News

"Museumssoftware" verwaltet Bioproben

AG Biomaterial­banken der TMF zu Gast bei der Medizinischen Universität Graz

Außenfoto

Das österreichische Graz ist Standort einer der größten Biobanken in Europa. © TMF e.V.

Ob Bioproben oder Museumsexponate: Die Anforderungen an die IT-Systeme zur Verwaltung der gesammelten Objekte sind sehr ähnlich. Die Biobank an der Medizinischen Universität Graz – eine der größten Biobanken in Europa – setzt deshalb eine Software zur Verwaltung der Proben ein, die ursprünglich für Museumssammlungen programmiert worden ist. Dieser Synergieeffekt stieß bei den Mitgliedern der TMF-Arbeitsgruppe Biomaterialbanken bei ihrem Besuch der Grazer Biobank auf großes Interesse.

Univ.-Prof. Dr. Andreas Tiran und AG Mitglieder

Univ.-Prof. Dr. Andreas Tiran führte die Mitglieder der AG Biomaterialbanken durch die Biobank der Universität Graz. © TMF e.V.

Humane Proben sind nicht nur die teuerste Ressource medizinischer Forschung, sie sind auch nur in beschränktem Umfang verfügbar. Im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem zur Verfügung gestellten Material dienen Biobanken der systematischen Sammlung, Aufbewahrung und Verwaltung der biologischen Proben und der damit assoziierten klinischen Daten. „Wichtig ist dabei die starke Vernetzung der Biobank mit der klinischen Routinearbeit. Nur so kann es gelingen, einzelne Sammlungen von Bioproben, die bei der Behandlung von Patienten anfallen, in einer gemeinsamen, interdisziplinären Biobank zusammen zu fassen.“ Dies betonte Univ.-Prof. Dr. Andreas Tiran, Leiter der Organisationseinheit für Forschungsinfrastruktur an der Medizinischen Universität Graz, bei der externen Sitzung der AG Biomaterialbanken, die am 31. August und 1. September 2009 in Graz stattfand und mit einer Besichtigung der Biobank verbunden wurde.

In Graz konnte dieses Konzept mit tatkräftiger Unterstützung des Krankenhausträgers des Landeskrankenhauses (LKH) Universitätsklinikum Graz und der Universitätsleitung umgesetzt werden, so dass die Vision einer integrativen Biobank für eine gesamte Universität Wirklichkeit geworden ist. Dieses Modell bietet klare Vorteile, nicht nur für eine effizientere Nutzung der Proben für die akademische Forschung, sondern insbesondere auch für den datenschutzgesetzkonformen Betrieb der Biobank-Datenbanksysteme. So konnten optimierte IT-Prozesse zum bestmöglichen Schutz der persönlichen Rechte der Probenspender entwickelt werden. Die Leiterin der Biobank, Dr. Karine Sargsyan, erläuterte im Detail die Data Protection Policy unter Einbindung eines Datentreuhänderdienstes. Angeregt diskutierten die Teilnehmer aus Deutschland und Österreich über aktuelle Anforderungen bei Patienteninformationen und  Patienteneinwilligungen sowie das Datenmanagementkonzept.

Neben Fragen des Datenschutzes waren die vorgestellten IT-Lösungen von großem Interesse für die angereisten Gäste aus Deutschland. Einleitend stellte TMF-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Ulrich Prokosch die Ergebnisse des TMF-Projekts „IT-Strategie: Erstellung eines Anforderungskatalogs zur IT-Unterstützung von Biobanken“ vor. Auf besonderen Wunsch der Teilnehmer wurde in einer online-Vorführung die angepasste „Museumssoftware“ präsentiert, die vom Institut für Informationssysteme, Joanneum Research entwickelt wurde und nun in der Grazer Biobank eingesetzt wird. Bisher enthält das IT-System nur die Gewebeproben, soll in Zukunft jedoch die Daten sämtlicher etwa vier Millionen Bioproben der Medizinischen Universität speichern.

Für manche Fragestellungen ist jedoch eine noch so umfangreiche Sammlung einer einzelnen Institution nicht ausreichend. Univ.-Prof. Dr. med. Kurt Zatloukal, Pathologe an der Medizinischen Universität Graz und Koordinator der pan-europäischen Biobank-Infrastruktur BBMRI (Biobanking and Biomolecular Resources Research Infrastructure, www.bbmri.eu), betonte in seinem Referat die Notwendigkeit einer interdiziplinären und landesübergreifenden Zusammenarbeit von Biobanken. Eindrucksvolles Beispiel ist ein Cancer Genome Project in den USA, welches an der mangelnden Verfügbarkeit von Tumorproben gescheitert sei. Dies zeige, so Zatloukal, dass nicht vernetzte Biobanken an ihre Grenzen stießen.

ZMF Integrative Biobank

In Graz konnte eine integrative Biobank für die gesamte Universität verwirklicht werden. © TMF e.V.

Innerhalb von BBMRI sind inzwischen 260 nationale Partner und ihre jeweiligen Biobanken organisiert und stellen damit die größte potentielle Bioproben-Ressource weltweit dar. Diese Biobanken europaweit zu vernetzen – unter besonderer Berücksichtigung der diversen ethischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen – ist das Anliegen dieser europäischen Initiative. Auch 30 deutsche Partner sind an BBMRI beteiligt, von denen viele ebenfalls Mitglieder der TMF sind. Gefördert vom BMBF wird zurzeit gemeinsam von der TMF und vom Helmholtz-Zentrum München in einem Pilotprojekt die modellhafte Vernetzung von Biobanken innerhalb Deutschland erprobt.

Mit den Experten in Graz die Organisation und Arbeitsweise einer der größten Biobanken in Europa intensiv diskutieren zu können, war für die Teilnehmer des dritten Vor-Ort-Termin der Arbeitsgruppe Biomaterialbanken – nach Besuchen der Kryobank des Fraunhofer IBMT in Sulzbach und der Deutschen Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) in Braunschweig im Jahr 2008 – erneut hochinteressant und bereichernd. Die Reihe der externen AG-Sitzungen wird fortgesetzt.

Kurt Zatloukal

Univ.-Prof. Dr. med. Kurt Zatloukal, Pathologe an der Medizinischen Universität Graz und Koordinator der pan-europäischen Biobank-Infrastruktur BBMRI, betonte die Notwendigkeit einer interdiziplinären und landesübergreifenden Zusammenarbeit von Biobanken. © TMF e.V.

Dr. Andreas Tiran

Der Leiter der Organisationseinheit für Forschungsinfrastruktur an der Medizinischen Universität Graz, Univ.-Prof. Dr. Andreas Tiran, berichtete über die Vernetzung Biobank mit der klinischen Routinearbeit. © TMF e.V.

Dr. Karine Sargsyan

Dr. Karine Sargsyan, Leiterin der Grazer Biobank, erläuterte die Data Protection Policy unter Einbindung eines Datentreuhänderdienstes. © TMF e.V.

Präsentation Dr. Michael Hummel

Der Sprecher der Arbeitsgruppe Biomaterialbanken, PD Dr. Michael Hummel (Charité), stellte den Gastgebern die bisherigen Aktivitäten und Ergebnisse der TMF im Bereich Biobanken vor. © TMF e.V.

Besichtigung

Bei der Besichtigung der Biobank konnten die AG-Teilnehmer praktische Aspekte und Möglichkeiten der Lagerung und Verwaltung von Proben in einer Biobank begutachten. © TMF e.V.