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Technologie wechselt, Verantwortung bleibt

TMF-Infoveranstaltung vermittelte praktische Empfehlungen zur elektronischen Archivierung von Patienten- und Forschungsunterlagen

Das Publikum der Veranstaltung

Die Beiträge des ersten Veranstaltungstages wurden intensiv diskutiert. © TMF e.V.

An der Digitalisierung in der Dokumentation und Archivierung führt kein Weg vorbei, darüber waren sich die Teilnehmer der TMF-Infoveranstaltung „Elektronische Archivierung von Patienten- und Forschungsunterlagen“ am 18. und 19. Januar 2012 einig. Die Veranstaltung in Berlin mit einer Exkursion am zweiten Tag war interdisziplinär besucht: Es nahmen rund 60 IT-Experten, Archivleiter und Dienstleister, Studienverantwortliche, Auditoren und behördliche Inspektoren teil. Dass die Archivierung über einen langen Aufbewahrungszeitraum technologischem, organisatorischem, aber auch wirtschaftlich-unternehmerischem Wandel unterworfen ist, wurde von allen Referenten betont. Der zeitgleich verkündete Konkurs der Kodak Eastman Company unterstrich diese Aussage sehr deutlich.

Prof. Dr. Paul Schmücker

In den Krankenhäusern liegen die Patientenakten immer häufiger digital vor, so Prof. Dr. Paul Schmücker (Hochschule Mannheim). © TMF e.V.

Sebastian C. Semler

Welche rechtlichen, funktionalen und wirtschaftlichen Fragen bei der elektronischen Archivierung von Patinetenakten eine Rolle spielen, stellte Sebastian C. Semler (TMF) dar. © TMF e.V.

Rita Hattemer-Apostel

Es gilt, Vertrauen aufzubauen und bei der täglichen Arbeit in den geregelten Prozessen eines Archivs genügend Spuren zu erzeugen, so Auditorin Rita Hattemer-Apostel (Verdandi AG). © TMF e.V.

Christian Kohl

Christian Kohl (KKS Heidelberg) stellte das Eckpunktepapier zur elektronischen Archivierung vor, das KKS-Netzwerk, GMDS und TMF derzeit gemeinsam vorbereiten. © TMF e.V.

Volkmar Eder

Volkmar Eder (Universitätsklinikum Tübingen) konnte am praktischen Beispiel zeigen, dass die GCP-konforme elektronische Archivierung von Patientenakten möglich ist. © TMF e.V.

Fotos

Referenten der Infoveranstaltung zur elektronischen Archivierung von Patienten- und Forschungsunterlagen

Referenten der Infoveranstaltung zur elektronischen Archivierung von Patienten- und Forschungsunterlagen (v.l.n.r.): Christoph Schmelter (DMI GmbH & Co.KG), Prof. Dr. Paul Schmücker (Hochschule Mannheim/GMDS), Christian Kohl (KKS-Netzwerk/KKS Heidelberg), Rita Hattemer-Apostel (Verdandi AG), Sebastian C. Semler (TMF), Volkmar Eder (Universitätsklinikum Tübingen), Dr. Wolfgang Kuchinke (KKS Düsseldorf), Dr. Philippe Verplancke (XClinical), Mathias Freudigmann (TMF). Auf dem Bild fehlt Dr. Carl Dujat, der am zweiten Veranstaltungstag referierte. © TMF e.V.

Infoveranstaltung

Das ersetzende Scannen wird in der Patientenversorgung seit vielen Jahren erfolgreich mit erprobten Verfahren praktiziert. Dies betonte Dr. Carl Dujat, IT-Berater und Archivierungs-Experte, in seinem Vortrag im Rahmen der Exkursion in die Dienstleistungszentrale der DMI GmbH & CO. KG in Leisnig am zweiten Veranstaltungstag. © TMF e.V.

Dr. Wolfgang Kuchinke

Dr. Wolfgang Kuchinke (KKS Düsseldorf) berichtete über das CDISC-basierte Archivierungskonzept der TMF für die Studiendokumentation. © TMF e.V.

Rechenzentrum

Sicheres Rechenzentrum mit Servern, redundanten Festplattenspeichern und Magnetband-Jukeboxen. (Bild: DMI)

Von dieser Entwicklung konnten sich die Teilnehmer im Rahmen der Exkursion in die Dienstleistungszentrale der DMI GmbH & CO. KG in Leisnig überzeugen, in der laut Aussagen des Unternehmens bereits jede siebte stationäre Patientenakte Deutschlands – rund vier von 30 Millionen – digitalisiert und anschließend langzeitarchiviert wird. „Technologie wechselt, Verantwortung bleibt“, so fasste Christoph Schmelter, geschäftsführender Gesellschafter der DMI GmbH & Co.KG, die zunehmende Herausforderung bei der Langzeitarchivierung von Patientenakten zusammen. Als einer von zwei kommerziellen Serviceanbieter zeigte das Unternehmen, welche Dienstleistungsangebote es für Papierarchivierung oder elektronische (Tele-)Archivierung im Outsourcing-Verfahren sowie für Scandienstleistungen von Patientenakten gibt, um den Kunden in seiner Aufbewahrungspflicht zu unterstützen. „Archivieren ist ein dynamischer Prozess“, betonte auch Sebastian C. Semler, wissenschaftlicher Geschäftsführer der TMF. Technologische und organisatorische Migrationskonzepte seien deshalb unerlässlich. Seit 2007 hat die TMF mehrere Gutachten, Konzepte und Empfehlungen zum rechtssicheren Einsatz der elektronischen Archivierung in medizinischer Forschung und Patientenversorgung erarbeitet.

Elektronischer Trial Master File bietet enorme Vorteile für multizentrische Studien

Neben den Unterlagen aus elektronischen Patientenakten, die als Quelldaten der Studien archiviert werden, müssen auch die Dokumente und Daten, die die eigentliche Studiendokumentation ausmachen, langfristig aufbewahrt werden. Auch hier erfolgt die ursprünglich primär papierbasierte Archivierung des Trial Master Files zunehmend elektronisch. Durch den zunehmenden Einsatz von Electronic Data Capture-Systemen (EDC) fallen mehr und mehr Daten auch bereits bei ihrer Erfassung in digitaler Form an.

In einem Projekt der TMF ist hierfür ein Archivierungskonzept entwickelt worden, das auf dem Standard des Clinical Data Standards Interchange Consortiums (CDISC) basiert. Wie Projektleiter Dr. Wolfgang Kuchinke (KKS Düsseldorf) berichtete, lautet eine Empfehlung des Projektes, konsequent elektronische Trial Master Files (eTMFs) zu etablieren, da sich daraus – insbesondere für große multizentrische Studien – enorme Vorteile für das Dokumentenmanagement und die Zusammenführung von Dokumenten und Daten ergeben. Die Originaldokumente sollten jedoch zusätzlich aufbewahrt werden, da – anders als im Falle von Patientenakten – die regulatorischen Voraussetzungen für die Vernichtung der Originale nicht hinreichend geklärt, die Verfahren nicht ausreichend erprobt und der ökonomischen Vorteil durch die Vernichtung der vergleichsweise kleinen Mengen gering seien. Dr. Philippe Verplancke (XClinical GmbH) ergänzte diesen Aspekt um Hinweise zur elektronischen Archivierung von Studiendaten im CDISC ODM-Standard. Dazu verwies er auf das CDISC Operational Data Model (ODM), das die Daten im XML-Format speichert, die damit – unabhängig von der jeweiligen Hard- oder Software – für Mensch und Maschine lesbar bleiben.

Austausch und Zusammenarbeit sollte weiter fortgesetzt werden

Die Veranstaltung zeigte, dass gerade in den Diskussionen um das Klinikumsarchiv die Verzahnung von Versorgung und Forschung deutlich wird. Es ist deshalb erforderlich, dass beide Bereiche eng zusammenarbeiten. Die TMF und die GMDS verfolgen hierzu bereits verschiedene Aktivitäten. Es erscheint überdies sinnvoll, den Austausch zwischen Dienstleistern und IT-Beratern einerseits sowie Kliniken als Durchführungsverantwortliche und behördlichen Inspektoren andererseits zu fördern und fortzusetzen. Benötigt werden eindeutige Kriterien und anerkannte umsetzbare Vorgaben, auch damit nicht die Schlussstrecke einer Studie – der Archivierungszeitraum – die Studiendurchführung insgesamt gefährdet oder verteuert.

Dr. Philippe Verplancke

Dr. Philippe Verplancke (XClinical GmbH): Studiendaten können im CDISC ODM-Standard archiviert werden. © TMF e.V.

Langfristige Einlagerung medizinischer Dokumentation

Langfristige Einlagerung medizinischer Dokumentation und Zwischenlagerung gescannter Dokumente bis zur Vernichtungsfreigabe durch das Klinkum. (Bild: DMI)

Rechtliche Nachteile durch ersetzendes Scannen sind in der Praxis nicht bekannt

Seit einigen Jahren sind die Bemühungen, die derzeit noch existierenden  Unsicherheiten hinsichtlich der Archivierung von gescannten Unterlagen, originär digitalen Dokumenten (Dateien) sowie Datenbankinhalten durch die Entwicklung von Umsetzungskonzepten und durch rechtliche Gutachten zu beseitigen, weit vorangeschritten, insbesondere durch zahlreiche Aktivitäten der TMF und ihrer Mitglieder wie auch von Organisationen wie dem Netzwerk der Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS-Netzwerk) oder der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Ziel der TMF-Veranstaltung war es, den aktuellen Stand des Wissens zusammenzutragen und den Verantwortlichen auf allen Seiten praktische Empfehlungen an die Hand zu geben. Dr. Carl Dujat, unabhängiger IT-Berater und Archivierungs-Experte, stellte abschließend klar: „In der Patientenversorgung wird das ersetzende Scannen, also die Digitalisierung von Patientenakten in Verbindung mit der Vernichtung der Originaldokumente seit vielen Jahren erfolgreich mit erprobten Verfahren praktiziert; konkrete Fälle, in denen sich daraus rechtlichen Nachteile ergeben haben, sind nicht bekannt.“

Dies gilt im Grundsatz auch für die Aufbewahrung von Patientenakten von Studienteilnehmern. Hierbei sind jedoch spezielle Regularien und Vorgaben zu berücksichtigen, insbesondere die gesetzlich verankerte Anwendung der Kriterien der Good Clinical Practice (GCP) auf die Archivierung von klinischen Studien. Bislang liegen hierzu nur wenige Erfahrungen vor – sowohl auf Seiten der Studien durchführenden Kliniken wie auch auf Seiten der GCP-Auditoren und der Inspektoren der Bundes- und Landesbehörden. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die in den Kliniken etablierten Verfahren zur Digitalisierung und zur elektronischen Archivierung von Patientenakten auch für die Akten von Studienpatienten, die mithin die Quelldaten für die Studie enthalten, auch nach GCP-Kriterien rechtlich bestandsfest zu machen. 

Data Warehouses ergänzen die digitalen Archive in Krankenhäusern

Der Digitalisierungsgrad der Patientenakten in den Krankenhäusern in Deutschland beträgt zurzeit etwa 40 bis 60 Prozent. Dies berichtete Prof. Dr. Paul Schmücker (Hochschule Mannheim), der als Vertreter der GMDS und früherer langjähriger Leiter der GMDS-Arbeitsgruppe zur Archivierung von Krankenunterlagen an den aktuellen Arbeiten zur elektronischen Archivierung von Patientenunterlagen im Forschungskontext beteiligt ist. Da digitale Archive allerdings schwer auswertbar seien, würden parallel zunehmend Data Warehouses eingerichtet, in die strukturierte Daten aus den archivierten Dokumenten übernommen und dann ausgewertet werden könnten.

Wahl der Verfahren ist immer auch Teil des Risikomanagements

Fragen nach der Rechtssicherheit von ersetzendem Scannen sowie dem Einsatz von Mikrofilm und digitaler Signatur beschäftigen die Branche schon länger. Die spezifischen Belange der GCP-Konformität von gescannten Unterlagen, Dateien und digital vorliegenden Daten in klinischen Studien sind erst in den letzten Jahren zusätzlich in den Fokus gerückt. TMF-Geschäftsführer Semler, der seit langem im Bereich der elektronischen Archivierung aktiv ist, stellte in seinem Beitrag dar, welche rechtlichen, funktionalen sowie nicht zuletzt auch wirtschaftlichen Fragen dabei eine Rolle spielen. Ausführlich berichtete er aus den beiden Rechtsgutachten von Dr. Ivo Geis und Prof. Dr. Christian Dierks, die 2009 im Auftrag der TMF erstellt wurden und die, gemeinsam mit weiteren Gutachten und Standard Operating Procedures zum Thema, über die TMF frei zum Download angeboten werden.

Semler betonte, dass es mit wenigen Ausnahmen keine spezialgesetzlichen Verbote oder Gestattungen digitaler Verfahren gebe. Seit zwei Dekaden werden daher die Rechtsgrundsätze aus den Bereichen des Handels- und Steuerrechts für andere Branchen abgeleitet. Hierbei ist insbesondere die Verwaltungsvorschrift zu den „Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS)“ einschlägig für eine revisionssichere elektronische Archivierung. Weiterhin bietet auch der Einsatz der gesetzlich verankerten elektronischen Signatur zusätzliche Sicherheiten. Absolute Rechtssicherheit sei jedoch nicht zu erreichen, auch nicht bei der elektronischen Archivierung. Am Ende obliege es der organisatorischen Gesamtverantwortung der Klinik im Rahmen ihres betrieblichen Risikomanagements wirtschaftliche und rechtliche Abwägungen vorzunehmen. Hierbei müsse man genau prüfen, auf welcher rechtlichen Ebene man sich bewege, z.B. auf der Ebene des Haftungsrechts gemäß BGB, des Berufsrechts oder der Spezialgesetzgebung wie beispielsweise der Röntgenverordnung.

GCP-konforme elekronische Archivierung ist möglich

„Schreibe auf, was zu tun ist. Tue, was aufgeschrieben ist. Zeige, dass es auch getan wird.“ Auf diese Formel brachte Volkmar Eder, Leiter des Zentralarchivs des Universitätsklinikums Tübingen und zugleich aktueller Leiter der GMDS-Arbeitsgruppe zur Archivierung von Krankenunterlagen, seine Auditierungs-Erfahrungen. Er konnte mit seinem Beitrag praktisch beweisen, was die anderen Referenten der TMF-Infoveranstaltung zuvor theoretisch vermittelt hatten: Dass die GCP-konforme elektronische Archivierung von Patientenakten möglich ist. Den Kollegen anderer Kliniken, die eine Auditierung nach GCP-Kriterien noch vor sich haben, gab er unter anderem den Rat mit auf den Weg, den Datenschutzbeauftragten des Klinikums und den externen Scandienstleister von Anfang an in den Auditierungsprozess einzubeziehen.

Kurze Feedbackschlaufen im Scanprozess vorsehen

Rita Hattemer-Apostel (Verdandi AG), die das digitale Patientenaktenarchiv des Universitätsklinikums Tübingen nach GCP-Kriterien auditiert hatte, betonte, dass es vor allem gelte, Vertrauen aufzubauen und bei der täglichen Arbeit in den geregelten Prozessen eines Archivs genügend Spuren zu erzeugen. Bei ihrer Begehung in Tübingen und bei der Heydt-Verlag GmbH, die dort als externer Dienstleister beauftragt ist, hatte sie den gesamten Weg eines Dokuments von der Übergabe aus der Klinik in die Archivierung von Schritt zu Schritt nachverfolgt und dabei Fragen gestellt wie: Was passiert, wenn Fehler gefunden werden? Wie wird sichergestellt, dass Patienten- und Fallakten richtig zugeordnet werden? Wie wird die Auffindbarkeit der Dokumente sichergestellt? In Tübingen werden beispielsweise barcodierte Zwischenblätter in die Akte eingefügt, welche verschiedene Dokumententypen in der digitalen Akte klassifizieren.

Die Auditorin rief auch noch einmal in Erinnerung, warum die hohe Qualität und Verlässlichkeit bei der Digitalisierung dieser Akten im Kontext klinischer Studien so bedeutsam ist: Bei den Befunden, Labordaten, Arztbriefen oder auch radiologischen Bildern handele es sich um studienrelevante Quelldaten. Würden diese bei einer Auditierung oder gar einer behördlichen Inspektion nicht gefunden oder in ihrer Echtheit angezweifelt, so könnten die entsprechenden Patienten in der Studie nicht berücksichtigt werden, was aus ethischen wie ökonomischen Gründen nicht akzeptabel sei. Im gesamten Prozess von der Annahme der Papierakte über das Scannen bis zur Speicherung im Archivsystem seien kurze Feedbackschlaufen notwendig, die es erlaubten, Fehler schnell zu entdecken und rasch zu korrigieren.

Elektronische Dokumente sind besser haltbar

Ist der Digitalisierungsprozess gut und nach einem hohen Qualitätsstandard organisiert, dann können jedoch die gescannten Dokumente den Papierdokumenten gegenüber zahlreiche Vorteile haben, darüber waren sich die Veranstaltungsteilnehmer in der Diskussion einig. Sie sind besser haltbar und zum Beispiel durch Spiegelung an verschiedenen Standorten besser vor Bränden und anderen lokalen Gefährdungen geschützt. Sie können außerdem gerade auch im klinischen Alltag schneller und in spezifischen Darstellungsformen und von beliebig vielen Personen gleichzeitig aufgerufen werden.

Ein Eckpunktepapier zur elektronischen Archivierung ist in Vorbereitung

Derzeit bereiten KKS-Netzwerk, GMDS und TMF ein gemeinsames Eckpunktepapier vor, das darstellen soll, wie die regulatorischen Vorgaben bei der digitalen Archivierung papierbasierter Patientenakten von Studienteilnehmern umgesetzt werden können. Ziel ist die Anerkennung der digitalisierten, also nicht primär elektronisch erzeugten Dokumente als Quelldokumente im Sinne von ICH-GCP, so dass die zugrundeliegenden papierbasierten Akten vernichtet werden können. Für das KKS-Netzwerk stellte Christian Kohl (KKS Heidelberg) die wesentlichen und bereits konsentierten Eckpunkte vor. So ist beispielsweise eine wichtige Voraussetzung, dass es in der Einrichtung ein Gesamtkonzept für die digitale Archivierung gibt.

Das Papier beschreibt die verschiedenen Prozessschritte samt den notwendigen Qualitätskontrollen und weist auch auf den eingangs erwähnten Punkt hin, den fast alle Referenten der Infoveranstaltung unabhängig voneinander ansprachen: Zwingend notwendig ist ein tragfähiges Migrationskonzept für das gesamte elektronische Archiv, da etwa alle fünf bis zehn Jahre die Speichertechnologie gewechselt werden muss.

Mathias Freudigmann

Eine revisionssichere elektronische Archivierung ist auch weitgehend bereits GCP-konform, so die Erfahrung von Mathias Freudigmann (TMF). © TMF e.V.

Der Schritt von der Erfüllung eines Konzepts zu einem anderen ist überwindbar

„Mappen Sie Ihre existierende Qualitätsmanagement-Dokumentation auf die GCP-Anforderungen, schließen Sie Dokumentationslücken, kontrollieren Sie die Prozesse und lassen Sie sich auditieren“, so der Rat von Mathias Freudigmann (TMF), der in seinem Vortrag zeigen konnte, dass eine revisionssichere elektronische Archivierung, wie sie in vielen Krankenhäusern betrieben wird, weitgehend bereits GCP-konform ist. Gemeinsames Ziel verschiedenster Qualitätsmanagement-Konzepte sei es, Zuverlässigkeit, Transparenz, Sicherheit, Vollständigkeit und Nutzerfreundlichkeit sicherzustellen. Vor allem zwei Aspekte unterscheiden GCP von anderen Qualitätsnormen: die besondere Betonung der Systemvalidierung und die explizite Forderung, Quelldaten in Originalen oder beglaubigten Kopien aufzubewahren. Wer also die Originale vernichte, müsse durch einen validierten Prozess oder durch visuellen Abgleich sicherstellen und beglaubigen, dass die digitalen Kopien mit den Papieroriginalen übereinstimmen.

Die TMF hatte Ende 2010 das Zentralarchiv des Universitätsklinikums Tübingen bei der Vorbereitung einer Auditierung digitalen Archivs nach den GCP-Kriterien beraten und auch die Auditierung selbst begleitet. Die vorhandene Dokumentation wurde ergänzt, und alle GCP-relevanten Dokumente wie z.B. Validierungskonzepte, Prozessbeschreibungen, Installationsdokumentation, Änderungsprotokolle, SOPs oder Berechtigungskonzepte wurden im Dokumentenmanagementsystem klassifiziert. Eine Schwächenanalyse half festzustellen, ob das Dokumentierte auch gelebt wurde und welche Schwachstellen es in den Systemen und Prozessen gab. Das Tübinger Klinikarchiv hatte bereits Arbeitsprozesse und technische Systeme auf hohem Niveau etabliert. Sogar die von GCP geforderte Beglaubigung der digitalen Kopien war durch vollständige Sichtkontrollen und elektronische Signaturen bereits implementiert. Einzelne Schwachstellen und Dokumentationslücken wurden gemäß der Handlungsempfehlungen der TMF beseitigt. Das externe Audit verlief erfolgreich: Es gab weder Critical noch Major Findings.

Der aktuelle Insolvenzantrag von Kodak, das für mehr als 130 Jahre marktführende Entwicklung von Film und Fotografie steht, aber den Sprung in die Digitalisierung nicht vollständig geschafft hat, symbolisiert zugleich den Technologiewandel von analogen zu digitalen Technologien. Kodak steht auch für 80 Jahre Mikrofilm – ein Medium, das seit Jahrzehnten für die Archivierung eingesetzt, seit etwa 15 Jahren aber auch in den Klinikarchiven Deutschlands vermehrt durch die elektronische Archivierung abgelöst wird.

Diskussion bei der TMF- Infoveranstaltung

An den Diskussionen beteiligten sich IT-Experten, Archivleiter, Dienstleister, Studienverantwortliche, Auditoren und behördliche Inspektoren. © TMF e.V.