der Erarbeitung der Stellungnahmen darauf hingewiesen haben „wir (die Patienten) haben keine Zeit zu verlieren“.
Die Vorgaben in der Röntgen- und Strahlenschutzverordnung sollten sich an den Vorgaben des Referentenentwurfs und des Pilotprojekts des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte/Paul-Ehrlich-Instituts (BfArM/PEI) und der Ethik-Kommissionen orientieren, damit das Votum des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) im nationalen Votum gemäß Verordnung (EU) 536/2014 berücksichtigt werden kann. Eine Einbindung der Genehmigung des BfS in das nationale Votum würden wir – auch aus Gründen der Klarheit für den Sponsor einer klinischen Prüfung – für wichtig erachten. Dies würde für multinationale klinische Prüfungen zudem ein deutliches Signal setzen und für den Sponsor den Vorteil aufweisen, dass bei Vorliegen der nationalen Genehmigung klar ist, dass die klinische Prüfung in allen Punkten genehmigt ist und begonnen werden kann.
Entsprechend der Vorgaben sollte in die gesetzlichen Regelungen im Bereich Röntgen- und Strahlenschutz aufgenommen werden, dass die eingegangenen Antragsunterlagen innerhalb von 10 Tagen zu validieren sind. Ein Bewertungsbericht soll innerhalb von höchsten 26 Tagen erstellt werden. Wenn die Ethik-Kommissionen, die insbesondere im universitären Bereich zum Teil auf ehrenamtliche Mitarbeiter angewiesen sind bzw. diese Aufgaben zusätzlich zu anderen Dienstaufgaben erledigen müssen, im Rahmen der vorgegebenen Fristen sachgerecht arbeiten können, dann ist es unseres Erachtens legitim, dies bei einer Bundesoberbehörde wie dem BfS ebenso vorauszusetzen. Da sich nach eigenen Mitteilungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Bau (BMUB) die Bewertungszeiträume seit Oktober 2014 bereits wesentlich verkürzt haben und den geforderten Bewertungszeiträumen bereits entsprechen sollen, gehen wir davon aus, dass die rechtsverbindliche Einführung solcher Fristen nur noch einen formalen, wenn auch wichtigen Schritt darstellt.
Wir empfehlen, dass das BfS sich an dem seit Oktober 2015 laufenden Pilotprojekt von BfArM/PEI und Ethik-Kommissionen beteiligt, um gemeinsam mit diesen die neuen Prozesse zu etablieren und „einzuüben“. Eine enge Abstimmung der zuständigen Ministerien und Bundesoberbehörden erachten wir für essentiell, um zukünftig einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen.
Es wäre für uns weder akzeptabel noch nachvollziehbar, sollte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Bau weiterhin der Auffassung sein, dass die Einführung von Fristen beispielsweise für das vollumfängliche Verfahren sachfremd sei. In einem solchen Fall möchten wir auf unseren ursprünglichen Vorschlag zurückkommen, den nationalen Sonderweg zu verlassen und die Genehmigung für klinische Studien mit ionisierender Strahlung ebenfalls vollständig – wie in anderen Ländern üblich – in das Genehmigungsverfahren von BfArM/PEI und/oder Ethik-Kommissionen zu integrieren. BfArM und PEI sowie Ethik-Kommissionen haben – im Gegensatz zum BfS – in der Vergangenheit gelernt, mit verbindlichen Fristen umzugehen und halten diese – unter Einhaltung der Maßgaben des Patientenschutzes – ein.
Eine Klärung dieser Frage im Rahmen der Diskussion des vorliegenden Referentenentwurfs ist daher zentral, damit ggf. entsprechende Regelungen noch aufgenommen werden können.
Darüber hinaus sollten die übrigen Vorschläge der 39 Organisationen zu gesetzlichen Neuregelungen in für die durch die Röntgen- und Strahlenschutzverordnung geregelten Bereiche eingehend auf ihre Umsetzung im Rahmen des geplanten Strahlenschutzgesetzes geprüft werden.
Berlin / Köln, 11. Januar 2016