News

Quali­tät von Regis­tern auf ver­schie­denen Ebenen heben – Konzepte und Werk­zeuge vorgestellt

Großes Interesse an Registertagen der TMF – Bezüge zwischen Projekten aufgezeigt

Zettelkasten by Andrey Kuzmin auf Shutterstock

Quelle: Andrey_Kuzmin/Shutterstock.com

Um die Qualität von Registern in der medizinischen Forschung zu steigern, setzt die TMF mit Projekten und Unterstützungsangeboten auf verschiedenen Ebenen an: bei der IT-Infrastruktur, bei datenschutzrechtlichen Fragen, bei den Anforderungen an die Datenqualität und bei der Transparenz über bestehende Register. Der Registertage-Workshop der TMF, der mit mehr als 50 Teilnehmern am 22. und 23. Mai 2014 unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Stausberg in Berlin stattfand, bündelte die Vorstellung von Ergebnissen mehrerer aktueller TMF-Projekte und zeigte die Bezüge zwischen ihnen sowie zu bereits bestehenden Angeboten der TMF auf.

Einführend erläuterte Professor Dr. Ulrich Sax (Universitätsmedizin Göttingen) in seiner Rolle als Sprecher der TMF-Arbeitsgruppe IT-Infrastruktur und Qualitätsmanagement  die Vielfalt der Themen und Projekte der AG, aus der auch das breite Spektrum an Unterstützungs­angeboten der TMF für Register resultiert. Professor Dr. Edmund A. Neugebauer (Universität Witten/Herdecke), Vorsitzender des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF), stellte die besondere Bedeutung von Registern in der Versorgungsforschung dar. Register lieferten komplementäre Informationen zu klinischen Studien, insbesondere auch, da sie die Effektivität einer Intervention im Versorgungsalltag abbilden können. Entscheidend seien dabei die Datenqualität und die Transparenz der Register. 
  

Ein sorgfältig erarbeitetes Daten­schutz­konzept sorgt für Transparenz und Vertrauen  

Medizinische Forschung ist langfristig auf das Vertrauen von Patienten und Probanden angewiesen. Gerade in Zeiten vermehrter Datenskandale – auch wenn sie keinen direkten Bezug zu Forschung mit Gesundheitsdaten haben – wird es immer schwieriger, dieses Vertrauen zu gewinnen und zu erhalten. Ein sorgfältig erarbeitetes und gut dokumentiertes Datenschutzkonzept kann für die notwendige Transparenz sorgen, wie Dr. Johannes Drepper (TMF) erläuterte.

Die TMF hat hierzu bereits vor mehr als zehn Jahren erste „generische“ Konzepte mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder abgestimmt und als Buch zur Verfügung gestellt. Diese Konzepte liegen als „Leitfaden zum Datenschutz in medizinischen Forschungsprojekten“ jetzt in einer grundlegend überarbeiteten Version vor. Ende März 2014 hat die Konferenz der Daten­schutz­beauftragten des Bundes und der Länder medizinischen Forschungseinrichtungen empfohlen, diesen Leitfaden als Basis für die konkrete Ausgestaltung ihrer Datenschutzkonzepte zu verwenden. Prof. Dr. H. J. Buhr, Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV), sprach im Anschluss an den Workshop von dem „unschätzbaren Verdienst“ der TMF, die Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erreicht zu haben. „Diese Leistung ist in meinen Augen nicht genug zu würdigen.“, so Buhr. Die Publikation des Leitfadens in der TMF-Schriftenreihe ist in Vorbereitung.

Stausberg Registertage Workshop 2014

Prof. Dr. Jürgen Stausberg moderierte die Registertage der TMF © TMF e.V.

51 Indi­ka­toren für Daten­qualität in Registern und Kohorten

Ebenfalls überarbeitet und aktualisiert wurde der Leitfaden zur Datenqualität in der medizinischen Forschung, dessen erste Auflage 2007 erschienen war. Für die Autoren stellte Prof. Dr. Jürgen Stausberg die Indikatoren zur Datenqualität vor, die in der revidierten Fassung von 24 auf 51 Indikatoren erweitert wurden. Berücksichtigt wurden dabei insbesondere auch spezifische Indikatoren der Krebsregister. Daniel Nasseh (LMU München) erläuterte den methodischen Ansatz und die Durchführung der Literatursichtung. Ergänzt wird der Band um konkrete Anwendungs­empfehlungen zu Registern, Kohorten und Data Repositories. Die Veröffentlichung der Neuauflage in der TMF-Schriftenreihe ist in Vorbereitung.

Thomas Schrader (Fachhochschule Brandenburg), Autor des Kapitels „Anwendungs­empfehlungen für Data Repositories“, betonte, dass die TMF-Leitlinie ein wichtiger Schritt in der Bewertung der Datenqualität von Registern sei. Entscheidend sei, dass alle am Datenmanagement beteiligten Personen sich für die Datenqualität verantwortlich fühlen müssten. 
 

Katalog der Anforderungen an die IT unterstützt auch die Planung von Kohorten und Registern

Kohorten und Register sind langfristige und komplexe Forschungsprojekte, deren Daten meist für verschiedene Forschungsvorhaben und von verschiedenen Forschergruppen genutzt werden. Dabei verändern sich die Anforderungen, die an die zugrunde liegende IT-Struktur gestellt werden: So sollen beispielsweise Biomaterialbanken eingebunden werden oder das Register wird mit Studien und anderen Forschungsprojekten verknüpft; die Datenmengen steigen stetig, die Kooperationsmöglichkeiten und Formen wandeln sich.

Claudia Michalik (ZKS Köln) stellte einen in der TMF erstellten Katalog vor, der die Anforderungen an die IT, die sich aus den Kernprozessen in Kohorten und Registern ergeben, strukturiert beschreibt. Die Anforderungen wurden in Anlehnung an die Phasenmodelle des DNVF und der Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ) in die Phasen Entwicklung, Betrieb und Abschluss gegliedert. Dabei habe sich, so Michalik, gezeigt, dass der Katalog nicht nur die Planung der IT, sondern grundsätzlich die Planung von Kohorten und Registern unterstütze. Noch nicht integriert seien die Anforderungen von Biobanken; dies könnte Aufgabe eines Folgeprojektes sein.  
 

Ein großes Register ist eine teure Infrastruktur

Einen anschaulichen Einblick in die Bandbreite unterschiedlicher Anforderungen an die IT-Unterstützung gaben Marguerite Honer (Mukoviszidose e.V.) für das neue Register für Mukoviszidose und Stefan Ostrzinski (Universität Greifswald) für die Nationale Kohorte.

Das Mukoviszidose-Register dokumentiert bereits seit fast 30 Jahren und hat 8.000 Patienten einmalig sowie davon 5.300 Patienten im longitudinalen Verlauf erfasst. Bisher war in den dokumentierenden Behandlungseinrichtungen eine spezielle Software installiert, was unter anderem erheblichen Aufwand beim Installieren von Softwareupdates mit sich brachte. Nun ist eine neue Registerarchitektur erarbeitet worden, die einen zentralen Betrieb ermöglicht. Bis zum geplanten Start der neuen Registersoftware Anfang 2015 bleibt noch viel Arbeit zu tun: von der Abstimmung des Datenschutzkonzepts über die Prüfung der Basisdatensätze und das Aufsetzen der neuen Datenbank bis zur Schulung der Anwender. Ein solch großes Register ist eine teure Infrastruktur, die, wie Marguerite Hohner darstellte, mit den finanziellen und personellen Ressourcen einer Patientenorganisation nur sehr schwer zu betreiben ist.

Die Nationale Kohorte, die über die nächsten Jahre in 18 Studienzentren Daten von insgesamt 200.000 Probanden sammeln und – zumindest teilweise – nachverfolgen soll, kann demgegenüber auf eine bessere Ressourcenausstattung zurückgreifen. Zentrale Herausforderungen für den IT-Einsatz in der Nationalen Kohorte liegen, wie Daniel Ostrzinski darstellte, in der dezentralen Organisation der Kohorte, in der Heterogenität der Daten und Erhebungsmethoden, in der langen Projektlaufzeit sowie nicht zuletzt in ethischen und datenschutzrechtlichen Fragen. Das IT-Team der Nationalen Kohorte setze auf die Etablierung einer einfachen und sicheren Infrastruktur. So müsste auf den Arbeitsstationen lediglich ein Web-Browser und JavaScript installiert sein; Software-Updates und Änderungen am Datenmodell beträfen nur die zentralen Server. Vollständig qualitätsgesicherte Daten seien für die wissenschaftliche Nutzung voraussichtlich ab 2018 verfügbar.  
 

Register der Register: Ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität

Gemeinsam bauen die TMF und das DNVF derzeit ein Registerportal als „Register der Register“ auf. Ziel ist es, Transparenz über die in Deutschland betriebenen und verfügbaren Register zu schaffen, mit der Entwicklung eines Leitfadens zur Guten Register-Praxis (GRP) zur Verbesserung der Qualität von Registern beizutragen und die Zusammenarbeit und den Austausch der Registerbetreiber untereinander zu fördern.

Prof. Dr. Jürgen Stausberg berichtete, dass zur Beschreibung der Register und Kohorten im Registerportal ein Metadatensatz festgelegt wurde. In einem Konsensprozess haben sich neun Experten, die verschiedene Typen von Registern und Kohorten vertreten, aus 19 Modulen mit insgesamt 195 Datenelementen auf 26 Merkmale im Kerndatensatz geeinigt.

Sebastian C. Semler (TMF) ergänzte, dass 2014 ein Betriebs- und Nutzerkonzept erarbeitet wird, auf dessen Basis dann die Software-Entwicklung angegangen werde. Anschließend könne mit der Bestandsaufnahme gestartet werden, wobei man bestehende Daten aus TMF-Umfragen zu Registern aus den letzten Jahren berücksichtigen werde. Ziel ist es, dass schließlich ein Kerndatensatz zu allen medizinischen Registern in Deutschland vorliegt. Darüber hinaus fließen Erfahrungen aus dem Aufbau des Deutschen Biobanken-Registers ein, das von der TMF betrieben wird. Für die zweite Stufe des Projektes werden aktuell noch Finanzierungs­möglichkeiten eruiert.