Interview

"Im Bereich Grid-Anwendungen für bio­medizinische Forschung gibt es bisher noch viel zu wenig Austausch."

Interview mit Prof. Dr. Martin Hofmann-Apitius zur HealthGrid Conference 2009 und zur Grid-Technologie in der Medizin

Headergrafik für das Thema Digitalisierung & E-Health

© elenabsl - stock.adobe.com

"Ich bin davon überzeugt, dass wir uns auch national gut abstimmen und eine Community bilden sollten, die von den Erfahrungen der einzelnen Partner in diesem Bereich profitiert."

Prof. Dr. Martin Hofmann-Apitius ist Leiter der Abteilung Bioinformatik im Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen (SCAI) und Professor für „Applied Life Science Informatics“ am Bonn-Aachen International Center for Information Technology (B-IT) der Universität Bonn.

Das Interview führte Antje Schütt im Juli 2008.

Logo EHealth.com

Das Interview ist auch in der Zeitschrift E-HEALTH-COM Nr. 4 / 2008 erschienen.

Prof. Dr. Martin Hofmann-Apitius

Prof. Dr. Martin Hofmann-Apitius © TMF e.V.

Herr Professor Hofmann-Apitius, Sie haben gemeinsam mit der TMF zur HealthGrid Conference 2009 eingeladen, deren Programmchef Sie sind. Was erwarten Sie von der Konferenz?

Ich erwarte einen kritischen Rückblick auf mehrere Jahre HealthGrid-Förderung und ein stärkeres Feedback aus den USA: Auf der Healthgrid 2008 in Chicago vor wenigen Wochen haben wir festgestellt, wie viele Berührungspunkte es mit den Kollegen dort gibt. Diesen Dialog mit der „Szene“ in den USA würde ich gerne weiterführen. Außerdem erhoffe ich verstärkte Interaktion, denn leider gibt es im Bereich Grid-Anwendungen für biomedizinische Forschung bisher noch viel zu wenig Austausch.

Für die HealthGrid 2009 sehe ich zwei große Themen: Zum einen den Dialog mit der Pharma-Industrie wieder aufzunehmen, also das, was schon mal unter der Bezeichnung „PharmaGrids“ lief. Hier gibt es großes Interesse aus der Pharma-Industrie, ihre Anforderungen und ihren Ansatz zu biomedizinischem Grid-Computing zu diskutieren. Zum anderen wollen wir das große Problem der verteilten, heterogenen Daten aufgreifen. Hier hat sich in den vergangenen 20 Jahren wenig geändert, und das Thema wird nach wie vor weder in EU-Projekten noch in der Wissenschaft ausreichend adressiert. Datenintegration und Ansätze wie semantische Mediation sind einfach schwierig, und zwischen den Prototypen und der realen Anwendung liegt immer noch ein weiter Weg.

 

Wo sehen Sie konkrete Anwendungs­bereiche für Grid-Technologie in der Medizin?

Die Forscher generieren Daten, müssen Daten untereinander austauschen und Daten gemeinsam analysieren. Das sollte ein Healthgrid typischerweise unterstützen. Oftmals wird das aber zu spät berücksichtigt und bei 20 Datenproduzenten gibt es in großen Forschungskonsortien häufig nur einen Partner, der sich mit dem Datenhandling und den Analysemethoden auskennt. Das ist symptomatisch: Gerade in krankheitsbezogenen Forschungsnetzwerken wird meist viel zu spät und viel zu wenig über Daten, Datenmanagement, Datenspeicherung, Datenanalyse, Standards, Austausch oder ‚collaborative workspaces’ nachgedacht. Wichtig wäre auch, dass in den elektronischen Patientenrecords verknüpft wird, welche Materialien beispielsweise bei einem Patienten im Rahmen einer Studie entnommen wurden, was man an Molekularbiologie oder an Histopathologie bereits durchgeführt hat. Das ist schon lokal sehr schwierig, bei Beteiligung mehrerer Standorte wird die Komplexität natürlich noch größer.

 

Was ist Ihre Motivation, am Forum Grid teilzunehmen?

Ich bin mit meiner Abteilung im Fraunhofer-Institut in eine Reihe von HealthGrid-Projekten involviert. Darüber kam auch der Austausch mit dem MediGRID-Projekt zustande. Ich unterstütze sehr die Anstrengungen von Prof. Rienhoff, dem MediGRID-Projekt und der TMF und bin davon überzeugt, dass wir uns auch national gut abstimmen und eine Community bilden sollten, die von den Erfahrungen der einzelnen Partner in diesem Bereich profitiert. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Disziplinen verschwimmen immer mehr, deswegen ist es auch wichtig, dass es mehr Austausch beispielweise zwischen Bioinformatikern und Gesundheitstelematik-Experten gibt.