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Auch Superman würde im Verbund arbeiten

Gemeinsam besser forschen: TMF-School startet mit 24 medizinischen Verbundforschern

Schloss Rauischholzhausen

Tagungsort der TMF-School 2011: Schloss Rauischholzhausen © TMF e.V.

Der einsame Wissenschaftler im Labor gehört schon lange nur noch ins Reich der Mythen. Darüber waren sich die 24 Nachwuchs-Verbundforscher einig, die am 24. und 25. November 2011 an der ersten TMF-School teilgenommen haben. Viele gute Ideen konnten sich erst durchsetzen, nachdem die richtigen Partner mit im Boot waren. „Wir können davon ausgehen, dass auch Superman heute im Verbund arbeiten würde“, so Prof. Dr. Frank Ückert (Universität Mainz), der die Teilnehmer im Namen des Kuratoriums der TMF-School im Schloss Rauischholzhausen, dem Tagungshotel der Justus-Liebig-Universität Gießen, begrüßte.

Prof. Dr. Frank Ückert

Prof. Dr. Frank Ückert begrüßte die Teilnehmer der TMF-School 2011. © TMF e.V.

Die gemeinsame Forschung erfordert methodisches Wissen und Erfahrung mit ethischen und daten­schutz­rechtlichen Fragen ebenso wie Kenntnisse im Bereich des Datenmanagements oder der Epidemiologie. Ziel der TMF-School ist es, die Methoden­kompetenz der Verbundforscher zu stärken. Damit soll zugleich eine Lücke geschlossen werden, die zurzeit in den Curricula der einschlägigen Studiengänge noch besteht. Die TMF-School wird gemeinsam von der TMF, der GMDS und dem BVMI durchgeführt. Sie wird vom BMBF gefördert.

Mit dem Schwerpunkt „IT für Biobanken und Register“ war ein relevantes Thema angesprochen. Entsprechend hoch war die Resonanz auf die Ankündigung der ersten TMF-School: Bereits wenige Tage nach Versand der Einladungen war die Veranstaltung ausgebucht. 24 Verbundforscher konnten in diesem Jahr teilnehmen – ursprünglich waren nur 20 Teilnehmer vorgesehen. Etwa ebenso vielen Interessenten musste abgesagt werden. Die TMF School wird künftig jährlich stattfinden.
 

Fiktives „Netzwerk der kutanen Lorem-Ipsitis“ als Beispiel

In sechs thematischen Blöcken wurden die wesentlichen methodischen Aspekte behandelt, die beim Aufbau und Betrieb von Biobanken und Registern im Rahmen eines medizinischen Forschungsverbundes eine Rolle spielen. Am Beispiel des fiktiven „Netzwerks der kutanen Lorem-Ipsitis“ waren die Teilnehmer aufgefordert, auf Basis des theoretischen „Inputs“ in Gruppenarbeiten gemeinsam Lösungen für die jeweils skizzierten Probleme zu erarbeiten. Diesen Gruppenarbeiten sollte, so die durchgängige Meinung der Teilnehmer, in künftigen TMF-Schools noch mehr Bedeutung und Raum gegeben werden.

Dr. Annette Pollex-Krüger und Dr. Johannes Drepper

Dr. Annette Pollex-Krüger, Dr. Johannes Drepper © TMF e.V.

Forschungsmittel akquirieren

„Lesen Sie den Ausschreibungstext genau!“. Diesen banal klingenden, dennoch erfahrungsgemäß wichtigen Hinweis gab Dr. Annette Pollex-Krüger (Berlin) im letzten Block, in dem sie gemeinsam mit Dr. Johannes Drepper (Berlin) die Förderlandschaft und erfolgreiche Antragstellung im Kontext der Gesundheitsforschung thematisierte. Wesentlich sei auch, dass ein Antrag aus sich heraus verständlich sein sollte. „Versetzen Sie sich in den Gutachter hinein“, so ein weiterer praktischer Tipp.

 

Bessere Methodik für bessere Ergebnisse

Die Teilnehmer der TMF-School 2011 repräsentieren 24 verschiedene medizinische Verbundforschungsprojekte und fast ebenso viele verschiedene Standorte. Sie alle haben bereits erste oder gar umfangreiche Erfahrungen gesammelt und sind am Aufbau von Biobanken und Registern leitend beteiligt. Ihr Interesse ist es, die Qualität ihrer Forschungsarbeiten zu steigern, um letztlich für die jeweilige Patientengruppe bessere Ergebnisse zu erzielen.

Ein Kuratorium mit Experten aus TMF, GMDS und BVMI unter der Leitung von Prof. Dr. Frank Ückert hatte in den vergangenen Monaten das Curriculum der TMF-School erarbeitet. Die meisten Referenten sind schon seit langem in den Arbeitsgruppen der TMF aktiv und haben intensiv an der Entwicklung von Methoden und Lösungen für die medizinische Verbundforschung mitgewirkt.

Ein Netzwerk auf mehreren Ebenen

„Für eine erfolgreiche Vernetzung ist neben der technischen Infrastruktur auch die soziale Vernetzung der Forscher und die damit verbundene Vertrauensbildung ein Erfolgsfaktor für die Forschung“, stellte Ückert den Netzwerkgedanken heraus. „Dies wurde durch die familiäre Atmosphäre in dem romantischen Schloss Rauischholzhausen unterstützt.“ Auch die Rückmeldungen der Teilnehmer zeigen, dass die Möglichkeiten zum fachlichen Austausch mit den anderen Verbundforschern und den Referenten ganz wesentlich zum Erfolg der TMF-School 2011 beigetragen haben.

Viele Themen hätten ausführlicher und mit mehr Zeit für weitere Gruppenarbeiten bearbeitet werden können, darüber waren sich die Teilnehmer in der Abschlussrunde einig. Drei Tage sollen künftig für die TMF-School mindestens eingeplant werden. Wesentlich sei jedoch, so die wiederholt geäußerte Meinung der Teilnehmer, dass dieses Fortbildungsangebot nun überhaupt etabliert worden sei.

Abendessen im Kaminzimmer

Die TMF-School 2011 bot den Teilnehmern und Referenten die Möglichkeit zu intensivem fachlichem Austausch. @ TMF e.V.

Gruppenfoto

Gruppenbild der Teilnehmer und Referenten der ersten TMF-School vor dem Schloss Rauisch-holzhausen in der Nähe von Gießen © TMF e.V.

Bildcollage der Gruppenarbeit

In der Gruppenarbeit versuchten die Teilnehmer anhand eines gemeinsamen Szenarios - dem "Netzwerk der kutanen Lorem-Ipsitis" - die theoretischen Aspekte praktisch anzuwenden. © TMF e.V.

Prof. Dr. Jürgen Stausberg und Dr. Udo Altmann

Prof. Dr. Jürgen Stausberg, Dr. Udo Altmann © TMF e.V.

Methodische Grundlagen klinischer Register

Im zweiten Themenblock standen Informationen zur Planung und Umsetzung von klinischen Registern im Fokus. Prof. Dr. Jürgen Stausberg (München) stellte die methodischen Grundlagen dar, während Dr. Udo Altmann (Gießen) über die Besonderheiten von Krebsregistern berichtete. In der Gruppenarbeit zu diesem Thema formulierten die Teilnehmer selbständig die wesentlichen Fragen, die sich auch in der Praxis regelmäßig stellen.

Prof. Dr. Frank Ückert und Prof. Dr. Alfred Winter

Prof. Dr. Frank Ückert, Prof. Dr. Alfred Winter © TMF e.V.

Infrastruktur­fragen werden häufig unterschätzt

Prof. Dr. Frank Ückert (Mainz) führte in seinem gemeinsam mit Prof. Dr. Alfred Winter (Leipzig) konzipierten Vortrag in die Probleme der medizinischen Verbundforschung ein, wobei er insbesondere auf das Problemfeld der IT im Verbund abhob. So stellt sich in der Regel zu Beginn eines Verbundprojektes die Frage, wie Daten zwischen den beteiligten Partnern und Standorten ausgetauscht werden können.

Häufig wird die Frage der IT-Infrastruktur unterschätzt. In der Folge stehen zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung. Neben technologischen oder Standardisierungs­fragen spielen beim Austausch von Daten und Biomaterialien auch Aspekte wie Vertrauen und fairer Umgang mit den Ressourcen eine wichtige Rolle.

Ergebnisposter der Gruppenarbeit Block Drei

In der Gruppenarbeit machten die Teilnehmer sichtbar, welche Partner und Prozesse in einem klinischen Forschungsprojekt berücksichtigt und in der IT-Infrastruktur abgebildet werden müssen © TMF e.V.

Wesentlich für das Gelingen sind auch klare Management-Strukturen im Verbund. Gerade den so genannten „weichen“ Rahmenbedingungen kommt enorme Bedeutung zu, wenn in einem medizinischen Forschungsverbund eine gemeinsame IT-Struktur implementiert werden soll. In der abschließenden Gruppenarbeit stellten die Teilnehmer zusammen, welche Partner und Prozesse in einem klinischen Forschungsprojekt berücksichtigt und in der IT-Infrastruktur abgebildet werden müssen.

Prof. Dr. Michael Hummel und Dr. Dr. Michael Kiehntopf

Prof. Dr. Michael Hummel, Dr. Dr. Michael Kiehntopf © TMF e.V.

Bei Biobanken steckt der Teufel im Detail

Dr. Dr. Michael Kiehntopf (Jena) und Prof. Dr. Michael Hummel (Berlin) stellten zu Beginn des zweiten Veranstaltungstages die Prozesse vor, die für die Lagerung flüssiger Proben respektive Gewebeproben relevant sind. Bei diesem Thema „steckt der Teufel im Detail“, wie es einer der Teilnehmer formulierte. Eine hohe Qualität der Biomaterialien lässt sich nur durch konsequente Standardisierung und Kontrolle aller Biobank­prozesse erreichen Dabei müssen insbesondere die Prozesse beachtet werden, die vor der eigentlichen Einlagerung der Probe in die Biobank stattfinden.

Insgesamt ist jedoch der Einfluss einzelner Arbeitsschritte im Biobanken-Workflow auf die Qualität der Proben noch zu wenig untersucht. Eine wesentliche Rolle für ein hochqualitatives Biobanking spielen auch die verwendeten IT-Lösungen: eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen IT-Experten und Biobank­betreibern erscheint unerlässlich. Die Referenten betonten auch, dass die Gestaltung der Patienten­aufklärungen und Einwilligungs­erklärungen für Biobanken im Behandlungskontext relativ breit gestaltet sein muss.

Prof. Dr. Ulrich Sax und Dr. Thomas Ganslandt

Prof. Dr. Ulrich Sax, Dr. Thomas Ganslandt. © TMF e.V.

Weiche Rahmen­bedingungen entscheidend für den Aufbau von IT-Infra­strukturen

Anhand des gemeinsamen Szenarios – dem „Netzwerk der kutanen Lorem-Ipsitis“ – wurden anschließend gemeinsam die Rahmenbedingungen für den IT-Einsatz in Forschungsverbünden erarbeitet. Prof. Dr. Ulrich Sax (Göttingen) und Dr. Thomas Ganslandt (Erlangen) konnten zeigen, wie sinnvoll es ist, sich bei der Planung der notwendigen komplexen IT-Infrastruktur an Blaupausen bzw. an ähnlich aufgestellten, erfolgreichen Verbünden zu orientieren.

Prof. Dr. Klaus Pommerening und Dr. Rainer Röhrig

Prof. Dr. Klaus Pommerening, Dr. Rainer Röhrig © TMF e.V.

Vertrauen der Öffentlichkeit ist das A und O

Dies leitete über zum nächsten Block zum Thema Ethik und Datenschutz, der von Prof. Dr. Klaus Pommerening (Mainz) und Dr. Rainer Röhrig (Gießen) geleitet wurde. Eine Fülle an Regularien ist bei der Durchführung von Forschung am Menschen zu beachten. Sie alle haben vor allem den Zweck, das Wohlergehen des Einzelnen gegenüber allen anderen Interessen zu schützen. Entsprechend ist Forschung nur im Einverständnis mit dem Betroffenen möglich, muss der (mögliche) Nutzen der Forschung erkennbar und müssen die Risiken vertretbar sein. Wesentlich ist außerdem, dass die Forschung transparent ist. Ohne das Vertrauen der Öffentlichkeit in das verantwortungs­bewusste Handeln der Forscher kann Forschung sehr schnell unmöglich gemacht werden.

Datenschutzkonzepte, für die die TMF beispielsweise Vorlagen anbietet, müssen an den jeweiligen Typ der Forschung angepasst werden. Dabei spielen Konzepte wie Anonymisierung und Pseudonymisierung eine wesentliche Rolle.