Europäer treiben die künftige Nutzung von Daten aus elektronischen Patientenakten für die Forschung gemeinsam voran
Bis auf den letzten Platz besetzt: Der Workshop war von hochrangigen Experten aus ganz Europa komplett ausgebucht. © TMF e.V.
Im Rahmen des europäischen Projektes „Electronic Health Records for Clinical Research” (EHR4CR) bauen Partner aus akademischer Forschung und Industrie bis 2014 gemeinsam eine europaweite Technologieplattform auf, die künftig die Sekundärnutzung von Daten aus elektronischen Patientenakten für die klinische Forschung ermöglichen soll. Heute und morgen erörtern Juristen, Ethiker und Datenschutzexperten aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten in Berlin, welche rechtlichen und ethischen Fragen hierbei zu beachten sind. Der Workshop wird von der TMF veranstaltet, die – aufgrund ihrer umfangreichen Vorarbeiten zu (datenschutz-)rechtlichen und ethischen Fragen der medizinischen Verbundforschung – in diesem Projekt das Arbeitspaket zum Thema Datenschutz und Datensicherheit leitet.
Mit der Sekundärnutzung von Daten aus elektronischen Patientenakten für die medizinische Forschung könnten Kosten gespart und klinische Forschungsprojekte schneller und effizienter durchgeführt werden. Insbesondere könnten die Forscher geeignete Studienpatienten besser identifizieren – bisher eine der größten Schwierigkeiten bei der Planung und Durchführung klinischer Studien. Nun soll eine technologische Plattform geschaffen werden, die elektronische Patientenakten nahtlos in bestehende Forschungsplattformen und Netzwerke des Gesundheitswesens integriert.
Gesetzliche Bestimmungen der EU-Länder sind sehr unterschiedlich
Allerdings sind auf dem Weg noch zahlreiche rechtliche und ethische Fragen zu klären. Der rechtliche Rahmen, in dem sich Ärzte, Forscher und Patienten bei der grenzüberschreitenden Nutzung von Patientendaten für die klinische Forschung bewegen, ist insbesondere auch deshalb derzeit noch unklar, weil die gesetzlichen Bestimmungen und die gelebte Rechtspraxis zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten stark voneinander abweichen. Ein Arbeitspaket des EHR4CR-Projektes hat deshalb die Aufgabe, die aktuelle Rechtssituation in den verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU zu analysieren und miteinander zu vergleichen. Ziel ist es, Empfehlungen bereitzustellen, wie für die klinische Forschung bei der Nutzung der EU-weiten Technologieplattform Rechtssicherheit geschaffen werden kann.
In dem Workshop in Berlin am 12./13. Januar 2012 wird die Rechtslage in ausgewählten Pilotländern – Frankreich, Großbritannien, Schottland und Deutschland – dargestellt. Dabei werden die europäischen Forscher, Juristen und Datenschützer gemeinsam prüfen, welche Stationen auf dem Weg der Daten von der Klinik in die Forschung rechtlich kritisch sind.
Eines der größten Public Private Partnership-Projekte in Europa
Das EHR4CR-Projekt wird im Rahmen der Innovative Medicines Initiative (IMI) im Zeitraum 2011 bis 2014 mit insgesamt 17 Millionen Euro gefördert. IMI ist eines der größten Public Private Partnership-Projekte in Europa mit dem Ziel, die Entwicklung besserer und sichererer Medikamente zu beschleunigen. Die Initiative wird gemeinsam von der Europäischen Union und der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) getragen.
Eindrücke des Workshop vom 12./13.01.2012 in Berlin
TMF Geschäftsführer Sebastian C. Semler stellte in seinem Eröffnungsvortrag die Arbeit der TMF als einer Dachorganisation der medizinischen Forschung vor, die Infrastruktur und Organisation in vernetzten Strukturen verbessern hilft. © TMF e.V.
Zukünftig schneller und einfacher zu neuen Medikamenten: Am 12. und 13. Januar kamen bei der TMF in Berlin 20 Experten aus ganz Europa zusammen, um zu klären, welche rechtlichen und ethischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der EHR4CR-Plattform auftauchen werden, die künftig die Durchführung klinischer Studien in der EU erleichtern soll. © TMF e.V.
Roland Krause, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent bei der TMF für das EHR4CR – Projekt kündigt den Vortrag von Töresin Karakoyun (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) an, der den aktuellen Stand der Vorarbeiten im EHR4CR-Projekt für Machbarkeitsuntersuchungen zu klinischen Studien präsentierte. © TMF e.V.
Prof. Dr. Klaus Pommerening, Universitätsmedizin Mainz, IMBEI (ganz links, neben den TMF Mitarbeitern Dr. Johannes Drepper und Roland Krause) präsentierte die generischen Datenschutzkonzepte der TMF, die auf viele in den Diskussionsrunden gestellte Fragen bereits eine Antwort geben und von den Workshop-Teilnehmern als beispielgebend aufgenommen wurden. © TMF e.V.
Aus Großbritannien zum EHR4CR-Workshop der TMF angereist: Prof. Dipak Kalra (li.) Medizininformatiker vom University College London, und Peter Singleton, Medizininformatiker, Ethiker und Geschäftsführer des Unternehmens Cambridge Health Informatics Ltd. © TMF e.V.
An Erleichterungen für die Durchführung klinischer Studien sind Forschung und Industrie gleichermaßen interessiert: Neben Vertretern der Charité Berlin und der Universität Gent (Niederlande) sind u.a. die Pharmakonzerne Bayer Healthcare und Sanofi vertreten. © TMF e.V.