Interview

"Vernetzte Forschung wird schneller und mehr für die Patienten erreichen"

Interview mit Mirjam Mann, Geschäfts­führerin der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. anlässlich des neu eingerichteten Forums Patienten­vertreter in der TMF

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"Aus Patientensicht ist es ein echter Fortschritt, dass die TMF im Bereich der Forschung die Vernetzung stärkt und die Nutzung der vorhandenen Ressourcen optimiert"

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Das Interview erscheint parallel in der E-Health-Com Nr. 6 | 2009.

Portraitbild Mirjam Mann

Mirjam Mann (ACHSE e.V.) © TMF e.V.

Frau Mann, Patienten mit Seltenen Erkrankungen entwickeln sich oftmals zu „Forschern in eigener Sache“. Warum?

Betroffene fühlen sich im Moment der Diagnose ihrer eigenen Krankheit oder der ihres Kindes oft allein gelassen. Niemand scheint ihre Erkrankung zu kennen oder zu wissen, was zu tun ist. Schon der Weg zur Diagnose ist für Betroffene oft eine Odyssee, erst recht die Suche nach einer wirksamen Behandlung. Schnell erkennen sie, dass ihnen andere Betroffene am Besten helfen können. In Selbsthilfeorganisationen tauschen sie sich über ihre Erfahrungen aus, Ängste, Sorgen, den zu erwartenden Krankheitsverlauf, über Ärzte und wirksame Medikamente. Die Patienten werden gemeinsam zu Experten ihrer Erkrankung – nicht selten zu den einzigen. Dadurch wird Ihnen auch schnell bewusst, dass nur nach ihrer Erkrankung gezielt geforscht werden wird, wenn sie dies selbst vorantreiben und ermöglichen.

 

Was können Patienten­organisationen tun, um die Forschung zum jeweiligen Krankheitsbild voranzutreiben?

Die Patientenorganisationen sind immer mehr eine treibende Kraft in der Forschung. Sie bringen die verschiedenen Akteure zusammen, um nach ihrer Erkrankung zu forschen, sie fördern Forschung, und sie betreiben in Einzelfällen sogar eigene Forschungsinstitute. Dort wo die Patienten am aktivsten sind, gibt es nachweislich die größten wissenschaftlichen Fortschritte. Für Betroffene ist die Forschung der einzige Weg zu einer besseren Behandlung, mehr Lebensqualität, mehr Lebensdauer oder vielleicht sogar Heilung – für Menschen mit einer Seltenen Erkrankung von elementarer Bedeutung.

 

Forscher und Patienten müssen sich verständigen können, um den wissen­schaft­lichen Fortschritt gemeinsam voranzubringen. Welche Hilfestellung gibt die ACHSE dazu?

Forscher und Ärzte benötigen ein gemeinsames Grundverständnis, eine gemeinsame Sprache und einen guten Informationsaustausch, um gemeinsam die Forschungsprojekte initiieren und die Ergebnisse schneller in die Patientenversorgung bringen zu können. Wir führen für unsere Mitgliedsverbünde zum Beispiel Fortbildungen durch, um Sprache und Methodik der Forscher zu vermitteln. An der nächsten Veranstaltung im kommenden Frühsommer wird auch die TMF beteiligt sein.

 

Die TMF hat ein „Forum Patienten­vertreter“ eingerichtet. Welche Rolle spielt die TMF für die Patienten?

Aus Patientensicht ist es ein echter Fortschritt, dass die TMF im Bereich der Forschung die Vernetzung stärkt und die Nutzung der vorhandenen Ressourcen optimiert. Die Entwicklung von Standards und technischen Lösungen spart Zeit und Geld, die für weitere Forschung eingesetzt werden können. Eine vernetzte Forschung, die vom Wissen und den Erfahrungen anderer profitiert, wird schneller und mehr für die Patienten erreichen. Damit trägt die TMF langfristig zu einer besseren Versorgung und einer größeren Lebensqualität der Patienten bei.