Medizininformatik-Initiative:
Ergebnisse aus Arbeitsgruppen und Workshops
Am 22.05.2017 fand in den Räumlichkeiten der TMF im Rahmen der Medizininformatik-Initiative der Workshop zum Thema „Semantische Interoperabilität“ statt. Ziel des Workshops war die Bereitstellung von Informationen und der Austausch von Erfahrungen zu Standards und Terminologien, die im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MI-I) von den Konsortien eingesetzt werden oder deren Einsatz zur Diskussion steht. Teilnehmer waren Vertreter aller sieben Konsortien sowie des Projektträgers im DLR. Internationale Experten berichteten innerhalb der ganztägigen Veranstaltung zu drei großen Themenblöcken: SNOMED CT, Standardisierung der Arzneimitteldokumentation und bioinformatische Standards. Die Schwerpunkte des Workshops wurden durch die MI-I-Arbeitsgruppe Interoperabilität bestimmt, die Themen der konsortienübergreifenden Interoperabilität adressiert. Alle drei Themen sind von besonderer Bedeutung für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens, der Gesundheitsversorgung und der Gesundheitsforschung in Deutschland. Die MI-I hat es sich zum Ziel gesetzt, die Vernetzung von Daten – und damit deren (Weiter-)Verwertbarkeit – zu verbessern. Kernvoraussetzung hierfür ist die Umsetzung semantischer Interoperabilität und der damit verbundene Einsatz international anerkannter Terminologien und Standards.
Den Einstieg in den ersten Themenblock – SNOMED CT – gab Ronald Cornet, Professor an der Universität von Amsterdam. In seinem Vortrag mit dem Titel „Experiences from pilot applications – implementation & application of SNOMED CT“ gab Cornet wertvolle Einblicke in die Einführung von SNOMED CT in den Niederlanden und den hierbei gewonnenen Erkenntnissen. Dabei beschrieb Cornet SNOMED CT als konkurrenzlos, um medizinische Sachverhalte detailliert, strukturiert, standardisiert und nachnutzbar zu erfassen, und warnte vor der Entwicklung weiterer Terminologien für Kontexte, die durch SNOMED CT bereits hinreichend abbildbar sind. Cornet hob hervor, dass eine Übersetzung von SNOMED CT in die jeweilige Landessprache nicht empfehlenswert sei, da diese den relevanten Kontext oft nicht ausreichend abbilde und entsprechende Terme häufig nicht der natürlichen Sprache entsprechen. Stattdessen empfiehlt Cornet den Aufbau anwendungsfallspezifischer Interface-Terminologien, um eine anwenderfreundliche Hilfestellung für die Kodierung anzubieten, die auch die Landessprache berücksichtigen kann. Als ausschlaggebende Faktoren für die erfolgreiche Einführung von SNOMED CT nennt Cornet unter anderem die intelligente Gestaltung von User Interfaces, den Aufbau einer organisatorischen Infrastruktur, Aufklärungs- und Schulungsangebote, das bewusste Profitieren durch den Einsatz von SNOMED CT sowie das Monitoring der Datenqualität. Ein direkter Benefit benötigt Zeit nach der Einführung, perspektivisch – so Cornet – führe die Nutzung von SNOMED CT u. a. zu einer Optimierung der Entscheidungsunterstützung, zu der Wiederverwendung von Daten im Forschungskontext und zu einem lernenden Gesundheitssystem.
Frau Dr. Stefanie Weber vom DIMDI vervollständigte mit ihrem Vortrag zum Thema „Mapping von SNOMED CT auf nationale Klassifikationssysteme“ den ersten Themenblock. Sie verwies auf mögliche Schwierigkeiten, die bei dem Mapping unterschiedlicher Terminologien und Klassifikationen auftreten können und was beim Betrieb bzw. bei der Pflege (teil-)automatisierter Mapping-Prozeduren zu berücksichtigen ist. Weber hob hierbei vor allem die Bedeutung der Transparenz über die Art des Mappings sowie die Äquivalenz mit der Ausgangs-Terminologie hervor.
Der zweite Themenblock adressierte die Standardisierung der Arzneimitteldokumentation. In dem ersten Beitrag „Elektronischer Medikationsplan auf der eGK“ stellte Moritz Becker von der gematik das vorgesehene Stufenkonzept für die Entwicklung und den Ausbau des elektronischen Medikationsplans vor. Ausbaustufe A sieht dabei laut Becker zunächst die Übernahme von Inhalten unterschiedlicher Fachkonzepte und Facharchitekturen vor. Die Einbindung von Standards sei in der zeitlich bislang nicht fixierten Stufe B denkbar, aber noch nicht festgelegt.
Frau Dr. Christine Haas (DIMDI) berichtete in ihrem Vortrag über die eindeutige Identifizierung von Arzneimitteln mit der internationalen ISO-Standards „Identification of Medicinal Products“ (IDMP) und zum Stand der Entwicklung dieses Sets aus fünf ISO-Standards für die Identifizierung und den Austausch von Medikationsdaten. Die Standards befinden sich aktuell noch in der Entwicklungs- bzw. Umsetzungsphase, seien aber zukünftig ein wichtiger Schritt zur Realisierung von Interoperabilität in einer grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung. Die nachfolgenden Vorträge von Dr. Kai Heitmann und Tom de Jong zu der Standardisierung der Arzneimitteldokumentation mit HL7 FHIR stellten das Potential des Einsatzes von FHIR sowie Einsatzbeispiele aus den Niederlanden vor. Heitmann betonte, dass FHIR für alle relevanten Arzneimittel-Prozesse entsprechende Ressourcen vorsieht, allerdings fehle bislang die erforderliche Infrastruktur in Deutschland. De Jong ergänzte einen Bericht zu den Erfahrungen mit dem Einsatz von FHIR in der niederländischen Infrastruktur und zeigte Schwierigkeiten, die sich aus der parallelen Verwendung unterschiedlicher Standards ergeben, und den aktuellen Lösungsweg auf.
Der dritte Themenblock sollte einen Überblick über bioinformatische Standards geben und Tools beschreiben, die diese Standards nutzen. Dr. Martin Kerick, tätig am Spanish National Research Council (CSIC), beschrieb in seinem Vortrag mit dem Titel “Relevante Standards und Tools in der Bioinformatik” die Vielfalt der in der Bioinformatik eingesetzten Software und Datentypen und betonte die Bedeutung reproduzierbarer Ergebnisse, was eine standardisierte Dokumentation erfordere. Den Abschluss des Themenblocks und des Workshops bildete der Vortrag von Prof. Thomas Wienker vom Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik zum Thema „Online Mendelian Inheritance in Man (OMIM) – ein online Kompendium menschlicher Gene und Phänotypen“. Wienker stellte die Entwicklung und die Inhalte des Katalogs menschlicher Gene und genetischer Störungen vor. Die Verknüpfung von Phänotyp und Genotyp erfolgt in OMIM unter Einsatz von Standards wie SNOMED CT, dem thematischen Ausgangspunkt des Workshops.
Die Inhalte und Ergebnisse des Workshops werden in der MI-I-Arbeitsgruppe Interoperabilität diskutiert und stellen eine Grundlage für die weitere Arbeit auf dem Feld der (semantischen) Interoperabilität innerhalb der Medizininformatik-Initiative dar.
Downloads
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3.1 Moritz Becker - Elektronischer Medikationsplan auf der eGK | 842.53 KB |
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3.2 Dr. Christine Haas - Identifizierung von Arzneimitteln mit IDMP | 1.53 MB |
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3.3 Dr. Kai Heitmann - Einsatz von FHIR im Rahmen der Arzneimitteldokumentation | 2.87 MB |