"Gezielter, strukturierter Austausch und Synergien für beide Partner"
Dr. Steffen P. Luntz © TMF e.V.
Die TMF und das KKS-Netzwerk haben eine Kooperationsvereinbarung getroffen. Zukünftig wollen beide Organisationen noch intensiver als bisher zusammenarbeiten. Im Gespräch mit CIRCULAR erläutert Dr. Steffen P. Luntz, wie beide Organisationen in der medizinischen Forschung zusammenspielen und welche Synergien sie nutzen wollen.
Das Interview erschien am 2. Juli 2014 im CIRCULAR 24, dem Newsletter des KKS-Netzwerks.
Welche Bedeutung haben TMF und KKSN in der Wissenschaftslandschaft? Was macht beide aus, wo gibt es Schnittstellen?
Die TMF ist eine interdisziplinäre Forschungsinfrastruktur. Sie setzt quasi eine Klammer um eine Vielzahl akademischer Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und thematischen Inhalten. Sie schafft einen Raum, um gemeinsam Fragen und Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit unterschiedlicher Expertise zu bearbeiten und Wissen auszutauschen. Dabei entwickeln sich die Arbeitsbereiche der TMF aus den Fragestellungen und dem Know-how ihrer Mitglieder.
Das KKS-Netzwerk fokussiert den Kontext klinische Studien. Seine Mitglieder, die Koordinierungs-/Zentren für Klinische Studien (KKS/ZKS), unterstützen als akademisch verankerte Experten Projekte in der patientenorientierten klinischen Forschung. Sie übernehmen umfängliche Aufgaben bei der Planung, Umsetzung und Auswertung klinischer Studien und bieten hierzu bedarfsgerecht auch individuelle Beratung an. Die Expertise des KKS-Netzwerks beruht also auf der konkreten Studienerfahrung seiner Mitglieder.
Und jetzt zur Frage nach der Schnittstelle: Klinische Studien sind ein wichtiges Teilthema der TMF. Hier bringt das KKS-Netzwerk gezielt Know-how ein. Viele Themen berühren klinische Studien, aber auch andere Forschungsprojekte, wie beispielsweise der Datenschutz, Biobanken oder die IT-Infrastruktur. Hier ist ein gezielter, strukturierter Austausch sinnvoll. Auch ergeben sich aus dem Bottom-Up-Ansatz der TMF, also der Idee, Fragen und Arbeitsaufträge aus dem Pool der Mitwirkenden in Eigenregie zu generieren, für beide Partner Synergien.
Gemeinsames Ziel ist es, Impulse und Fragestellungen im Verbund zu bearbeiten und intelligente Lösungen Ressourcen sparend zu entwickeln. Und selbstverständlich geht es immer auch darum, Know-how-Transfer in beide Richtungen zu ermöglichen. Dies sind Gründe dafür, eine entsprechende Kooperationsvereinbarung des KKS-Netzwerks mit der TMF zu schließen.
Die Kooperation basiert auf einer bereits etablierten Zusammenarbeit?!
Richtig! Viele Mitglieder des KKS-Netzwerks sind auch langjährige Mitglieder der TMF und haben hier bereits in der Vergangenheit in Arbeitsgruppen und an Projekten aktiv mitgewirkt. Hierzu nur zwei Beispiele:
Ein wichtiges und breit genutztes Ergebnis der Arbeit der Mitglieder des KKS-Netzwerks in TMF-Projekten sind die Muster-Standardarbeitsanweisungen zuvielen Arbeitsbereichen in klinischen Studien. Diese Standard Operating Procedures (SOPs) sind für interessierte Studiengruppen frei verfügbar auf der Webseite der TMF bereitgestellt. Der sehr umfassende Katalog an SOPs wurde vornehmlich von den Vertretern der Fachgruppe Qualitätsmanagement des KKS-Netzwerks erarbeitet und wird kontinuierlich weiter von Experten aus dem Netzwerk gepflegt.
In einem anderen Projekt wurden bundesweit Seminarezur Methodik klinischer Studien mit Medizinprodukten durchgeführt. Die Inhalte wurden von Experten aus unterschiedlichen Mitgliedsverbünden der TMF, auch von Mitgliedern des KKS-Netzwerks, zusammengetragen und referiert.
Welche Synergien bestehen zwischen TMF und KKS-Netzwerk?
Es existieren einige wichtige Schnittstellenthemen, die sich im Verbund viel gezielter bearbeiten lassen. Beispiele hierfür sind Abstimmungen zum Datenschutz, z.B. sekundäre Nutzung von Krankenakten, Organisation und Umgang mit Biobanken oder Registern, sowie auch – ganz aktuell – die neue EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln. Wir werden aber auch wechselseitig neue Themen anstoßen. Diese themenbezogene Zusammenarbeit findet zum einen in den Arbeitsgruppen statt, zum anderen auf Geschäftsstellen- und Vorstandsebene. Das wird langfristig die Sichtbarkeit beider Seiten weiter erhöhen.
Ein besonderes Anliegen: Die TMF-Arbeitsgruppe Management Klinischer Studien (AG MKS) unter Leitung des KKS-Netzwerks: Welche Ausrichtung wird die AG MKS zukünftig haben?
Die Themenschwerpunkte werden wir gemeinsam mit allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe entwickeln. Wir haben hier ja bereits in der Vergangenheit schon Arbeitsergebnisse vorgelegt. Die Kernfrage für die geplanten Aktivitäten ist stets: „Wie können wir die Entwicklung innovativer Therapien effektiv mit unserer spezifischen Expertise unterstützen?“ Hier geht es insbesondere darum, aktuelle Fragestellungen aus dem klinischen Umfeld aufzugreifen und die Expertise des KKS-Netzwerks auch für andere Gruppen gezielt nutzbar zu machen. Dabei werden wir beispielsweise den Einsatz zukunftsweisender Technologien sowie die konkrete Umsetzung gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben ins Visier nehmen.
Welche Entwicklung erwarten Sie?
Die Entwicklung der TMF speist sich zum einen aus der Bereitschaft ihrer Mitglieder, Wissen und Themen einzubringen und auszutauschen, zum anderen sollen Lösungen und Werkzeuge auch nachhaltig für die Wissenschaftsgemeinschaft zugänglich gemacht werden. Diese Schnittstellenarbeit wird weiter an Bedeutung gewinnen. Es geht darum, Know-how intelligent zu bündeln, gemeinsam über TMF und KKSN. Beide Organisationen sollen davon profitieren und sich gegenseitig gedanklich beflügeln sowie gemeinsam Ergebnisse erarbeiten. Ich freue mich daher sehr, diesen spannenden Prozess aktiv – auch als neues Mitglied im Vorstand der TMF – begleiten zu können!
Das Interview mit Dr. Steffen P. Luntz führte Stephanie Wolff (Geschäftsstelle KKS-Netzwerk) am 3. Juni 2014 in Köln.
Dr. med. Steffen Luntz ist seit 2009 Mitglied im Vorstand des KKS-Netzwerks, seit März 2014 auch Vorstandsmitglied der TMF e.V. Dr. med. Steffen Luntz promovierte in Heidelberg und wechselte nach der Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesiologie im Jahr 2001 als ärztlicher Projektmanager ins Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) Heidelberg. Seit 2005 ist Dr. med. Steffen Luntz Leiter des KKS Heidelberg.