Gemeinsame Stellungnahme der TMF und des NGFN zum Entwurf eines Gendiagnostikgesetzes (GenDG)
Berlin, 28. Juli 2008. Gemeinsame Stellungnahme der Telematikplattform für medizinische Forschungsnetze (TMF) und des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) zum Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen.
Das im Entwurf vorliegende „Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG)“ stellt biomedizinische Daten mit persönlicher Bedeutung unter besonderen Schutz und soll helfen, daraus ableitbare Diskriminierungs- und Stigmatisierungspotentiale zu vermeiden. Der Gesetzgeber beabsichtigt mit dem GenDG, „die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.“ (§ 1). Die Telematikplattform für medizinische Forschungsnetze (TMF) und das Nationale Genomforschungsnetz (NGFN) begrüßen den Gesetzentwurf und würdigen zugleich, dass dessen Regelungsmaterie auf genetische Untersuchungen „zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im Arbeitsleben" (§ 2, Abs. 1) beschränkt bleiben soll. „Genetische Untersuchungen und Analysen und der Umgang mit genetischen Proben und Daten zu Forschungszwecken“ werden dezidiert aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeklammert mit der Absicht, die Position der genetisch-medizinischen Forschung in Deutschland zu stärken und übergebührliche Behinderungen durch das Gesetz zu vermeiden. Eine eingehende Prüfung des Entwurfs lässt jedoch Zweifel entstehen, ob sich die gewünscht klare Abgrenzung zwischen medizinischer Forschung und Versorgung mit dem Gesetz in seiner jetzigen Form erreichen lässt.
Genetische Forschung wird in der Entwurfsbegründung definiert als „allgemeine Erforschung von Ursachenfaktoren menschlicher Eigenschaften. Sie zielt nicht auf konkrete Maßnahmen gegenüber einzelnen Personen“ (Entwurfsbegründung, S. 33). In vielen Wissenschaftsbereichen ist eine solche Differenzierung zwischen „allgemeiner Erforschung“ und „konkreter Maßnahme“ aber nicht möglich. Gerade in der klinischen und translationalen Forschung bilden individuell angewandte diagnostische - auch gendiagnostische - Verfahren und deren Ergebnisse einen wesentlichen Bestandteil der wissenschaftlichen Vorgehensweise. Nur durch die Betrachtung konkreter Befunde und ihrer Konsequenzen lassen sich neue Erkenntnisse über Wert und Unwert diagnostischer und therapeutischer Verfahren erlangen, insbesondere im Hinblick auf deren Anwendbarkeit auf spezielle Patientenkollektive. In solchen Fällen besteht also gleichermaßen die individuelle Indikation zur (gen)diagnostischen Untersuchung und ein allgemeiner Forschungszweck. Vielfach tritt der Forschungszweck sogar in den Vordergrund¹. Der Entwurf des GenDG lässt offen, ob und wieweit in solchen Situationen die Regelungen greifen sollen, die das Gesetz explizit für genetische Untersuchungen "zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im Arbeitsleben“ vorsieht (Einwilligungen, Möglichkeit der Vernichtung der Proben, qualifizierter Arztvorbehalt etc.).
Neben der konkreten Unsicherheit hinsichtlich seines Geltungsbereichs hinterlässt das geplante GenDG auch den Eindruck, dass es genetischen Untersuchungen eine Sonderstellung zuweist, die sich sachlich unbegründet allein aus der angewandten Analysetechnik ergibt. Der eigentliche Regelungsbedarf im Kontext diagnostischer Verfahren - auch und gerade als Grundlage wissenschaftlicher Forschung - sollte sich aber sinnvoller Weise aus der Eingriffstiefe der Ergebnisse für die betroffenen Personen, dem prädiktiven Wert der Verfahren und aus den davon abhängigen psychischen und sozialen Folgen herleiten. Viele mit genetischen Methoden erhobene Daten haben nämlich eine deutlich geringere Eingriffstiefe und einen erheblich schwächeren prädiktiven Wert als Befunde, die mit nicht-genetischen Methoden erhoben werden. Für letztere liefert die Diagnose von Zystennieren ein eindrucksvolles Beispiel, bei der durch ein bildgebendes Verfahren (Sonographie) eine genetisch bedingte Erkrankung nachgewiesen wird. Man mag den Autoren des Gesetzentwurfs zugute halten, dass eine Festlegung des rechtlichen Regelungsbedarfs in Abhängigkeit der oben genannten Kriterien (Eingriffstiefe etc.) schwierig ist. Eine systematische Ungleichbehandlung genetischer und nicht-genetischer Diagnostik erscheint jedoch ethisch und verfassungsrechtlich noch problematischer. Wenn allein die Methode die Schutzwürdigkeit von Daten bestimmt, führt dies zu einer Benachteiligung der genetischen Forschung gegenüber anderen medizinischen Wissenschaftszweigen. Auch wenn der Bund formal gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 26 GG über die Gesetzgebungskompetenz für eine solche Ungleichbehandlung verfügt, fehlt ihr nach unserer Einschätzung jede fachliche Begründung.
Mit dieser Stellungnahme möchten wir auch unserer Befürchtung Ausdruck verleihen, dass die gesetzlich festgeschriebene, problematisierende Betonung einer Sonderstellung der Genetik gegenüber anderen diagnostischen Verfahren erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung der genetischen Forschung in Deutschland haben dürfte. Sie wird die Bereitschaft von Patienten und Spendern, sich an genetischen Untersuchungen zu beteiligen, ebenso negativ beeinflussen wie den Willen öffentlicher und privater Förderer, solche Forschung zu unterstützen, und die Neigung junger Wissenschaftler, in diesem Wissenschaftsfeld eine Karriereoption zu erblicken. „Akzeptanz für Untersuchungsmethoden wird auch durch Gesetze geschaffen bzw. verhindert.“² Langfristig ist nicht auszuschließen, dass ein negativer Generalverdacht gegenüber der genetischen Forschung die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in einem Schlüsselbereich der medizinischen Wissenschaften gefährdet.
Die folgenden Erläuterungen hinterfragen zunächst noch einmal die Betonung der Sonderstellung genetischer Daten (Abschnitt 1), weisen auf damit zusammenhängende unklare Begrifflichkeiten hin (Abschnitt 2) und beleuchten mögliche Fehl- bzw. Überregulierungen im Gesetzentwurf (Abschnitt 3).
Abschnitt 1: Zur vermeintlichen Sonderstellung genetischer Daten
TMF und NGFN würdigen ausdrücklich das Anliegen des GenDG, zum Schutz der Menschenwürde und zur Stärkung der informationellen Selbstbestimmung (§ 1 GenDG-RE) den Umgang mit sensiblen genetischen Daten verbindlich zu regeln. Die TMF hat dazu in der Vergangenheit selbst zahlreiche Vorschläge (z.B. im Themenbereich „Biobanken“) erarbeitet. Allerdings sehen TMF und NGFN den Wunsch des Gesetzgebers nach besserem Schutz seiner Bürger einseitig umgesetzt, da im Gesetzentwurf (wie schon in seinen Vorläufern) eine Sonderstellung medizinischer Informationen behauptet wird, die durch genetische Untersuchungen zustande kommen.³ Mit der Charakterisierung genetischer Daten als identitätsrelevant, hoch prädiktiv, nicht beeinflussbar und durch Missbrauch gefährdet ruht der Gesetzentwurf auf einem wissenschaftlich derzeit nicht mehr haltbaren, pauschalen Verständnis der Genetik. In der Literatur hat sich für diese Sichtweise der Begriff „genetischer Exzeptionalismus“ eingebürgert. Zwar vermeidet die Gesetzesbegründung diesen inzwischen zu Recht negativ konnotierten Begriff und spricht nur von „genetischer Besonderheit“, sachlich folgt sie dennoch den Vorstellungen des genetischen Exzeptionalismus. Auch die abschwächenden Verklausulierungen „im Prinzip“, „gegebenenfalls“, „haben Potential“, „erhöhtes Risiko“ ändern daran nichts. Im Gesetzentwurf und seiner Begründung wird somit durchgängig von den genetischen Informationen gesprochen und aus deren vermeintlicher Besonderheit ein erhöhtes Stigmatisierungs- und Diskriminierungspotential geschlossen.
Eine Sonderstellung genetischer Informationen lässt sich wissenschaftlich nicht begründen. Diese These wurde bereits einmütig von führenden, mit der Materie vertrauten Organisationen⁴ im Rahmen ihrer Stellungnahmen zum „Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen“ (BT-Drucksache 16/3233) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vertreten. Die maßgeblichen Argumente gegen den genetischen Exzeptionalismus lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1) Alle vermeintlich außergewöhnlichen Charakteristika genetischer Informationen finden sich mehr oder weniger auch bei anderen diagnostischen Verfahren:
- Jede Diagnose einer schweren Krankheit kann für lange Zeiträume Konsequenzen nach sich ziehen.
- Auch viele nichtgenetische medizinische Untersuchungen wie z.B. der HIV-Test liefern identitätsrelevante Gesundheitsdaten.
- Viele nichtgenetische Diagnoseverfahren verfügen über äußerst hohe prädiktive Werte (z.B. die sonographische Diagnose einer Zystenniere).
- Jede Familienanamnese und jede individuelle Diagnose einer familiären Erkrankung liefern Informationen über Dritte.
- Viele nichtgenetisch diagnostizierte Erkrankungen wie z.B. die bereits erwähnten Zystennieren sind in ihrem Verlauf nicht abschätz- oder beeinflussbar.⁵
- Das Risiko sozialer, ethnischer und eugenischer Diskriminierung kann sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild eines pathologischen Zustands ergeben, wie z.B. Untersuchungen zur Adipositas belegen.
- Ein erhöhtes Risiko des Missbrauchs zu Lasten der Betroffenen haftet allen hochsensiblen Gesundheitsdaten an (Beispiel: HIV-Test).
2) Eine durchweg hohe Eingriffstiefe zeichnet im Wesentlichen nur die genetische Diagnose monogenetischer Krankheiten aus. Von ihnen, so schwerwiegend sie im Einzelfall für die betroffene Person und ihre Familie auch sein mögen, darf nicht auf eine Besonderheit „genetischer Informationen“ im Allgemeinen geschlossen werden. Zudem erscheinen selbst bei monogenetischen Erkrankungen viele Pauschalisierungen wie „nicht veränderbar“ oder „nicht beeinflussbar“ fragwürdig. Monogenetische Erkrankungen sind zwar nicht ursächlich heilbar, eine gezielte symptomatische Behandlung kann jedoch (wie z.B. bei der Mukoviskidose) die Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen erheblich steigern. Im Gegensatz zu monogenetischen Erkrankungen beruht der Großteil der genetisch (mit) verursachten so genannten „multifaktoriellen“ Erkrankungen auf einem komplexen Geflecht aus Veranlagung, Umwelteinflüssen und individuellem Verhalten. Obwohl genetische Faktoren bekanntermaßen zu ihrer Entstehung beitragen, ist der prädiktive Wert genetischer Informationen bei multifaktoriellen Erkrankungen meistens unbekannt. Deshalb kann man die Diagnostik und die darauf aufbauende translationale Erforschung multifaktorieller Erkrankungen nicht mit denselben Aufklärungs- und Beratungserfordernissen belegen, wie monogenetische Erkrankungen. In seiner vorliegenden Form impliziert der Gesetzentwurf jedoch eine solche Obliegenheit, da er ohne Differenzierung von „genetischen Daten“ (§ 3, Nr. 11 GenDG-RE) spricht.
3) Völlig ungeklärt lässt das GenDG die rechtliche Stellung der Familienanamnese, die ja gerade im klinischen Kontext und bei medizinischen Untersuchungen im Arbeitsleben bzw. im Versicherungsbereich eine herausragende Rolle spielt. Sie bewegt sich an der Grenze zwischen genetischer und nichtgenetischer Diagnose und kann daher kaum anders geregelt werden, als die Anwendung von Verfahren, die allein auf die Gewinnung genombasierter Information abzielen. Eine solches Vorgehen ließe sich weder verfassungsrechtlich noch ethisch begründen, vielmehr würde die allein der Methodik geschuldete, bevorzugende Ungleichbehandlung der Familienanamnese den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG) verletzen.⁶
Abschnitt 2: Unklare Begriffsbestimmungen
Die Annahme einer vermeintlichen Sonderstellung genetischer Informationen hat im Entwurf des GenDG an zwei Stellen zu unklaren Begriffsbestimmungen bzw. -abgrenzungen geführt. Diese sollen im Folgenden benannt werden, um die unbeabsichtigte Entstehung undurchführbarer oder schwer durchsetzbarer Regelungen zu vermeiden und eventuell daraus resultierenden Behinderungen der klinischen Praxis und der genetischen Forschung vorzubeugen.
zu § 3, Abs. 1: „genetische Untersuchungen“ und Abs. 2: „genetische Analyse“
Abgesehen von der nach wie vor unklaren Bedeutung der in Abs. 1 enthaltenen Zielangabe „Untersuchungszweck“⁷ sind im GenDG-RE auch die meisten anderen, schon am Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geäußerten Kritikpunkte gegenüber der unscharfen Verwendung des Begriffs „genetische Untersuchungen“ unberücksichtigt geblieben.⁸ Nach wie vor würden zahlreiche labormedizinische Routineuntersuchungen gemäß Einordnung als „proteinchemische Analysen der unmittelbaren Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse)“ (§3, Nr. 2) unmittelbar in den Geltungsbereich des GenDG fallen. In Folge dessen müsste bei ihnen gemäß den in § 9 und § 10 ausgeführten Kriterien und Inhalten aufgeklärt und beraten werden, selbst wenn der primäre Untersuchungszweck ein anderer als die Feststellung genetischer Eigenschaften zu medizinischen Zwecken war. Ein solches Erfordernis würde sich direkt auf die patientennahe Forschung auswirken, da die resultierende Aufklärungs-, Beratungs- und Dokumentationspflichten mit den üblicherweise durch Drittmittelförderungen bereitgestellten Personalmitteln im Rahmen eines Forschungsvorhabens nicht geleistet werden kann.
zu § 3, Abs. 7 und 8: Unterscheidung diagnostischer und prädiktiver Untersuchungen
Es ist absehbar, dass sich die im Gesetzentwurf getroffene Unterscheidung zwischen diagnostischer und prädiktiver Untersuchung mit fortschreitendem Wissenszuwachs der Genetik nicht aufrechterhalten lassen wird. Sie steht jedoch im Zentrum des GenDG-RE, denn an ihr sollen die Entscheidungen zwischen fakultativer und obligatorischer Aufklärung und Beratung (vgl. § 9, 10 GenDG-E) bzw. einfachem und qualifiziertem Arztvorbehalt (vgl. § 7 GenDG-E) festgemacht werden. Vordergründig klingt es plausibel, unter diagnostischen Untersuchungen die Diagnose einer „bereits manifestierten Erkrankung“ (Entwurfsbegründung, S. 37) zu verstehen, während prädiktive Untersuchungen darauf zielen, „genetische Veränderungen (Mutationen) zu identifizieren, die in späteren Lebensstadien mit erhöhter oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Krankheit führen.“ Wie unscharf die verwendete Terminologie jedoch ist, zeigt der Vergleich der Erläuterungen von §3, Abs. 7 und Abs. 8. Hier erfährt man nämlich, dass die Frage, ob der Ausbruch einer Krankheit bereits erfolgte oder nur zu erwarten ist, kein wirklich maßgebliches Unterscheidungskriterium darstellt. Genetische Analysen zur Risikoabschätzung bei multifaktoriellen Erkrankungen werden unter diagnostische Untersuchungen subsumiert. Begründet wird dies mit einem quantitativen Argument, nämlich dass „mit diesen genetischen Eigenschaften in der Regel nur geringe prädiktive Werte verbunden sind“ (a.a.O., S. 37). Bei den prädiktiven genetischen Untersuchungen wird zudem zwischen deterministischen und probabilistischen unterschieden (a.a.O., S. 38). Damit räumt der Entwurf sachgemäß ein, dass die prädiktiven Werte genetischer Untersuchungen ein Kontinuum bilden. Angesichts dieses Fehlens einer klaren Trennlinie erscheint es schwer nachvollziehbar, welche praktischen Konsequenzen sich laut Gesetzentwurf allein aus der Unterscheidung „diagnostisch“ – „prädiktiv“ ergeben sollen, statt bei der Entscheidung z.B. über den qualifizierten Arztvorbehalt die Eingriffstiefe der Diagnose in die medizinische und psychosoziale Situation der betroffenen Personen zu berücksichtigen.
Abschnitt 3: Weitere problematische Regelungen
Die im GenDG festgeschriebene Sonderstellung genetischer Daten verletzt den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, der fordert, gleiche Fälle gleich und ungleiche Fälle ungleich zu behandeln. Neben den direkten Auswirkungen auf die Patientenversorgung sind von der Ungleichbehandlung genetischer und nichtgenetischer diagnostischer Informationen durch das Gesetz auch erhebliche Konsequenzen für die genetische Forschung zu erwarten, wie sich an einzelnen Regelungsvorschlägen des Gesetzentwurfs festmachen lässt.
zu § 6: Abgabe genetischer Untersuchungsmittel
Der BNLD hat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen ausgeführt, dass die „genetischen Untersuchungsmittel, die für genetische Untersuchungen beim Menschen verwandt werden, auch für genetische Untersuchungen z.B. nach dem Infektionsschutzgesetz, welche ja zu Recht vom Gesetz ausgenommen werden, oder bei Tieren benötigt [werden]. Darüber hinaus wird eine Vielzahl davon auch in der allgemeinen Labordiagnostik verwandt.“⁹ Entsprechend sollte der Gesetzgeber in § 6 GenDG bereits klarstellen, dass die im Bedarfsfall zu erlassenden Rechtsverordnungen andere Bereiche wie etwa die genetische Forschung, für die das GenDG keine Geltung haben soll, nicht nachteilig betreffen dürfen.
zu §§ 7, 9 und 10: Arztvorbehalt, Aufklärung und Beratung
TMF und NGFN würdigen den Grundgedanken des Arztvorbehalts für genetische Untersuchungen (s. S. 45 GenDG-RE), nämlich die Angemessenheit und Kompetenz der genetischen Untersuchungen und der zugehörigen Aufklärungs- und Beratungsleistungen sicherzustellen. Allerdings ergeben sich Zweifel, ob das Gesetz diesem Anspruch in seiner vorliegenden Form gerecht werden kann.
- Zum einen orientiert sich das Gesetz in der Frage, wann ein qualifizierter Arztvorbehalt gelten soll, an einer fachlich kaum durchzuhaltenden, normativen Trennung diagnostischer und prädiktiver Untersuchungen, statt seine Schutzwirkung primär an der Eingriffstiefe medizinischer Information und den Folgen für die psychosoziale Situation der Betroffenen auszurichten.
- So richtig es ist, dass Aufklärung und Beratung zu folgenschweren genetischen Untersuchungsbefunden nur von einer Ärztin bzw. einem Arzt vorgenommen werden sollen, „zu deren beziehungsweise dessen Ausbildungsinhalten nach der jeweiligen für sie beziehungsweise ihn geltenden Weiterbildungsordnung Kenntnisse über erbliche Krankheiten gehören“ (Entwurfsbegründung, S. 45), so sehr muss bezweifelt werden, dass die Gültigkeit dieses Kriteriums die in der Gesetzesbegründung unmittelbar folgende einschränkende Fachzuständigkeit rechtfertigt: „Die notwendige Qualifikation ist bei Fachärztinnen oder Fachärzten für Humangenetik oder Ärztinnen oder Ärzten, die sich im Rahmen des Erwerbs einer Facharzt-, Schwerpunkt-, oder Zusatzbezeichnung für genetische Untersuchungen im Rahmen ihres Fachgebietes qualifiziert haben, gegeben.“
Angesichts der Durchdringung nahezu aller medizinischer Fachgebiete mit genetischem Wissen stellt sich die Frage, welches Qualifikationsniveau im Einzelfall erforderlich ist, um eine genetische Untersuchung kompetent zu veranlassen, zu deuten und aufklärend und beratend mit dem Patienten zu besprechen. Gerade bei multifaktoriellen Erkrankungen kann es sich als sinnvoll erweisen, die genetischen Beratungsinhalte den klinischen nachzuordnen. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb bei einer geringen Eingriffstiefe in die psychosoziale Situation des Betroffenen die Anordnung und Vermittlung prädiktiv-probabilistischer Untersuchungsergebnisse nur durch einen Facharzt für Humangenetik erfolgen können soll. Hier besteht für die einzelnen Fachgebiete noch erheblicher Klärungs- und Anpassungsbedarf im Hinblick auf ihre Aus-, Weiter- und Fortbildungsordnungen.
zu § 8, 12-13: Einwilligung; Aufbewahrung und Vernichtung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen; Verwendung und Vernichtung genetischer Proben
Es dürfte unstrittig sein, dass gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das daraus abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch und gerade im Umgang mit sensiblen genetischen Informationen gelten muss. Entsprechend sollten hier die allgemeinen Standards des Datenschutzrechts zur Anwendung kommen (vgl. § 8 GenDG-E), insbesondere der Einwilligungsvorbehalt nicht nur für Untersuchung, Probengewinnung und Kenntnisnahme der Diagnose sondern auch für die Aufbewahrung bzw. Vernichtung der Daten und Proben. Sowohl medizinische wie haftungsrechtliche Gründe sprechen gegen eine zu weitreichende Vernichtungsverpflichtung bzw. -befugnis auf Seiten des Untersuchers. Jeder Patient muss zunächst hinreichend darüber aufgeklärt werden, dass ein Rückgriff auf seine Probe als Beweismittel bei Haftungsrechtsprozessen, eine Korrektur falscher Ergebnisse, oder ergänzende Untersuchungen zu seinem eigenen Wohl oder dem seiner Angehörigen nach Vernichtung der Probe unmöglich sein dürften. Die Entscheidung über Aufbewahrung oder Vernichtung sollte dann auf der Grundlage dieser Überlegungen getroffen werden.
Die im GenDG-RE vorgeschlagene Mindestaufbewahrungsfrist von zehn Jahren wird mit „der allgemeinen Aufbewahrungspflicht für ärztliche Unterlagen nach der (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte“ (Entwurfsbegründung, S. 55) begründet. Angesichts der Sonderstellung, die der Gesetzentwurf genetischen Informationen ansonsten zuspricht, erstaunt diese Einordnung. Die von der Bundesärztekammer vorgeschlagene Mindestaufbewahrungsfrist von 30 Jahren erscheint aus Sicht sowohl der Patienten als auch der genetischen Forschung angemessener, da nur durch sie dem bei beiden Gruppen langfristig bestehenden Interesse an genetischer Information Rechnung getragen werden kann.¹⁰
Der Gesetzentwurf erweckt zwar in § 13 Abs. 2 den Eindruck, dass Proben nach ausdrücklicher und schriftlicher Einwilligung auch außerhalb der ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden dürfen. Getragen ist diese Ausnahmeregelung offensichtlich von der als vorrangig betrachteten Norm aus § 8, Abs. 2, wonach die betroffene Person „ihre Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft schriftlich widerrufen“ kann. Hat die Person aber eine Einwilligung zur Beteiligung an Forschungsvorhaben gegeben, muss diese generelle Widerrufsmöglichkeit mit anderen Regelungen, wie beispielsweise § 40 Absatz 2a Nr. 2 AMG, der dies unter bestimmten Bedingungen für nicht mehr möglich erklärt, in Einklang gebracht werden.
zu § 13, Abs. 3: Maßnahmen zum Ausschluss unzulässiger Verwendung von Proben
In ihrer Stellungnahme zur analogen Formulierung im Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen merkte die Bundesärztekammer zu Recht an: „Diese Formulierung erscheint zu weitgehend und damit nicht zumutbar. Ein Institutsleiter oder Inhaber einer Praxis kann zwar eine ganze Reihe von Maßnahmen treffen, um nach Möglichkeit eine unzulässige Verwendung oder unzulässige Vernichtung zu unterbinden. Ein ‚Ausschluss’ würde aber Sicherungsmaßnahmen verlangen, die unbezahlbar sind. Daher sollte … das Wort ‚erforderlichen’ durch das Wort ‚zumutbaren’ ersetzt werden, um die von dem Verpflichteten zu treffenden Vorkehrungen nicht ausufern zu lassen.“¹¹ Die Regelung sollte im jetzt vorliegenden Entwurf entsprechend angepasst werden, nicht zuletzt um eine indirekte Behinderung von Forschungsaktivitäten durch unangemessene Sicherungsvorkehrungen zu vermeiden.
Fazit
Idealerweise sollte für den Umgang mit sensiblen diagnostischen Daten eine Regelung geschaffen werden, die sich unabhängig von der Untersuchungsmethode am
- prädiktiven Wert,
- der individuellen oder familiären Eingriffstiefe und
- den zu erwartenden psychischen und sozialen Folgen
der jeweiligen Information orientiert. Die im GenDG-RE festgeschriebene Beschränkung auf genetische Informationen erscheint inhaltlich ungerechtfertigt und stellt die Genetik quasi unter Generalverdacht. Vertrauen in den Umgang mit Technologie wird zwar auch über die Etablierung von Schutz- und Abwehrrechten aufgebaut, diese müssen jedoch in allen Bereichen der Medizin in gleicher Weise gelten.
Wenngleich der vorliegende Entwurf des GenDG dessen Anwendung „auf die Forschung“ (§ 2 Abs. 2, Nr. 1) ausdrücklich ausklammert, so dürfte sich ein späteres forschungsbezogenes Gesetz mit großer Sicherheit am geltenden GenDG orientieren. Das gilt insbesondere für die Zweckbestimmung und den Gültigkeitsbereich eines solchen Gesetzes sowie für die gesetzlichen Begrifflichkeiten. Bis zur Schaffung eines forschungsbezogenen Gesetzes ist in rechtspraktischer Hinsicht außerdem zu erwarten, dass Gerichte bei der Behandlung von Fällen ungeregelter genetischer Forschung im Wege der Analogie auf ein (dann schon in Kraft befindliches) GenDG und dessen amtliche Begründung zurückgreifen werden. Aus diesem Grund und mit dem Ziel, durch entsprechende Auslassklauseln eine Beeinträchtigung der genetischen Forschung in Deutschland zu vermeiden, empfehlen wir dem Gesetzgeber für den Fall der Umsetzung des GenDG eine vorherige Änderung des § 2.
- Zum einen sollte der Anwendungsbereich des Gesetzes am Ende von Abs. 1 durch Verwendung der Formulierung „...zu Zwecken der medizinischen Versorgung und Aufklärung, ....“ präzisiert werden.
- Darüber hinaus empfiehlt sich die Einfügung eines Passus in Abs. 2 Nr. 1, der unter „Forschungszwecken“ solche gendiagnostischen Untersuchungen subsumiert (und damit vom Regelungsbereich des GenDG ausnimmt), die wesentlicher Bestandteil eines Forschungsvorhabens sind und bei denen die individuelle Diagnosestellung nicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck der Untersuchung ist.
Sollte es zu einer Verabschiedung des GenDG in seiner jetzigen Form kommen, so wären flankierende Bildungsmaßnahmen (Stichwort: „genetic literacy“) erforderlich, um die kulturell offensichtlich tief verwurzelte Einschätzung der Genetik als determinierend und schicksalhaft durch eine nüchterne Betrachtung ihrer Chancen und Risiken zu ersetzen. Es erstaunt, dass der vorliegende Gesetzentwurf an dieser Stelle gegenüber dem Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drucksache 16/3233) zurückbleibt, indem er dessen § 5 „Allgemeine Aufklärung der Bevölkerung“¹² streicht und somit das einzig wirkungsvolle Instrumentarium ungenutzt lässt, Vorurteile gegenüber der Genetik aufzubrechen. In der Bildungsarbeit könnte auch die vom Gesetzentwurf geplante Gendiagnostik-Kommission (vgl. § 23 GenDG-RE) ein sinnvolles Betätigungsfeld finden.
Alternativ zur Verabschiedung eines GenDG könnte sich der Gesetzgeber zudem darauf beschränken, die bereits an vielen Stellen gegebenen rechtlichen Regelungen zum Umgang mit genetischen Daten im Sinne eines Artikelgesetzes zu systematisieren. Grundsätzlich bleibt jedoch die Frage, ob für die Regelung des Umgangs mit medizinisch-diagnostischen Daten nicht ein grundlegend anderer Ansatz verfolgt werden sollte, der sich statt an der Methodik an den Auswirkungen von Verfahren orientiert.
Berlin, den 28.07.2008
für TMF: Prof. Dr. Peter Dabrock (Marburg), Prof. Dr. Michael Krawczak (Kiel), Dr. Dr. Michael Kiehntopf (Jena), PD Dr. Michael Hummel (Berlin), Prof. Dr. Jürgen W. Goebel (Bad Homburg), Prof. Dr. Michael Neumaier (Mannheim), Dr. Frauke Stanke (Hannover), Prof. Dr. Hans Lehrach (Berlin), Prof. Dr. Hartmut Schmidt (Münster), Dr. Arne Pfeufer (Neuherberg), Sebastian C. Semler (Berlin); für NGFN: Prof. Dr. Stefan Schreiber (Kiel), Prof. Dr. Markus Noethen (Bonn)
Fußnoten:
¹ Ein Beispiel für die Überlagerung patienten- und forschungsspezifischer Belange in der Gendiagnostik liefert die Suche nach mofizierenden genetischen Faktoren für häufige und gut therapierbare Erkrankungen, so z.B. für die Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose. Im Rahmen einer groß angelegten Studie in Großbritannien wurde hierzu ein großes Kollektiv gesunder Blutspender auf das Vorliegen der krankheitsverursachenden - aber niedrig-penetranten - Mutationen im HFE-Gen untersucht (McCune et al., 2006, Iron loading and morbidity among relatives of HFE C282Y homozygotes identified either by population genetic testing or presenting as patients. Gut 55: 554-562). Es erfolgten in dieser Studie also gendiagnostische Untersuchungen, die aber gleichzeitig integraler und unverzichtbarer Bestandteil des Forschungsvorhabens selbst waren.
² Vgl. http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/2007/066/stllg/VFA.pdf
³ „Das Gesetz geht von der Besonderheit genetischer Daten aus. Die mittels genetischer Untersuchungen gewonnenen genetischen Informationen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie ihre Bedeutung über lange Zeiträume behalten. Sie können daher als persönliche identitätsrelevante Gesundheitsdaten mit hohem prädiktiven Potential verbunden sein und gegebenenfalls auch Informationen über Dritte (Verwandte) offenbaren. Sie können von dem Betroffenen nicht beeinflusst werden und sind hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer möglichen Bedeutung für den Betroffenen nicht abschätzbar. Genetische Daten bergen prinzipiell Risiken sozialer, ethnischer und eugenischer Diskriminierung. Für die Bereiche der medizinische Versorgung, der Abstammung, des Arbeitslebens und der Versicherungen werden spezifische Regelungen getroffen. Angesichts der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik ist ein besonderer Schutzstandard erforderlich, um die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger adäquat zu schützen. Darüber hinaus besteht in diesen Bereichen ein erhöhtes Risiko des Missbrauchs zu Lasten der Betroffenen, da die in diesem Zusammenhang vorgenommenen Untersuchungen geeignet sein können, Informationen über die genetische Disposition der Betroffenen zu deren Nachteil zu verwenden.“ (GenD-RE, S. 26f.; Hervorhebungen TMF)
⁴ Die Sonderstellung genetischer Informationen haben in ihren Stellungnahmen zur Anhörung vom 07.11.2007 (vgl. http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/2007/066/stllg/index.html) z.T. scharf kritisiert
- die Bundesärztekammer,
- der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie,
- die Deutsche Forschungsgemeinschaft,
- die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin,
- die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik,
- die Gesellschaft für Genetik,
- die Kassenärztliche Bundesvereinigung,
- das Nationale Genomforschungsnetz,
- der Verband der Privaten Krankenversicherung,
- der Verband der Diagnostika-Industrie,
- der Verband Forschender Arzneimittelhersteller.
Die klare Zurückweisung einer Sonderstellung genetischer Information wird in weiten Teilen der medizinisch-naturwissenschaftlichen und der mit ethischen und rechtlichen Normfragen beschäftigten Fachliteratur geteilt. Sie findet sich in vielen internationalen Dokumenten wie z.B. den Empfehlungen der EU-Expertengruppe zum Thema „Genetisches Testen“ (http://ec.europa.eu/research/conferences/2004/genetic/pdf/recommendations_en.pdf).
⁵ Zur Problematik dieser Verallgemeinerung, die nicht nur falsch, sondern auch gefährlich ist, vgl. die Ausführungen in Abschnitt 2.
⁶ Geradezu grotesk wirkt es, wenn man – wie die Bremer Medizinrechtler Damm und König – grundsätzlich die sachliche Unangemessenheit des genetischen Exzeptionalismus und die daraus folgenden Ungleichbehandlungen erkennt, der einzig sinnvollen Maxime „Prognose statt Methode“ (siehe Wiesing/Schmitz, Ethik in der Medizin 2005, 114) zustimmt, dann aber doch einer separaten Regelung von durch genetische Untersuchungen erlangten Informationen aus rechtspolitischen Erwägungen zustimmt (Damm/König, MedR 2008, 68-70). Den Grund für diese eigenwillige Kehrtwende sehen die Autoren darin, dass 20 Jahre Ringen um eine Regelung im Bereich Gendiagnostik nicht einfach so „verpuffen“ dürften, zumal wenn zu befürchten sei, dass allgemeinere Regelungen, die sich an der Eingriffstiefe und dem prädiktiven Wert von Gesundheitsinformationen orientieren, wegen der Komplexität der Thematik noch länger auf sich warten ließen. Tatsächlich hat sich in den letzten zehn Jahren im biomedizinischen Wissen ein solcher Quantensprung ereignet, dass die alten normativ-ethischen und rechtlichen Beurteilungsparadigmen nicht mehr greifen. Sehenden Auges und wider besseres Wissen eine allein auf diesen alten Modellen ruhende, eklatante Ungleichbehandlung in Kauf zu nehmen, widerspricht dem fundamentalen ethischen und verfassungsrechtlichen Grundsatz der gleichen Behandlung gleicher Fälle.
⁷ Darauf verweist der Text von Prof. Dr. Jochen Taupitz, den die DFG ihrem Gutachten zum Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen beigelegt hat (http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/2007/066/stllg/DFG1.pdf). Die darin enthaltenen Anmerkungen gelten weiterhin: „Kommt es dabei auf den Zweck an, den der Untersucher (Arzt etc.) mit der Untersuchung verfolgt? Oder ist auf die untersuchte Person (in vielen Fällen den ‚Auftraggeber’) abzustellen? Oder ist eine objektiv ermittelbare Zweckbestimmung zugrunde zu legen? Und was ist mit Untersuchungen, die nur angeblich geeignet sind, etwas Bestimmtes festzustellen, die aber tatsächlich nicht dazu geeignet sind (Betrügerei, Scharlatanerie)? Aus der Diskussion um den Anwendungsbereich des Heilpraktikergesetzes ist dieses Problem hinlänglich bekannt und wird durch die Rechtsprechung durch die sog. ‚Eindruckstheorie’ erfasst. Im Gendiagnostikgesetz sollte dieses Problem aber im Gesetz selbst deutlicher geregelt und nicht der ‚reparierenden’ Rechtsprechung überlassen bleiben.“
⁸ Diese Einschätzung gilt trotz der Streichung jenes Passus im Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen, der streng genommen schon den Blickkontakt, der genetische Erkenntnisse ableitet, unter genetische Untersuchungen gefasst und so zur absurden Konsequenz von Zwangsberatungsangeboten geführt hätte.
⁹ Vgl. http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/2007/066/stllg/BNLD.pdf
¹⁰ http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/2007/066/stllg/BAEK.pdf
¹¹ http://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/2007/066/stllg/BAEK.pdf
¹² Vgl. § 5 Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG) der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BT-Drucksache 16/3233): „Die nach Landesrecht zuständigen Stellen und die Bundesbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit, insbesondere die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, klären die Bevölkerung über die Möglichkeiten und Grenzen, Chancen und Risiken und die Voraussetzungen genetischer Untersuchungen in allgemeiner Form auf.“