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Biobanking in herausfordernden Zeiten: Energieeffizienz und neue Technologien weisen den Weg in ein nachhaltigeres Biobanking

Nachbericht zum 11. Nationalen Biobanken-Symposium 2023

Berlin, 19. Juli 2023. Unter dem Motto „Biobanking in herausfordernden Zeiten“ fand vom 25.-26. Mai 2023 in Berlin das 11. Nationale Biobanken Symposium statt, das 200 Expertinnen und Experten aus Forschung, Industrie und Politik zusammenbrachte. Thematisiert wurden aktuelle Herausforderungen des Biobankings, die sich insbesondere durch die Energiekrise zuspitzen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten Lösungsansätze für nachhaltigere Strategien auf, die vor allem durch neue Technologien, künstliche Intelligenz und Big Data-Ansätze getrieben sind. Das Biobanken-Symposium ist das größte nationale Branchentreffen im Biobanking. Es wurde gemeinsam von der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF e.V.) und dem German Biobank Node (GBN) ausgerichtet.

In ihrer Eröffnungsrede wies die Tagungspräsidentin PD Dr. Sara Nußbeck von der Zentralen Biobank der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) darauf hin, dass „Biobanken sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie sie ihre Aktivitäten effizienter und ressourcenschonender gestalten können, ohne dabei die Qualität im Biobanking zu beeinträchtigen“. Gleichzeitig sei es wichtig, dass sich Biobanken auf den Einsatz neuer Technologien fokussieren, um nachhaltiger zu handeln, so Nußbeck.

 

In acht wissenschaftlichen Sessions wurden anschließend im Rahmen des zweitägigen Symposiums Anforderungen, Nutzen und Voraussetzungen für ein erfolgreiches Management von Biobanken besprochen.
 

 

Session 1: Wissenschaftlicher Nutzen und Success Stories von Biobanken: Was ergibt sich daraus für die Zukunft?

Die erste Session des Biobanken Symposiums beschäftigte sich mit dem wissenschaftlichen Nutzen und Success Stories von Biobanken.

 

Prof. Dr. Andres Metspalu präsentierte in seinem Vortrag "From Biobanking to Personal Medicine: an Estonian case" den estnischen Biobank-Ansatz und erläuterte, wie Biobanken zur personalisierten Medizin beitragen können. In Estland werden bis zu ein Prozent der Bevölkerung mittels einer Ganzgenomsequenzierung sequenziert. Davon sind bereits 200.000 Genome und Patientendaten im europäischen Gesundheitsdatenraum verfügbar. Das Land ist damit wegweisend in Europa.

 

Prof. Dr. Birgit Sawitzki berichtete über den Nutzen von effizientem Biobanking zur Aufklärung von Immunpathologien bei COVID-19. Ihr Team analysierte in Zusammenarbeit mit der Zentralen Biobank der Charitè Berlin und dem BIH die Rolle von T-Zellen bei schwerem COVID-19.

 

 

 

Tilman Pfeffer referierte über das Autopsie-basierte COVID-19 Biobanking, das von der Gewebebank des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und den fünf baden-württembergischen Universitätspathologien initiiert wurde. Seit Beginn des strukturierten Autopsieprogramms konnte ein umfassendes qualitätsgesichertes Register mit Probensammlung von über 300 Autopsien mit ca. 12.500 Gewebeproben aufgebaut werden. So wurden zahlreiche Publikationen und Erkenntnisse zu schweren COVID-19 Verläufen veröffentlicht.

 

Session 2: Future Directions of Biobanking

Am Thema künstliche Intelligenz (KI) kommt niemand mehr vorbei: Prof. Dr. Dr. Torsten Haferlach, MLL Münchner Leukämielabor, und Prof. Dr. Philipp Jurmeister, Pathologisches Institut der LMU München, berichteten in Ihren Vorträgen von heutigen Anwendungsfeldern und möglichen künftigen Szenarien der KI.

 

Prof. Dr. Philipp Jurmeister erläuterte, dass heutige Einsatzmöglichkeiten der KI beispielsweise in der Quantifizierung von Bildeigenschaften zur Abschätzung der Wirksamkeit eines Medikaments oder in der Vorselektion relevanter Bildareale, der Priorisierung von Fällen und der Quantifizierung des Tumorzellgehalts bei der Gewebeerkennung liegen. Herausforderungen für die KI sind seltene Diagnosen, weil der Trainingseffekt fehlt, so Jurmeister.

 

Prof. Dr. Torsten Haferlach betonte die Bedeutung gut charakterisierter Proben, die verknüpft mit umfassenden genetischen Informationen, in den Biobanken zugänglich sind. Eine moderne Labormedizin sollte digitalisiert sein und Schnittstellen für die Verknüpfung mit verschiedenen Geräten und Speichermedien bieten. „In Zukunft werden umfassend charakterisierte Biobanken in Verbindung mit Algorithmen und künstlicher Intelligenz großes Potenzial für die Erforschung von Krankheiten und für die Entwicklung neuer Medikamente bieten“, so Haferlach. Eine vollständige digitale Vernetzung verschiedener Plattformen sei dabei entscheidend, um die optimale Nutzung von Biobanken zu ermöglichen.

 

Prof. Dr. Michael Hummel, Sprecher des German Biobank Node (GBN), ging in seinem Vortrag auf die Verknüpfung von Biobanken mit den Datenbeständen deutscher Universitätskliniken durch die Medizininformatik-Initiative (MII) ein. „Wir haben mit der Verlinkung von Proben und Daten im Projekt ABIDE_MI der MII einen wichtigen Meilenstein erreicht“, so Hummel. Er rief alle Biobanken auf, das Projekt weiter voranzubringen und ihre Proben im Forschungsdatenportal der MII anzubinden. Weiterhin ging er auf die zukünftige Perspektive von GBN ein. Die dort vorhandenen Strukturen sollen ab Juni 2025 unter dem Dach des Netzwerks Universitätsmedizin gebündelt werden. Das soll die Biobanken stärken und zu einer besseren Sichtbarkeit in Deutschland und der EU beitragen.

 

Dr. Tanja Fröhlich von der Liquid Biobank Bern am Bern University Hospital stellte dar, dass die Digitalisierung von Biobankprozessen, d.h. die Automatisierung von Prozessen mit Hilfe digitaler Technologien, ein großes Potenzial für Biobanken im Hinblick auf Qualität und wirtschaftliche Nachhaltigkeit birgt. Durch die Reduzierung menschlicher Fehler gewinnt man eine bessere Probenqualität bei gleichzeitig reduzierten Kosten. Derzeit werden von nur einer einzigen Person durchschnittlich 150 Primärproben mit über 160 verschiedenen aktiven präanalytischen Profilen pro Tag parallel bearbeitet.

 

Session 3: Anforderungen & Technologien

Eine Vielzahl neuer Entwicklungen, Technologien und Methoden fordern das Biobanking heraus. Für Biobanken stellt das eine Chance dar, sich zu profilieren. Von der Mikrobiomforschung über Organoide bis zu Single Cells: Dr. Corinna Bang, Dr. Franziska Baenke und Dr. Claudia Semprich gaben in Ihren Vorträgen wertvolle Einblicke in ihre Forschungsgebiete und die daraus sich ergebenden Anforderungen an das Biobanking.
 

Dr. Corinna Bang, Leiterin des Mikrobiomlabors am Institut für Klinische Molekularbiologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, führte in ihrem Vortrag in die Mikrobiomforschung und seine große Bedeutung im Bereich der personalisierten Medizin ein. Hierbei zeigte sie u.a. auch die Einzelheiten zur Verarbeitung von Stuhlproben im Labor auf, die im Bereich Biobanking momentan noch sehr schwer umzusetzen sind, da die Aliquotierung und weitere Verarbeitung händisch geschehen muss. Daneben ist es vor allem aber auch der benötigte Lagerplatz bei -80°C, der zu Schwierigkeiten im Bereich des Biobankings führt, da die Studien immer größer werden und oft noch Originalstuhlproben für weitere Anwendungen benötigt werden.

 

Dr. Franziska Baenke, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, sprach über gastrointestinale Organoide als Avatare für die personalisierte Onkologie. Sie erläuterte, dass Patienten-derivierte Organoide (PDOs) ein wichtiges Tool sind, um Krankheiten besser zu verstehen und um in Zukunft die personalisierte Behandlung von Krebspatientinnen und -patienten weiter voranzutreiben. Derzeit stelle die Standardisierung in der Herstellung der Organoide noch eine Herausforderung dar und die Anwendung von Organoiden ist noch in einem frühen Stadium. Dennoch zeigen erste Studien vielversprechende Ergebnisse und deuten darauf hin, dass PDO in Zukunft einen bedeutenden Beitrag zur Krankheitsmodellierung, Medikamentenentwicklung und zur Präzisionsmedizin leisten könnten.

 

Dr. Claudia Semprich vom Wellcome Sanger Institute erläuterte in ihrem Vortrag, dass es einen zunehmenden Bedarf an der Analyse von Zellen gibt, die sich äußerlich ähnlich zu sein scheinen, aber unterschiedliche Funktionen haben. Die Einzelzellsequenzierungsmethoden ermöglichen dieses feinkörnige Profiling von Geweben und den darin enthaltenen Zellen. Semprich gab einen Überbick über die derzeit verfügbaren Einzelzellsequenzierungsmethoden, wobei der Schwerpunkt auf der Einzelzell-RNA-Sequenzierung lag. Anhand eines Beispiels zeigte sie auf, wie leistungsfähig ein Einzelzellatlas bei der Beantwortung von Fragen zur Entwicklung und Zusammensetzung sowie als gesunde Referenz für kranke Proben ist. Abschließend stellte sie die Herausforderungen bei der Arbeit mit Gewebe aus Biobanken zur Erstellung eines Single Cell Atlas dar: „eine angemessene Gewebekonservierung ist sehr bedeutsam“, so Semprich.

 

Session 4: Industrie-Session: Lieferketten, Energiesparen, Klimaneutralität

Die Industrie-Session beschäftigte sich insbesondere mit dem Thema Lieferketten, Energiesparen und Klimaneutralität. Dr. Andrea Kühn-Steven vom Helmholtz Zentrum München ging das Thema der Nachhaltigkeit im Gesundheitssektor ein, die im operativen Betrieb sehr energie- und ressourcenintensiv ist. Es gelte jetzt, nachhaltiger zu handeln, so Kühn-Steven. Waldemar Janzen von LVL Technologies stellte dar, wie man durch das Recycling von Racks wesentlich zur Einsparung von CO2 beitragen kann.

 

Session 5: Krisensichere Aufstellung der Biobanken

In Session 5 des Biobanken-Symposiums wurden verschiedene Aspekte der krisensicheren Aufstellung von Biobanken vor dem Hintergrund der anhaltenden weltweiten Energiekrise behandelt. Prof. Dr. Dr. Jens Habermann, Generaldirektor der europäischen Initiative BBMRI_ERIC, präsentierte die europäische Sicht des Biobankings und zeigte Herausforderungen und Lösungsansätze auf, um die Kontinuität von Biobanken auch in schwierigen Zeiten sicherzustellen. Er betonte, dass das Zusammenkommen mit der Medizininformatik-Initiative für die Biobanken eine große Chance darstelle, um die Proben noch weiter nutzbar zu machen und den Anschluss an den Europäischen Gesundheitsdatenraum herzustellen. „Die deutschen Biobanken sind über den German Biobank Node bereits in herausragender Weise auf internationaler Ebene sichtbar. ABIDE_MI ermöglicht es ihnen nun, eine bedeutende Rolle in datenfokussierten europäischen Forschungsinitiativen sowie dem Europäischen Gesundheitsdatenraum zu spielen“, so Habermann.

 

Was darf eine Bioprobe kosten? Dieser Frage versuchten sich Dr. Romy Kirsten, Integrated Biobank Mannheim, und Dr. Michael Neumann, Interdisziplinäre Biomaterial- und Datenbank Würzburg (ibdw), anzunähern. Kirsten berichtete, dass es sehr verschiedene Kostenmodelle an den Standorten gibt, da die Höhe der institutionellen Förderung sehr unterschiedlich sei. Ziel ist die adäquate Erstattung von Biobankleistungen als Baustein für eine nachhaltige Finanzierung. Neumann stellte die Ergebnisse eines Workshops in der TMF zur Kostenkalkulation von Biobankleistungen vor.

 

Andreas Nessel, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), berichtete über den nachhaltigen Bau eines Biorepositories, welches als KfW55 Haus in Holzbauweise mit Geothermie-Erdsonden sowie Wärmerückgewinnung erbaut wurde. Das Haus spart dadurch 16,4 Tonnen CO2 im Jahr.

 

Evening Lecture: Green-Lab Zertifizierung und Freezer Challenge

Die unsichere Lage und damit einhergehende Preissteigerungen und Lieferengpässe beeinträchtigen die Arbeit von Biobanken in Deutschland merklich. Insbesondere bei der Lagerung von Proben in -80°C-Ultratiefkühlgeräten sind die Betriebskosten deutlich gestiegen. Nicht allein um Kosten zu sparen, sondern um ihr Labor klimaschonender zu betreiben, beteiligte sich ein Team der Umweltmedizin der Universität Augsburg an der „Freezer Challenge“ der US-Initiative „My Green Lab“. Mit Erfolg – unter 1.200 teilnehmenden Laboren aus aller Welt gewannen sie in der Kategorie „Academic/Large Size Lab“. „Mithilfe verschiedener Maßnahmen konnten wir unseren Energieverbrauch deutlich senken. Bestimmte Proben, die dies vertragen, lagern wir zum Beispiel nun bei höheren Temperaturen“, so Dr. Claudia Hülpüsch, Leiterin des Fachbereichs „Mikrobiom“. „Außerdem warten wir unsere Kühlgeräte sehr gründlich und regelmäßig.“

 

Session 6: Internationales Biobanking

Der zweite Tag des mit mehr als 200 Teilnehmenden gut besuchten Biobanken-Symposiums begann mit einem bewegenden Bericht über die Rettung einer ukrainischen Biobank vor den Kriegshandlungen in der Ukraine. Svetlana Gramatiuk, Leiterin der Ukraine Association of Biobanks, berichtete darüber, wie der Probenbestand einer Biobank aus Kharkiv in der Ukraine nach Österreich evakuiert werden konnte. Auch deutsche Biobanken haben Bioproben aus der Ukraine sehr unbürokratisch untergebracht.

 

Prof. Dr. Manon Huizing, BBMRI.be, stellte in Ihrem Vortrag die Implementierung eines neuen Biobankgesetzes in Belgien vor. „Das Biobankgesetz hat viele positive Auswirkungen“, so Huizing. „Wir beobachten dadurch eine verstärkte Zentralisierung des Biobankings, eine bessere Rückverfolgbarkeit von Proben sowie Auffindbarkeit von Biobanken. Das fördert die Zusammenarbeit zwischen Forschenden. Wenn die Dinge reguliert sind, dann kann man schneller handeln“, so Huizing.

 

Anders Jensen von der Danish National Biobank berichtete in seinem Vortrag über den Aufbau einer großen nationalen Biomaterialsammlung in Dänemark, der Danish National Biobank, welche am Statens Serum Institut angesiedelt ist. Sie bietet hochmoderne und vollautomatische Bioprobenlager sowie Laboreinrichtungen.

 

 

Der vierte Vortrag in der internationalen Session schaut nach Tschechien: Die RECETOX-Kohorte ist eine langfristige epidemiologische Studie, die von der Forschungseinrichtung RECETOX an der Masaryk-Universität in Brünn, Tschechien, durchgeführt wird. Das Ziel der Kohorte besteht darin, den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Gesundheit zu untersuchen, berichtete Dr. Pavel Piler in seinem Vortrag. Die Teilnehmenden der RECETOX-Kohorte sind Männer und Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die in der Stadt Brünn und den umliegenden Gebieten leben. Durch die Langzeitbeobachtung der Teilnehmenden können Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren, genetischen Merkmalen und Krankheitsentwicklung untersucht werden.

 

Session 7: IT und Datenqualität beim Biobanking

In Session 7 des Biobanken-Symposiums wurden verschiedene Aspekte der IT und Datenqualität beim Biobanking diskutiert.

 

Eine einfache Abfragbarkeit der an einem Standort verfügbaren Bioproben stellt eine wichtige Grundfunktionalität einer Biobank dar. Dr. Daniel Brucker, Biomaterial- und Datenbank Frankfurt (iBDF), und Patrick Skowronek, Deutsches Krebsforschungszentrum, entwickelten aus diesem Bedarf heraus ein Dashboard auf Basis des Sample Locators, welches nicht nur Proben besser auffindbar macht, sondern auch die Möglichkeit bietet, diese zu explorieren. Das Dashboard erleichtert sowohl der Biobank als auch den Entscheidern das Reporting und ermöglicht eine einfache Überprüfung der aggregierten Daten auf ihre Qualität und Richtigkeit. Auf derselben Datenbasis können auch Qualitätskennzahlen (Key Performance Indicator, KPI) der Biobank, wie zum Beispiel Probenein- und Ausgangsquote, Lagerungsdauer, Probenanzahl etc. auf einer Website übersichtlich dargestellt werden.

 

Biobanken tragen eine hohe Verantwortung für die Qualität der Bioproben, die sie lagern und herausgeben. Umso bedeutsamer ist es, systematisch alle Schritte von der Probenentnahme über den Transport, die Probenverarbeitung bis hin zur Einlagerung, Lagerung und Herausgabe der Probe zu dokumentieren. Dr. Michael Neumann von der Interdisziplinären Biomaterial- und Datenbank Würzburg (ibdw) stellte in seinem Vortrag die sehr aufwändige und innovative qualitätsgesicherte Dokumentation des gesamten Bioproben-Life Cycle in Würzburg vor.

 

Jakob Keller, Zentrale Biobank der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), präsentierte die Prozesse der Probendatenqualitätsüberprüfung in der Praxis der zentralen Biobank der Universitätsmedizin Göttingen. Der Vortrag beleuchtete die verschiedenen Schritte und Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Datenqualität bei der Erfassung und Verwaltung von Probendaten sicherzustellen. „Probendaten sind sehr wichtig: ohne Daten ist keine sinnvolle Verwendung der Proben möglich“, betonte er.

 

Der nächste Vortrag von Dr. Kristina Götze, UCT Biobank Frankfurt, befasste sich mit Softwarelösungen in der Biobank. Die Referentin stellte die in der UCT Biobank entwickelte und implementierte Software APProVe vor. Diese ermöglicht es, Projektanträge für die Nutzung von Proben und Daten digital einzureichen und den Bewilligungsprozess transparent nachzuvollziehen. Mehrere Biomaterialsammlungen können in einer Instanz abgebildet werden.

 

Knappe Personalressourcen werden aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels und steigender Inflation bei gleichzeitig stagnierenden Finanzierungssummen zu einer immer größeren Herausforderung für Biobanken. Julian Dörenberg, Biobank der Uniklinik RWTH Aachen, präsentierte ein Optimierungsmodell zur Ressourcenplanung für die Probenverarbeitung in zentralisierten Biobanken. Der Vortrag beleuchtete die Bedeutung einer effizienten Ressourcenplanung, um die Probenverarbeitung in großen Biobanken zu optimieren und Engpässe zu vermeiden.

 

Der letzte Vortrag dieser Session befasste sich mit dem Thema der Akkreditierung: Eine Akkreditierung nach DIN EN ISO 20387 demonstriert die Kompetenz einer Biobank im Umgang mit Bioproben. Sie garantiert den Kunden der Biobank, dass der gesamte Lebenszyklus der Bioproben und der dazugehörigen Daten den höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards entspricht. Die Gewebebank des NCT in Heidelberg hat diesen Nachweis im April 2023 als erste deutsche und fünfte Biobank in Europa erhalten, wie Dr. Alexander Brobeil von der Gewebebank des NCT berichtete.

 

Posterpreisverleihung

Kurz vor der Mittagspause wurden die Gewinner des Posterpreises des 11. Biobanken-Symposiums ausgezeichnet. Es sind Sven Heiling, Universitätsklinikum Jena (Thema: Entwicklung und Implementierung eines Ringversuches zur Bewertung der Aufarbeitung und des Versandes von Blutproben in Biobanken), Verena Kopfnagel (Thema: Zentralisierte DNA Isolation im Nationalen Pandemie Kohorten Netzwerk (NAPKON)), Sara Haag und Sonja Volland (Thema: Validierung von Transportprozessen mit nicht-gefrorenen Flüssigproben unter verschiedenen Umweltbedingungen) von der Medizinischen Hochschule Hannover, sowie Bärbel Fösel, Helmholtz-Zentrum München (Thema: Genotypisierung der Transplantationskohorte des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF-Tx-Kohorte e.V.): Von der Probenauswahl zum qualitätsgeprüften Datensatz).

 

Session 8: Ethik, Datenschutz, Regulations

Die achte Session der Konferenz befasste sich mit ethischen, datenschutzrechtlichen und regulatorischen Herausforderungen im Zusammenhang mit Zufallsergebnissen in der biomedizinischen Forschung und der Nutzung von Biobanken. Zufallsbefunde im Biobanking beziehen sich auf unerwartete Ergebnisse oder Informationen, die während der biomedizinischen Forschung oder bei der Analyse von Proben auftreten. Diese Ergebnisse sind nicht direkt mit der spezifischen Forschungsfrage oder dem Zweck der Studie verbunden, sondern werden zufällig entdeckt. Der Umgang mit Zufallsbefunden im Biobanking erfordert eine sorgfältige ethische und rechtliche Bewertung sowie klare Richtlinien und Vorgehensweisen, um die Rechte und das Wohl der Probanden zu schützen.

 

PD Dr. Jörg Geiger von der Interdisziplinären Biomaterial- und Datenbank Würzburg (ibdw) diskutierte in seinem Vortrag die Herausforderungen, denen Biobanken gegenüberstehen, wenn es um den Umgang mit Zufallsergebnissen in der biomedizinischen Forschung geht. Er erläuterte, dass bei der Probenherausgabe an Forschende manchmal Zufallsbefunde entstehen, wo sich dann die Frage stellt, was damit geschehen soll.

 

Dr. Christoph Schickhardt vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) schlug in seinem anschließenden Vortrag vor, nur klinisch validierte Zufallsbefunde zurückzumelden, die Rückmeldung nur an den Arzt zu geben und vorher im Aufklärungsgespräch mit dem Patienten oder der Patientin die Präferenzen der Rückmeldung abzuklären. Generell weise das Thema eine hohe Komplexität auf und sei schwer zu vermitteln.

 

In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten verschiedene Experten aus renommierten Institutionen ihre Perspektiven zu diesem Thema. Schickhardt warf die Frage in den Raum, ob die Biobank überhaupt eine Rolle spielen muss bei der Mitteilung von Zufallsbefunden. PD Dr. Sven Zenker vom Universitätsklinikum Bonn wies darauf hin, dass kleinere Initiativen von den in großen Strukturen wie der Medizininformatik-Initiative erarbeiteten Standards profitieren und deren Lösungen übernehmen sollten.

 

Die lebhafte Paneldiskussion zur Rückmeldung von Zufallsbefunden zeigte, dass man sich über eine gemeinsame Infrastruktur für Daten und Proben Gedanken machen muss, um die Prozesse effektiv im Sinne der Patientinnen und Patienten zu handhaben. „Es braucht einen gemanagten Prozess“, so Sebastian C. Semler von der TMF.

 

 

Im anschließenden Vortrag stellte Dr. Gesine Richter von der Universität Kiel neue Akzeptanzwerte der Bevölkerung zur Daten- und Probennachnutzung vor. Sie berichtete, dass die Pandemieerfahrung in der Bevölkerung dazu beigetragen habe, dass die Akzeptanz für eine Daten- und Probennutzung von Gesundheitsdaten insbesondere gegenüber der kommerziellen Forschung stark gestiegen ist. Weiterhin sprach sie über Prädiktoren für eine positive Haltung zur zustimmungsfreien Datennutzung: diese sind vor allem Reziprozität, Relevanz der Forschung und das Vertrauen in den Datenschutz.

 

Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wagte in seinem abschließenden Vortrag einen Blick in die Zukunft und diskutierte die Möglichkeit, eine Einwilligung für verschiedene Forschungsnetzwerke an einer Stelle abzugeben. Dafür könnten beispielsweise externe Kontrollinstanzen einbezogen werden, die garantieren, dass alle Mindeststandards hinsichtlich der Verwendungszwecke, Empfängerkreise, Datensicherheit etc. eingehalten werden und Betroffenenrechte gegenüber benannten Verantwortlichen geltend gemacht werden könnten.  

 

Das 11. Biobanken Symposium 2023 bot auch in diesem Jahr einen umfassenden Einblick in die neuesten Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Biobanken und betonte die Bedeutung technologischer Innovationen für ein nachhaltigeres Biobanking.

 

Über das Nationale Biobanken Symposium

Das Nationale Biobanken-Symposium ist eines der wichtigsten Ereignisse im deutschen Biobanken-Kalender, bei dem neben spannenden Vorträgen und Diskussionen ein intensiver Austausch zwischen den Teilnehmenden im Mittelpunkt steht. Organisiert und ausgerichtet wird das Symposium von der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinischen Forschung (TMF e.V.) in Kooperation mit dem German Biobank Node (GBN).

 

Download der Vorträge

  1. Session 1: From Biobanking to Personal Medicine: an Estonian case, Prof. Dr. Andres Metspalu
  2. Session 3: Biobanking gut microbiome samples - from stool to data, Dr. Corinna Bang
  3. Session 6: Experiences from establishment of scalable high capacity diagnostics in Denmark using biobank infrastructure, Anders Jensen
  4. Session 6: Biobanking as an integral part of the RECETOX research infrastructures, Dr. Pavel Piler
  5. Session 8: (Zu)falls(be)funde in der biomedizinischen Forschung – eine Herausforderung für Biobanken, PD Dr. Jörg Geiger
  6. Session 8: Überlegungen im AKEK zur Nutzung von Altproben, Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg


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