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Evidenz­basierte Bio­banken-For­schung

Nachbericht zum 3. Nationalen Biobanken-Symposium – Vortragsfolien zum Download.

Posterpreisverleihung Biobanken Symposium 2014

Verleihung des Posterpreises © TMF e.V.

Proben bei niedrigen Temperaturen lagern, Mitarbeiter gut trainieren, Abläufe kontrollieren – so fasste Dr. Allison Hubel (University of Minnesota, USA) die wichtigsten Faktoren zusammen, die eine hohe Qualität von gelagerten Biomaterialien sicherstellen und Biobanken damit zu einer wertvollen und langfristig nutzbaren Ressource für die medizinische Forschung machen. Qualitätsmanagement von Biobanken war ein Schwerpunktthema am zweiten Tag des 3. Nationalen Biobanken-Symposiums, das am 3. und 4. Dezember 2014 mit 290 Teilnehmern in Berlin stattgefunden hat. Insbesondere wies Hubel darauf hin, dass eine Blut- oder Gewebeprobe heterogen aus verschiedenen festen und flüssigen Stoffen zusammengesetzt sei, die unterschiedliche Gefriereigenschaften hätten. Dies müsse bei der Probenlagerung berücksichtigt werden.

Stand eines Ausstellers Biobanken Symposium 2014

Stand eines Ausstellers beim 3. Nationalen Biobanken-Symposium 2014 © TMF e.V.

Ein zweiter internationaler Beitrag nahm die Analyse der prä-analytischen Variablen bei der Gewinnung und Lagerung von Blutproben für die klinische Forschung in den Blick. Dr. Mimi Roy (iON Bioservices, Sunnyvale, USA) stellte Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen vor, die zu einem evidenzbasierten Qualitätsmanagement von Biobanken-Forschung beitragen sollen. Roy erklärte, dass etwa fünf bis zehn Prozent der Proteine in einer Zelle während der Lagerungsprozesse degradieren, die restlichen Proteine seien stabiler. Insgesamt konnten bisher mehr als 20 Proteine als potentielle Biomarker für eine Degradierung aufgrund von Einfrier- und Auftauprozessen identifiziert werden. Bei -80 °C sind Veränderungen nach sechs Monaten zu beobachten. Bei einer Lagertemperatur von -20 °C ist die Zahl der Veränderungen größer.

Publikum Biobanken-Symposium 2014

3. Nationales Biobanken-Symposium 2014 © TMF e.V.

Interoperabilität ist zuallererst eine Nutzer-Domäne

Auf die Notwendigkeit, für das Biobanking bereits bestehende Standards verstärkt zu nutzen, um eine bessere IT-Unterstützung der komplexen Abläufe zu ermöglichen, hatte Dr. Sara Nußbeck (Universitätsklinikum Göttingen) bereits im Vorfeld des Symposiums in einem Interview hingewiesen. Gemeinsam mit Sebastian C. Semler (TMF) moderierte sie eine Session zu diesem Thema. Darin erläuterte Prof. Dr. Günter Haroske (Universitätsklinikum Dresden), dass insbesondere die semantische Interoperabilität eine große Herausforderung darstellt. Er stellte das Specimen-Container-Modell für Strukturierte Pathologiebefunde vor und betonte abschließend, dass Interoperabilität zuallererst eine Nutzer-Domäne und weniger eine IT-Aufgabe sei. Die TMF sollte Informationen dazu bereitstellen, welche Biobanken-Softwareprodukte für welchen Biobank-Typ am besten geeignet seien. Dies empfahl Daniela Skrowny (Universitätsmedizin Göttingen), die im Rahmen des IT-Reviewing-Projekts der TMF eine Marktanalyse der aktuellen Softwareprodukte vorgenommen hat. Ziel dieses Projektteils sei es auch, den Anforderungskatalog aus dem Jahr 2007 zu überarbeiten und nun einen generischen Katalog zu entwickeln, der in zwei Stufen Minimalanforderungen an eine IT-Infrastruktur für Biobanken und ergänzende Informationen bereitstellen soll.

Podiumsdiskussion Biobanken-Symposium 2014

Podiumsdiskussion zu Ethikkommissions-Voten in der Forschung mit Biomaterialien © TMF e.V.

„So viel wie nötig, so wenig wie möglich“

Unter der Prämisse „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ erläuterte Prof. Dr. Dr. Daniel Strech (Medizinische Hochschule Hannover) seine Ansicht zur Rolle von Ethikkommissionen in der Forschung mit Biomaterialbanken. Er plädierte für einen broad consent, betonte aber gleichzeitig die Bedeutung von Transparenz im Umgang mit Biomaterialien. Forschungsvorhaben, die mit besonderen Risiken einhergehen und daher von einer Ethikkommission beurteilt werden sollten, könnten durch Access Committees innerhalb der Biobanken selbst identifiziert werden. Dies erlaube den Ethikkommissionen, sich auf Hochrisikobereiche zu konzentrieren, schone Ressourcen und erleichtere die Forschung.  In ähnlicher Weise forderte Prof. Dr. Jochen Taupitz (Universität Heidelberg und Mannheim) eine Einbindung von Ethikkommissionen nur in Ausnahmefällen. Als Ausnahmefall charakterisierte er Forschungsprojekte, bei denen personen­identifizierende Daten verwendet werden, sowie ethisch oder rechtlich erheblich umstrittene Vorhaben. Außerdem sei die Bewertung einer Ethikkommission notwendig, wenn vorgesehen ist, Spender zu rekontaktieren, und wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung der Proben oder Daten über die Einwilligung der Spender hinaus geändert werden soll. Demgegenüber vertrat PD Dr. Tobias Herbst (Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Bremen) eine gegenläufige Meinung und bezeichnete Voten von Ethikkommissionen in der Forschung mit Biomaterialien als zwingendes Instrument.
 

ISBER: Ein globales Forum für Forschung mit Bio­materialien

Die „International Society for Biological and Environmental Biorepositories” (ISBER) hat zum Ziel, Ideen und Innovationen innerhalb der Biobankenszene zu teilen, die Aufbewahrung von Biomaterialproben zu vereinheitlichen, die Qualität von Biomaterialien zu sichern und Arbeitsprozesse in Biobanken so effektiv wie möglich zu gestalten. Darauf wies Dr. Fay Betsou (Integrated BioBank of Luxembourg, IBBL) hin, die die Aktivitäten und Initiativen von ISBER in der Evening Lecture des Symposiums vorstellte. ISBER ist ein globales wissenschaftliches Forum, das die Forschung mit Biomaterialien weltweit unterstützt. 2014 zählt die gemeinnützige Organisation mehr als 1000 Mitglieder aus 37 Ländern.

Das „ISBER Education and Training Committee“ und die „ISBER Biospecimen Science Working Group" haben Best Practices, Werkzeuge und Bildungsprogramme für die Forschung entwickelt. Dazu gehört das „Self Assessment Tool“ (SAT), eine Umfrage, die Teilnehmern erlaubt, ihre Übereinstimmung mit den Best Practices von ISBER zu testen. Mit dem Umfrage-Tool EQA (Preanalytical External Quality Assurance) können Biobanken ihre Qualitätssicherung der prä-analytischen Phase beurteilen. Bereits in mehreren Ländern erfolgreich angewendet wurde der „Sample PREanalytical Code“ (SPREC), mit dem die in vitro prä-analytische Geschichte von Biomaterialien auf standardisierte Weise dokumentiert werden kann. Zudem hat ISBER ein Programm entwickelt, das die Leistungsfähigkeit von Biomaterial-Prozessmethoden und die Genauigkeit von QC-Methoden bewertet (Proficiency Testing, PT).

Ausstelung wissenschaftlicher Poster zum Biobanking Biobanken Symposium 2014

Ausstellung wissenschaft-licher Poster zum Biobanking © TMF e.V.

Eine Kontakt- und Vermitt­lungs­stelle auf euro­päischer Ebene

Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Michael Hummel (Charité – Universitätsmedizin Berlin) stellte sich im Rahmen des Symposiums auch das vom BMBF geförderte Projekt „German Biobank Node“ (GBN) vor. GBN fungiert auf europäischer Ebene als Kontakt- und Vermittlungsstelle für die europäische Biobanken-Infrastruktur BBMRI-ERIC und vertritt dort die deutschen Interessen, wie Dr. Cornelia Rufenach (Charité – Universitätsmedizin Berlin, GBN) darstellte.

Aus Sicht der Förderpolitik soll eine Aufgabe von BBMRI-ERIC künftig sein, Forschern zu ermöglichen, in ganz Europa nach Proben zu suchen und sie zu finden. Das erläuterte Dr. Isabell Hahn (Projektträger Gesundheitsforschung im DLR). Der Nutzen von Biobanken sei potentiell erheblich, wenn qualitativ einwandfreie Proben wirklich genutzt würden. Weitere Aspekte von GBN neben der Entwicklung einer IT-Architektur sind das Qualitätsmanagement von Proben sowie das Thema Öffentlichkeitsarbeit für Biobanken.
 

Biobanken leisten wichtigen Beitrag für neue wissenschaftliche Entwicklungen

Eine zukunftsweisende wissenschaftliche Entwicklung, die jedoch noch einen weiten Weg vor sich hat, bevor sie in die klinische Anwendung kommen kann, ist die Liquid Biopsy-Diagnostik, über die Prof. Dr. Edgar Dahl (Universitätsklinikum Aachen) berichtete. Neue technologische Entwicklungen ermöglichten es hier, in neue Grenzbereiche der Analytik vorzustoßen. Es werde unter anderem daran geforscht, freie Krebs-DNA aus dem Blut zu analysieren. Die Digitalisierung des Messsignals mache es möglich, dies bereits mit einer sehr geringen Menge an Analyten zu tun, sagte Dahl. Potentielle Anwendungsfälle seien die Unterstützung der Früherkennung und Diagnose von Tumoren, die Verlaufskontrolle der Behandlung sowie die frühzeitige Erkennung von Resistenz-Mutationen gegen zielgerichtete Therapien und die entsprechende Stratifizierung der Patienten. Derzeit deute sich allerdings auch an, dass sich nicht alle Krebsarten gleichermaßen gut frühzeitig detektieren lassen. Biobanken leisteten einen wichtigen Beitrag, um die Liquid Biopsy voranzubringen, so Dahl.
 

Posterpreise an zentrale Biobanken in Hannover und Würzburg

Die Posterpreise des Symposiums, die in den Kategorien "Infrastruktur",  "Qualitätsmanagement" und "IT-Unterstützung und Interoperabilität" vergeben wurden, gingen an die zentralisierten Biobanken der Universitätskliniken Hannover (Hannover Unified Biobank, HUB) und Würzburg (Integrierte Biomaterial- und Datenbank Würzburg, ibdw). Ausgezeichnet wurden Dr. Norman Klopp, Inga Bernemann und Dr. Markus Kersting von der HUB und Dr. Michael Neumann von der ibdw.
 

Ausblick

Das 4. Nationale Biobanken-Symposium wird am 9. und 10. Dezember 2015 in Berlin stattfinden. 2016 soll die Veranstaltung gemeinsam mit ISBER als internationaler Kongress ebenfalls in Berlin ausgerichtet werden.

Fotos der Referenten

Dahl Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Edgar Dahl © TMF e.V.

Betsou Biobanken Symposium 2014

Dr. Fay Betsou © TMF e.V.

Duhm-Harbeck Biobanken Symposium 2014

Petra Duhm-Harbeck © TMF e.V.

Esslinger Biobanken Symposium 2014

Dr. Stephanie Esslinger © TMF e.V.

Findeisen Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Peter Findeisen © TMF e.V.

Gerloff Biobanken Symposium 2014

Dr. Thomas Gerloff © TMF e.V.

Hahn Biobanken Symposium 2014

Dr. Isabell Hahn © TMF e.V.

Haroske Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Günter Haroske © TMF e.V.

Herbst Biobanken Symposium 2014

PD Dr. Tobias Herbst © TMF e.V.

Hubel Biobanken Symposium 2014

Dr. Allison Hubel © TMF e.V.

Hummel Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Michael Hummel © TMF e.V.

Kiehntopf Biobanken Symposium 2014

PD Dr. Dr. Michael Kiehntopf © TMF e.V.

Krawczak Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Michael Krawczak © TMF e.V.

Kuhn Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Klaus Kuhn © TMF e.V.

Lablans Biobanken Symposium 2014

Martin Lablans © TMF e.V.

Lauterböck Biobanken Symposium 2014

Lothar Lauterböck © TMF e.V.

Lewandowski Biobanken Symposium 2014

David Lewandowski © TMF e.V.

Lindpaintner Biobanken Symposium 2014

Dr. Klaus Lindpaintner © TMF e.V.

Rehman Biobanken Symposium 2014

Ateequr Rehman © TMF e.V.

Roy Biobanken Symposium 2014

Dr. Mimi Roy © TMF e.V.

Jahns Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Roland Jahns © TMF e.V.

Rufenach Biobanken Symposium 2014

Dr. Cornelia Rufenach © TMF e.V.

Siddiqui Biobanken Symposium 2014

Dr. Roman Siddiqui © TMF e.V.

Schmidt Biobanken Symposium 2014

Dr. Lotte Schmidt © TMF e.V.

Skrowny Biobanken Symposium 2014

Daniela Skrowny © TMF e.V.

Spörl Biobanken Symposium 2014

Dr. Gabriele Spörl © TMF e.V.

Strech Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Dr. Daniel Strech © TMF e.V.

Taupitz Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Jochen Taupitz © TMF e.V.

Umbach Biobanken Symposium 2014

Dr. Nadine Umbach © TMF e.V.

Wieland Biobanken Symposium 2014

Dr. Mathias Wieland © TMF e.V.

Zeller Biobanken Symposium 2014

Prof. Dr. Tanja Zeller © TMF e.V.

Wolf Biobanken Symposium 2014

Dr. Andreas Wolf © TMF e.V.

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